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IHK Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern

Aufschwung vor dem Zenit?

(lifePR) (Hanau, )
Die wirtschaftliche Belebung erfasst die Unternehmen auch im Main-Kinzig-Kreis immer mehr. Der Aufschwung dürfte aber im Laufe des Jahres leicht an Dynamik verlieren. Weder eine Überhitzung noch ein Abschwung sind vorläufig in Sicht. Darauf deuten die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern hin.

Was wir gegenwärtig erleben, ist mehr als das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels. Die Wirtschaft erholt sich zusehends. Die Auftragslage in der Industrie ist deutlich gestiegen, viele Dienstleistungsunternehmen arbeiten an der Kapazitätsgrenze. Im Einzelhandel ist der Abwärtstrend unterbrochen und der Großhandel hat gut zu tun. In der leidgeprüften Bauwirtschaft keimt teilweise so etwas wie Hoffnung auf. Selbst der Arbeitsmarkt kommt in Bewegung.

Handelt es sich möglicherweise um einen Paradigmenwechsel? Was könnte das fünf Jahre alte Grundmuster – viel Stagnation und nur ab und an etwas Wirtschaftswachstum oder Rezession – verändert haben? Warum bessert sich das Los der arbeitslosen Menschen so rasch? Drei Dinge sind entscheidend: Da ist erstens die politische Verlässlichkeit – die große Koalition in Berlin blockiert sich selbst und ist somit nicht in der Lage, größere Reformen zu Lasten der Wirtschaft durchzusetzen. Zweiter Faktor: Die Reformen der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe vor gut zwei Jahren haben eine wichtige Schwelle tiefer gelegt – das Arbeiten lohnt sich heute für mehr Menschen. Und drittens sind die Investitionen im Inland wieder angesprungen – weil der Standort Deutschland sich für die Wirtschaft wieder rechnet, nach vielen Jahren des Umstrukturierens. Hinzu kommt der lang anhaltende weltweite Konjunkturaufschwung. Er erfasst seit gut zwei Jahren auch Deutschland immer stärker, wobei der Main-Kinzig-Kreis als Teil der Region Frankfurt-Rhein-Main noch etwas hinterher hinkt, typisch für das deutsche Dienstleistungszentrum. Deswegen: Solange diese drei Faktoren und die Weltkonjunktur gut zusammenspielen, bleibt es hierzulande beim Aufschwung.

Klimaindex nochmals gestiegen

Aus den 160 Antworten von Unternehmen aus allen wichtigen Branchen und Orten des Main-Kinzig-Kreis ergibt sich für die vor uns liegenden Monate ein insgesamt erfreuliches Szenario. Immerhin 40,9 Prozent der am Monatswechsel April/Mai befragten Unternehmen stufen ihre aktuelle Lage als „gut“ ein. Der Rückgang um 5,8 Prozentpunkte seit dem Jahreswechsel liefert keinen Anlass zu größerer Sorge; vor einem Jahr bezeichneten 32,2 Prozent der Betriebe ihre Situation als günstig – selbst das war bereits ein recht ordentlicher Wert. Ihre gegenwärtige Lage benennen 12,9 Prozent der Unternehmen als „schlecht“, mithin 4,6 Prozentpunkte mehr als vor vier Monaten, aber ein Prozentpunkt weniger als vor einem Jahr. Wenn seit gut einem Jahr rund 90 Prozent der antwortenden Unternehmen ihre Lage als befriedigend bis gut bezeichnen, dann deutet das auf einen robusten Aufschwung hin.

In das Stimmungsbild passen auch die Antworten auf die weitere Entwicklung: Aus den von der IHK erhobenen Antworten ergibt sich, dass der Optimismus anhält, ja teilweise sogar noch weiter wächst. Immerhin 34,9 Prozent aller befragten Unternehmen erwarten, dass es in den kommenden zwölf Monaten weiter aufwärts geht. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als zum Jahreswechsel. Die höhere Mehrwertsteuer ab Jahresanfang 2007 behinderte den Aufschwung nur zeitweilig, der Einbruch war nur temporär. Die Zuversicht auf bessere Zeiten ist mittlerweile sogar noch größer als vor zwölf Monaten, damals zeigten sich 31,3 Prozent der Unternehmen positiv gestimmt. Eine ungünstige wirtschaftliche Zukunft befürchten zur Zeit nur noch 13,3 Prozent der Unternehmen – ein langjähriger Tiefststand.
Werden die Aussagen zur gegenwärtigen Lage und zur künftigen Entwicklung gewichtet und saldiert, lässt sich ein Konjunkturklima-Indikator ermitteln. Dieser Indikator kann theoretisch zwischen null Punkten bei einer sehr schlechten Wirtschaftslage und 200 Punkten bei optimalen Verhältnissen schwanken. Der nach dieser Methode berechnete Indikator der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern liegt dieses Mal bei 124,8 Punkten – das ist ein neuer Rekordwert. Zum Vergleich: Seit der Maiumfrage 2003 stieg der Indikator im Jahresvergleich von sehr schlechten 82,9 Punkten über 91,6 und 92,5 auf 115,3 Punkte im Frühjahr 2006.

