Die Industriebetriebe gehen nach wie vor von guten Exportvolumen aus. Bei dem hohen Kurs des Euro ist dies höchst erstaunlich und deutet auf ein qualitativ wettbewerbsfähiges Angebot der deutschen Exporteure hin. Das Baugewerbe befindet sich auf einem höheren Niveau als vor Jahresfrist. Die gewerbliche Baunachfrage und die öffentlichen Investitionen halten hier den Motor am Laufen. Der Wohnungsbau hingegen liegt danieder. Der Einzelhandel kommt auf den gleichen Wert wie im vergangenen Jahr. Der liegt allerdings weit unter der Zufriedenheitsschwelle und deutet auf ein nach wie vor schwieriges Geschäft mit dem vorsichtigen, von der Teuerung geplagten, Verbraucher hin. Die Inflation, die auch 2008 vermutlich nicht zurückgeht, macht der Konsumlust das Leben schwer. Der Dienstleistungsbereich ist zweigeteilt: Während die Gastronomen, trotz Rauchverbot, mehrheitlich zufrieden sind, berichten die Banken und Finanzdienstleister von einem deutlichen Stimmungsrückgang. Offenbar verdirbt die US-Immobilienkrise dem Gewerbe die Laune. Insgesamt sind die Betriebe der Region mit der Gegenwart zufrieden. Der Stimmungsumschwung deutet sich bei den Antworten zur nahen Zukunft ein: Hier gehen deutlich mehr Unternehmen von einem ungünstigeren Verlauf aus. Dass der Konsum jetzt den Exporten zur Seite springt bleibt wohl nur ein Wunschtraum.
Die regionale Wirtschaft berichtet von leicht steigenden Beschäftigtenzahlen. Der langjährige Trend zu Personalkürzungen scheint damit beendet. Insbesondere in der exportorientierten Industrie sucht man nach gut ausgebildetem Personal.
Diese Ergebnisse hat die aktuelle Konjunktur-Umfrage der IHK Gießen-Friedberg zum Jahreswechsel ergeben. Die Befragung fand von Mitte Dezember bis Anfang Januar statt. Befragt wurden 1.200 Unternehmen aus den Landkreisen Gießen, Vogelsberg und Wetterau.
Der Klimaindex liegt aktuell bei 107,2. Vor genau einem Jahr lag er bei 113,7. Im vergangenen Quartal lag er bei 117,5. Damit wurde eine deutliche Verschlechterung des wirtschaftlichen Klimas, sowohl im Vergleich zum Vorjahr, als auch im Vergleich zum Vorquartal festgestellt. Der Klimaindex für das Bundesland Hessen liegt aktuell bei 116,7. Er lag im vergangen Jahr bei 123,8 und im vergangenen Quartal bei 122,5. Auch hier der gleiche Trend: Eine klare Verschlechterung der Stimmung gegenüber dem Vorjahr und gegenüber der Herbstumfrage. Der Klimaindex ist ein Durchschnittswert aus den Antworten zur Gegenwart und zur Zukunft. Er kann zwischen 200 als bestem Wert und Null als schlechtestem Wert liegen.
Kräftiges Wachstum in 2007
Die deutsche Wirtschaft ist auch im vergangenen Jahr kräftig gewachsen. Nach Berechungen des statistischen Bundesamtes lag die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes bei real 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr etwas weniger stürmisch gewachsen, wie im Jahre 2006. Damals lag das preisbereinigte Wachstum bei 2,9 Prozent.
