"Obwohl die Anzahl der geöffneten Krankenkassen in den vergangenen zehn Jahren von über 600 auf derzeit 117 gesunken ist, existiert wenig Wissen, wie betroffene Versicherte mit dieser Situation umgehen und sich verhalten", sagt der Studienleiter bei IGES, Michael Siewert. Genau diesen Innenblick gibt die Studie. Sie basiert auf tiefenpsychologischen Interviews mit betroffenen und potenziell betroffenen Kassenmitgliedern.
Fusionsprozesse werden den Erkenntnissen zufolge in drei Phasen durchlebt: Zunächst herrscht Irritation über die oftmals überraschende Nachricht. Betroffene stellen die Beziehung zu ihrer Krankenkasse dann unterschwellig in Frage. Im Anschluss dominieren Bestrebungen, sich von der Krankenkasse ein neues Bild zu machen, begleitet durch ein stetiges Hin und Her zwischen Selbstberuhigung und Misstrauen. Schließlich wird das Fusionsgeschehen in der dritten Phase verstärkt in die erlebte Gesamtsituation im Gesundheitswesen eingeordnet und bekommt so einen neuen Beurteilungshintergrund.
Jede Phase erfordert spezifische Botschaften, um die Verunsicherung auf Versichertenseite zu reduzieren und Identifikationsmöglichkeiten mit der Krankenkasse aufzuzeigen.
Zudem zeigte sich, dass das individuelle Erleben einer Krankenkassenfusion von Art und Qualität der Kundenbindung abhängig ist. Daher wird das Drei-Phasen-Modell auf die von IGES entwickelten Krankenversicherungstypen übertragen. So lassen sich für jede Kasse und ihren spezifischen Kundenstamm konkrete Handlungsempfehlungen ableiten.
Unabhängig von kassenindividuellen Besonderheiten gilt es, eine Fusion als konsequenten Prozess zu kommunizieren. "Viele Änderungen im Gesundheitswesen werden lediglich als Stückwerk ohne langfristig angelegte Wirkung interpretiert. Akzeptanzfördernd ist es, wenn der Fusionsprozess als konsequenter, professioneller und auf lange Sicht angelegter Akt gezeigt wird", sagt Siewert.