Erste Engpässe am Arbeitsmarkt

Der Aufschwung hilft seit gut einem Jahr auch dem Arbeitsmarkt auf die Sprünge. Für April 2007 meldete die Arbeitsagentur Hanau insgesamt 14.250 Arbeitslose im Main-Kinzig-Kreis, das sind 3.642 Menschen weniger als zum Vorjahreszeitpunkt. Der Rückgang dürfte bis in den Herbst hinein weiter gehen. Denn 21,8 Prozent der Unternehmen planen Einstellungen, aber nur 13,3 Prozent Entlassungen.
Der positive Saldo vor 8,5 Prozentpunkten liegt um 5,6 Punkte besser als vor vier Monaten. Und vor zwölf Monaten wollten nur 9,5 Prozent der Unternehmen ihre Belegschaft aufstocken, aber 21,2 Prozent erwogen Entlassungen – das ergab einen negativen Saldo in Höhe von 11,7 Punkten. Vor allem in der Industrie und im Dienstleistungsbereich werden verstärkt neue Stellen ausgeschrieben, während im Einzelhandel und in der Bauwirtschaft kaum neue Jobs entstehen, ja teilweise sogar Entlassungen anstehen.
Sofern der Arbeitsmarkt hinreichend qualifizierte Menschen in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen kann, dürfte die Zahl der Arbeitslosen im Laufe des Jahres noch deutlich sinken – wenn es gut geht, sogar in Richtung 12.000 Personen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist schon deutlich zurückgegangen, zunehmend werden für die Unternehmen auch ältere Arbeitslose als Mitarbeiter wieder interessant. Für Langzeitarbeitslose, sofern sie mehrere Vermittlungsnachteile in ihrer Person vereinen, bleibt die Lage schlecht.

Steigende Binnennachfrage

Lange Zeit war der gegenwärtige Aufschwung, er zeichnete sich seit Herbst 2005 deutlich ab, stark von der wirtschaftlichen Entwicklung auf den Weltmärkten abhängig. Asien, Osteuropa uns Amerika hießen die wichtigsten Zugpferde. So heißen sie auch jetzt noch, aber sie ziehen nicht mehr allein. Immer stärker sorgen die Investitionen im Inland mit für die wirtschaftliche Belebung.
Noch immer fragen die Weltmärkte Produkte „Made in Main-Kinzig“ stark nach: Über 40 Prozent der exportierenden Unternehmen erwarten ein weiter wachsendes Exportvolumen, trotz hohem Euro-Wechselkurs und Dollarschwäche. Nur 8,5 Prozent der Unternehmen gehen hingegen von schrumpfenden Exporten aus. Das sind im Jahresvergleich nochmals leicht verbesserte Werte. Sie zeigen, wie sehr die Wirtschaft an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat.

Für die wichtige Binnennachfrage sind die inländischen Investitionen entscheidend. Und die ziehen merklich an: Fast ein Drittel der Unternehmen plant, zusätzliches Geld in neue Anlagen und Maschinen zu stecken. Nur 13,2 Prozent der Betriebe wollen weniger investieren. Vor Jahresfrist beabsichtigten die Unternehmen lediglich zu 19,4 Prozent höhere und zu 21,2 Prozent niedrigere Investitionsausgaben. Auf eine Fortsetzung des Aufschwungs deuten nicht zuletzt die nochmals leicht erhöhten Investitionsvolumina bei den Investitionsgütererzeugern hin – beides Wirtschaftszweige, welche der konjunkturellen Entwicklung üblicherweise voran laufen.

Es sieht ganz so aus, als könnte der Aufschwung noch einige Zeit anhalten, sofern sich die weltwirtschaftliche Lage nicht gravierend verschlechtert. Es kommt dabei nicht zuletzt auf die weitere Entwicklung des starken Euros an: Sollte sein Höhenflug länger anhalten, dürfte die Wettbewerbsposition der heimischen Unternehmen über kurz oder lang in Mitleidenschaft gezogen werden.