Das solide Wachstum wurde vornehmlich von den starken Exporten und den Investitionen getragen. Trotz des hohen Euro-Kurses stiegen im vergangenen Jahr die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen um 8,3 Prozent. Die deutsche Wirtschaft hat damit überproportional von der boomenden Weltwirtschaft profitiert. Wesentlich schwächer entwickelte sich der private Konsum. Gründe sind hier vornehmlich die Mehrwertsteuererhöhung, die 2006 zu erheblichen Vorzieheffekten führte. Aber auch wegen der gestiegenen Nahrungsmittelpreise und der hohen Energiekosten schrumpfte der private Verbrauch. Für das kommende Jahr gehen die Prognosen von einem Wachstum um 1,5 Prozent aus. Die Konjunkturrisiken sind schnell genannt: Eine nachlassende Dynamik der Weltwirtschaft. In den USA lahmt die Konjunktur. Dort herrscht eine panische Angst vor einer Rezession. Der "schwarze Montag" mit enormen Einbrüchen auf den Aktienmärkten belegt, dass die Krise schnell internationale Kreise ziehen kann. Beim endlichen Rohstoff Öl wiederum jagt ein Preisrekord den nächsten. Das Gespenst Inflation ist 2007 zurückgekehrt: Immerhin sind die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent gestiegen - so stark wie seit 13 Jahren nicht mehr. Und für das kommende Jahr wird eine nicht minder hohe Teuerung prognostiziert. Der Euro bleibt bärenstark. Das verteuert die Exporte, hält aber gleichzeitig die Einfuhren (Öl) auf einem halbwegs erträglichen Niveau.
Gegenwart positiv
Insgesamt sind im IHK-Bezirk derzeit 40,5 Prozent der Unternehmen mit der wirtschaftlichen Lage zufrieden. Vor einem Jahr waren es mit 39,2 Prozent der Unternehmen nahezu gleich viele. Die Zahl der unzufriedenen Stimmen hat sich dagegen negativ entwickelt: 17,2 Prozent der Unternehmen empfinden die Gegenwart als schlecht, lediglich 12,4 Prozent waren es noch vor einem Jahr. Damit erreicht die gesamte Wirtschaft des IHK-Bezirkes bei der Beurteilung der derzeitigen Geschäftslage einen klaren positiven Stimmensaldo von 23,3 Prozentpunkten. Vor einem Jahr lag dieser positive Saldo noch bei 26,8 Prozentpunkten. Damit wird die Gegenwart weiter positiv, allerdings mit leicht rückläufiger Tendenz, eingeschätzt.
Skeptischer Blick nach vorn
Für das kommende Halbjahr gehen 18,0 Prozent aller Firmen von einem günstigeren Verlauf aus. Vor einem Jahr waren 22,5 Prozent aller Betriebe optimistisch gestimmt. Die Zahl derer, die von einem ungünstigeren Verlauf der kommenden sechs Monate ausgehen, hat sich dagegen erhöht und liegt aktuell bei 24,9 Prozent (gegenüber 20,6 Prozent im Vorjahr). Damit hat sich der positive Stimmensaldo aus der Umfrage des Vorquartals (11,9 Prozentpunkte) in einen negativen Stimmensaldo (6,9 Prozentpunkte) der aktuellen Umfrage gewandelt.
Industrie: Zufrieden mit der Gegenwart
Genau 54,6 Prozent (52,7 Prozent im Vorjahr) der Industriebetriebe sind mit der aktuellen Lage zufrieden. Unzufrieden sind derzeit 9,2 Prozent (4,1 Prozent im Vorjahr) der industriellen Unternehmen. Ein weiterhin gutes Ergebnis, das eindeutig eine konjunkturelle Boomsituation beschreibt. Denn über den positiven Stimmensaldo von rund 45 Prozentpunkten kann es in der Stimmungsskala nur noch marginal nach oben gehen. Mit anderen Worten: Besser kann es kaum laufen.
Für die kommenden sechs Monate allerdings hat sich der Blickwinkel verändert. Nur noch 17,9 Prozent der Industriebetriebe blicken optimistisch ins Jahr 2008. Vor einem Jahr waren es noch 29,0 Prozent. Gestiegen ist dagegen die Zahl der Skeptiker: Gingen vor einem Jahr 15,9 Prozent der Industriebetriebe von einem ungünstigeren Verlauf der Geschäfte aus, so ist dies mittlerweile jeder fünfte Betrieb.
Deutlich wird diese Veränderung in der Einschätzung insbesondere beim Blick auf den Stimmensaldo. Der liegt in der gesamten Industrie bei rund 45 Prozentpunkten für die Gegenwart. Für die kommenden sechs Monate lag der positive Stimmensaldo bei der letzt jährigen Umfrage bei 13,9 Prozentpunkten. Aktuell wird ein negativer Stimmensaldo von 2,8 Prozentpunkten ermittelt. Dies bildet den Stimmungswandel deutlich ab.
