Mit einem Erfolg ist der mittelfränkische Extremsportler Hubert Schwarz von einem Kurzabenteuer in Russland zurückgekehrt. Der 51-Jährige bestieg den höchsten Gipfel Europas, nachdem er zuvor in drei Tagen und auf gut 500 Kilometern von der Schwarzmeerküste ins Kaukasus-Gebirge geradelt war. "Den Elbrus zu besteigen, ist ein hartes Stück Arbeit – viel schwieriger, als man es dem erloschenen, stark vergletscherten Vulkan aus der Distanz ansieht", resümiert Schwarz, der regelmäßig Gruppen auf den 6000 Meter hohen Kilimandscharo führt. Aber im Gegensatz zum höchsten Berg Afrikas führen am Elbrus die letzten gut 1000 Höhenmeter ausschließlich über Schnee und Eis. Von vier Uhr morgens an kämpfte sich Schwarz sieben Stunden lang mit Steigeisen zum Gipfel. Permanent fegte ein scharfer, eiskalter Wind über die weiten Gletscherflanken des Elbrus. "Davor gab es keinen Schutz, nicht mal einen Felsvorsprung, und das raubt einem in der dünnen Höhenluft unglaublich viel Kraft", so Schwarz. Zudem erschwerte Neuschnee das Fortkommen. "Auf der lockeren Unterlage finden die Steigeisen kaum Halt. Da bedeuten zwei Schritte vorwärts immer auch einen Schritt zurück." Der Gipfelblick auf die wilden Bergriesen der Region entschädigte nur kurz für die Mühen des Aufstiegs. Denn der Abstieg über Schnee und Eis entpuppte sich als mindestens ebenso schwierig. "Als ich zum Hüttenquartier auf rund 4000 Metern Höhe zurückgekehrt war, war ich mit meinen Kräften ziemlich am Ende", gesteht der erfahrene Ausdauersportler.
Wie der Kilimandscharo gehört der Elbrus zu den sogenannten "Seven Summits", den jeweils höchsten Gipfeln auf sieben Kontinenten. All diese Gipfel zu besteigen – Mount Everest eingeschlossen – gilt als ehrgeizige bergsteigerische Herausforderung, der sich auch Hubert Schwarz stellen will. Der Radmarathonspezialist sieht darin eine Rückkehr zu seinen sportlichen Wurzeln: "Ehe ich Ende der 80er Jahre begann, zuerst Triathlon und dann Radsport professionell zu betreiben, war ich als Skifahrer und -lehrer fast ständig in den Bergen unterwegs", erinnert sich Schwarz. Der mittlerweile 51-Jährige, der auch Verantwortung für seine Familie und sein Seminarzentrum mit rund zwei Dutzend Mitarbeitern trägt, will allerdings "nicht mit aller Macht" die "Seven Summits"
erreichen. Schwarz: "Die Risikoabwägung in großen Höhen am Berg ist eine ganz andere als jene auf ultralangen Distanzen im Sattel. Mit der Brechstange auf die höchsten Gipfel zu wollen, wäre hirnrissig." So ist Schwarz´"Seven Summits"-Projekt auf mehrere Jahre angelegt und nimmt bewusst in Kauf, dass Naturgewalten den Weg ans Ziel auch einmal verstellen können. So wie im Januar 2006, als Schwarz bei seinem ersten Versuch am 7000 Mater hohen Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, wegen eines extremen Sturms kurz unterhalb des Gipfels umkehren musste: "Es war keine Niederlage", sagt Schwarz, "sondern ein Sieg der Vernunft". Und der zählt für den erfahrenen Sportsmann und gefragten Mentalcoach mittlerweile genauso wie eine starke Willensleistung oder ein physischer Grenzgang.
Hubert Schwarz "Seven Summits"-Projekt ist auch nicht allein auf Gipfelsiege fixiert. Er verbindet das Bergsteigen mit einer Leidenschaft, die ihn schon mehrfach um die Welt getragen hat: dem Radfahren. "Aus dem Flieger zu steigen, auf den Berg zu rennen und wieder nach Hause zu jetten – das wäre mir einfach zu wenig", sagt Schwarz. Die Begegnung mit Land und Leuten ist ihm ebenso wichtig wie die sportliche Herausforderung. Deshalb beginnt er seine Bergtouren bei Null – idealerweise auf Meereshöhe – und radelt so weit es geht Richtung Gipfel. Den Landschaften und Menschen, denen er auf diesem Weg begegnet, geben seinen Abenteuern "viel mehr Tiefe und Sinn".
Der Kaukasus-Trip begann für Schwarz in der Schwarzmeerstadt Tuapse und führte über Maikop und Mineralnye Vody bis ans Ende des Baksan Valley. Die 500 Radkilometer und der anschließende, auf mehrere Tage verteilete Anstieg zum Gipfel hinterließen aber nicht nur den positiven Eindruck wildromantischer Landschaften. "Auf so etwas wie Tourismus ist das Vielvölkergemisch am Kaukasus – außerhalb der Bergsteigerzentren – überhaupt nicht eingestellt. Die Distanz zu Fremden ist, auch aufgrund der Sprachbarriere, greifbar", hat Schwarz beobachtet. Und auch der nahe Tschetschenien-Konflikt, der sich in zahllosen Polizeikontrollen spiegelt, schlägt aufs Gemüt. "Am schlimmsten aber", sagt Schwarz, "ist hier die Umweltverschmutzung – vor allem am Berg. Wenn man sieht, wie selbstverständlich der Zivilisationsmüll einfach hinter die Hütten gekippt wird, wie die Bergstationen der Seilbahnen von wahren Trümmerlandschaften umgeben sind – das ist nach unseren Maßstäben fast unvorstellbar."