Industrie schafft Jobs

Seit vielen Quartalen läuft es in der Industrie richtig rund. In der aktuellen Umfrage ist fast die Hälfte dieser Unternehmen, 49,2 Prozent, mit der gegenwärtigen Lage sehr zufrieden und nur 6,8 Prozent der Betriebe klagen über ein schlechtes Geschäft. Am Jahreswechsel gaben sogar 59,7 Prozent der Betriebe aus der Industrie eine positive Bewertung ab und nur 4,8 Prozent eine negative. Dieser Rückgang erfolgt auf sehr hohem Niveau, und er wird ausgeglichen durch die exzellenten Erwartungen: Immerhin 35,6 Prozent der Firmen hoffen auf eine nochmals verbesserte Geschäftslage und nur 10,2 Prozent befürchten einen Rückschlag. Die Angaben der Unternehmer deuten nichtsdestoweniger darauf hin, dass der Aufschwung sich ab Sommer nicht mehr mit diesem hohen Tempo fortsetzen könnte.
Diese IHK-Umfrage zeigt indirekt, wie gut die Kapazitätsauslastung in der Industrie gegenwärtig ist und warum jetzt investiert werden muss: Die Nachfrage verlangt es. Die Auftragslage ist ebenfalls dafür ausschlaggebend, dass der Arbeitsmarkt für Industrie-Mitarbeiter endlich anspringt. Erstmals seit längerer Zeit stellt die Industrie im Main-Kinzig-Kreis und in der gesamten Rhein-Main-Region wieder zusätzliches Personal in nennenswertem Umfang ein. Viele Unternehmen der Branche haben erkannt, dass es nicht mehr darum geht, kurzfristige Spitzenlasten abzudecken, sondern dass der Aufschwung merklich an Breite gewonnen hat. Die Binnennachfrage ist angesprungen.
Nur in der Bauwirtschaft sieht es verhalten aus. Das Jahr 2006 war für den Wirtschaftsbau recht erfolgreich, wenn auch nur auf niedrigem Niveau. An diese bescheidenen Erfolge vermag die mittelständisch geprägte Branche zur Zeit nicht recht anzuknüpfen. Offensichtlich haben viele Kunden aus der Wirtschaft ihre drängenden Projekte bereits im abgelaufenen Jahr verwirklicht, und für neue Bauprojekte ist jetzt keine Zeit. Es fehlen freie Kapazitäten für die Projektierung neuer Bauten. Im Tiefbau, der stark von den öffentlichen Händen abhängt, kommen weiterhin zu wenige Aufträge an und auch der Hochbau entwickelt sich dank höherer Mehrwertsteuer und gestrichener Eigenheimzulage nur mäßig. Auf beide Geschäftsfelder kann die Branche deswegen nicht ausweichen. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Wirtschaft im Verlauf des Aufschwungs wieder zu verstärkter Bautätigkeit veranlasst sieht.

Einzelhandel kämpft, Großhändler erfolgreich

Die Mehrwertsteuer-Erhöhung zum Jahresanfang hat in den Kassen des Einzelhandels Spuren hinterlassen. Aber da der erwartete Einbruch zum Jahreswechsel nicht so stark ausfiel, wie vorab befürchtet, erwarten immer mehr Einzelhändler, immerhin 23,8 Prozent, eine etwas bessere Geschäftslage. Eine Verschlechterung befürchten nur noch 14,3 Prozent dieser Unternehmen.
Die Branche steht unter einem hohen Wettbewerbsdruck, weshalb die Unternehmen die höhere Steuer kaum an die Kunden weiter geben konnten. Fast jeder dritte Einzelhändler hofft, dass eine Anpassung der Preise in den kommenden Monaten erfolgen kann. Doch eine stärkere Inflation droht von dieser Seite noch nicht.
Im Einzelhandel scheint mittlerweile eine Ahnung von Aufschwung anzukommen. Das gewachsene Vertrauen sorgt bei 31,3 Prozent der Einzelhändler für eine höhere Investitionsbereitschaft, vor einem Jahr um diese Zeit planten dies nur 5,4 Prozent. Aber für eventuelle Personalaufstockungen ist der Aufschwung hierzulande noch nicht lang anhaltend und kräftig genug.
Wesentlich besser stufen die Großhändler ihre Lage ein – zur Hälfte sogar als gut. Was die künftigen Geschäfte angeht, sind diese Unternehmen recht optimistisch. Auch der Großhandel erwartet höhere Preise und will mehr investieren. Im Gegensatz zum Einzelhandel ist der Großhandel mittlerweile sogar wirtschaftlich soweit gesundet, dass über ein Drittel dieser Unternehmen die Einstellung neuer Mitarbeiter erwägen.

Starke Servicebetriebe

Abgesehen vom Gastgewerbe, in dem wie im Einzelhandel und dem Baugewerbe der Konjunkturaufschwung nicht so recht ankommen will, brummt die Konjunktur im Dienstleistungsbereich. Sofern das Wetter mitspielt, dürfte der Aufschwung auch diesen Gewerbebereich noch im Laufe des Sommers erreichen. Das Verkehrsgewerbe durchlebt Höhen und Tiefen, erholt sich aber weiter. Bei den Banken und Sparkassen sieht es weiterhin nach einer robusten Entwicklung aus. Diejenigen Dienstleistungsfirmen, die anderen Unternehmen zuarbeiten, berichten von einer außergewöhnlich guten Geschäftslage mit besten Aussichten. Lediglich den Servicebetrieben ohne engen Geschäftskontakt zu anderen Unternehmen ergeht es ähnlich wie den Gastwirten.

Wie die Unternehmen die Lage im Frühjahr 2007 beurteilen
gut befriedigend schlecht
Industrie 49,2 44,1 6,8
Baugewerbe 20 20 60,0
Handel 27,9 55,8 16,3
Verkehrsgewerbe 37,5 25 37,5
Gastgewerbe 22,2 61,1 16,7
Bankgewerbe 33,3 66,7 0,0
Dienstleistungen 65,5 26,9 7,7
alle Branchen 40,9 46,2 12,9

Indexwert: 124,8
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