Bei den Herstellern von Investitionsgütern liegt der Stimmensaldo zur Gegenwart bei 55,5 Prozentpunkten. In diesem exportorientierten Sektor gibt es nur wenige negative Einschätzungen (6,7 Prozent) zur Gegenwart - allerdings gab es im vergangenen Jahr keine einzige negative Meldung. Bei den Herstellern von Ge- und Verbrauchsgütern hat sich der positive Stimmensaldo auf 34,4 (im Vorjahr lag der positive Stimmensaldo bei 38,9 Prozentpunkten) verringert. Das bedeutet: Zufriedenheit mit der Gegenwart bei den exportorientierten Betrieben, aber auch bei der der konsumnahen Industrie. In der Einschätzung der kommenden Entwicklung hat sich allerdings nur der Investitionsgütersektor im positiven Stimmensaldo (4,4 Prozentpunkte) gehalten. Alle anderen Industriebereich weisen nunmehr einen negativen Stimmensaldo auf der um zehn Prozentpunkte herum schwankt auf.
Insgesamt kommt die Industrie auf einen Klimaindex von 118,8 (129,7 im Vorjahr). Deutlich unter dem Durchschnitt liegen die Produzenten von Ge- und Verbrauchsgütern. Dort kommt man lediglich auf einen Klimaindexwert von 110,4 (114,4 im Vorjahr). Deutlich vorn sind die Investitionsgüterproduzenten, die mit 127,5 weiter auf einen guten Klimawert kommen. Der ist aber gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken: Damals lag der Klimaindex in der Investitionsgüterbranche bei 143,7 Einheiten. Auch bei den Vorleistungsgüterproduzenten gab es einen deutlichen Rückgang des Klimaindex: In dieser Branche gab es einen Rückgang des Wertes von 130,0 im Vorjahr auf 114,8 bei der aktuellen Umfrage.
Bau weiter zufrieden
Derzeit ist jedes fünfte Bauunternehmen mit der Gegenwart zufrieden. Vor einem Jahr lag die Zufriedenheitsrate bei 44,4 Prozent. Unzufrieden ist aktuell kein einziger Baubetrieb. Vor einem Jahr war immerhin jedes fünfte Bauunternehmen unzufrieden. Bei der Beurteilung der künftigen Geschäftslage halten sich die positiven und die negativen Einschätzungen genau die Waage. Im Vorjahr hatte hier die Skepsis deutlich die Überhand. Der Klimaindex liegt bei 109,5 (97,5 im Vorjahr). Im Vergleich zur letzten Umfrage im Herbst 2007 (132,2) ist allerdings ein deutlicher Rückgang des Klimawertes festzustellen.
Einzelhandel unverändert
Genau 15,4 Prozent (17,2 Prozent im Vorjahr) der Einzelhandelsbetriebe sind mit der Gegenwart zufrieden. Von einer schlechten derzeitigen Geschäftslage berichten dagegen 41,0 Prozent (27,6 Prozent im Vorjahr) der Händler. Für die kommenden Monate deuten sich leichte Verbesserungen an: Immerhin sind jetzt 13,2 Prozent (3,4 Prozent im Vorjahr) optimistisch. Im Herbst waren ebenfalls lediglich 5,9 Prozent der Händler zuversichtlich. Mit Sorge blicken 34,2 Prozent (37,9 Prozent im Vorjahr) in die nahe Zukunft. Der Klimaindex liegt aktuell genau wie im Vorjahr bei 76,6.
Gemischt sieht die Bilanz des gesamten Weihnachtsgeschäfts aus. Es begann in diesem Jahr spät und lief in der ersten Adventshälfte ziemlich ruhig. Vor allem die hohen Benzinpreise und zu milde Temperaturen haben die vorweihnachtliche Konsumstimmung beeinträchtigt. Deutlich besser lief es ab dem dritten Adventswochenende. Wesentlich höhere Umsätze konnte der Einzelhandel in der gesamten Woche vor Weihnachten verzeichnen. Die Belebung bescherte den meisten Kaufleuten noch einen versöhnlichen Ausklang, kam jedoch zu spät, um das gesamte Weihnachtsgeschäft, geschweige denn das gesamte Jahr 2007, herauszureißen.