Die 883.000 Bewohner der Region Heilbronn-Franken verfügen 2011 über ein allgemeines Kaufkraftvolumen von 17,9 Milliarden Euro. Davon sind allerdings nur knapp 4,7 Milliarden Euro für den Einzelhandel relevant, da der überwiegende Teil der Kaufkraft in Energie, Wohnen und Freizeit fließt. Jedem Bewohner der Region Heilbronn-Franken stehen demnach 5.301 Euro pro Jahr für die Nachfrage im Einzelhandel zur Verfügung. Das sind rund 200 Euro weniger als der Durchschnitt für Baden-Württemberg.
Hoher Kaufkraftabfluss
Der vor Ort getätigte Umsatz im Einzelhandel der Region liegt nach den Prognosen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 2011 bei 4,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Steigerung um 3,9 Prozent gegenüber 2009. Rein rechnerisch gibt jeder Einwohner 4.775 Euro in den Einzelhandelsgeschäften der Region aus. Im Umkehrschluss fließen pro Einwohner aber über 525 € der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft in andere Regionen ab. Der Kaufkraftabfluss ist ein Problem des gesamten deutschen Einzelhandels. Fast 30 Milliarden Euro oder 6,8 Prozent der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft gehen dem deutschen Einzelhandel verloren und fließen zum einen in den Versand- und Onlinehandel, zum anderen ins Ausland. Der überproportionale Kaufkraftabfluss von 9,9 Prozent aus der Region Heilbronn-Franken lässt darauf schließen, dass auch andere Regionen sowie weiter entfernte attraktive Einzelhandelsstandorte wie Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart und Würzburg Kaufkraft aus der Region abziehen. Die Verbesserung gegenüber 2009 als der Kaufkraftabfluss noch 11,7 Prozent betragen hatte, deutet jedoch darauf hin, dass es dem Einzelhandel der Region Heilbronn-Franken gelungen ist, einen Teil der abfließenden Kaufkraft zurückzugewinnen.
Einzelhandelszentralität im Oberzentrum Heilbronn und den Mittelzentren am höchsten - Neckarsulm Spitzenreiter
Eine wichtige Kennzahl für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufsstandort ist die Einzelhandelszentralität. Sie vergleicht den in der Stadt getätigten Einzelhandelumsatz mit der vor Ort vorhandenen einzelhandelsrelevanten Kaufkraft. Bei einer Zentralitätskennziffer von über 100 gilt, dass die Kaufkraftzuflüsse aus dem Umland die Kaufkraftabflüsse übersteigen.
Die besten Werte erreichen dabei das Oberzentrum Heilbronn sowie die Mittelzentren der Region Heilbronn-Franken. Die weitaus höchste Einzelhandelszentralität besitzt Neckarsulm mit einer Kennziffer von 217,8. Aber auch einige Unterzentren konnten ihre Zentralitätsfunktion in den letzten Jahren deutlich steigern. Vor allem Bad Friedrichshall, Bad Rappenau, Lauffen und Weinsberg weisen, vornehmlich durch Ansiedlung von Lebensmittel-Verbrauchermärkten, eine deutlich erhöhte Zentralitätskennziffer aus. Ein Sonderfall ist das FOC Wertheim Village. Die Umsätze des "Fabrikverkaufszentrums" werden zu einem großen Teil nicht als Einzelhandelsumsätze erfasst. Sie spiegeln sich deshalb nicht in der Zentralitätskennziffer von Wertheim wider.
Heilbronn festigt Platz in Spitzengruppe
Der überregionale Vergleich zwischen Städten in Baden-Württemberg ähnlicher Größenordnung weist für Heilbronn hervorragende Werte als Einkaufsstandort aus. So konnte der Pro-Kopf-Umsatz seit 2009 um rund 4,3 Prozent auf 7.760 Euro gesteigert werden. Damit nimmt Heilbronn innerhalb dieser Städte einen Spitzenplatz ein. Dies gilt auch für die Einzelhandelszentralität. Die hohe Zentralitätskennziffer von 159,2 zeigt auch, dass es dem Oberzentrum Heilbronn gelingt seine Funktion als wichtigste Einkaufsstadt der Region zu behaupten.
Die Zeiten für den Einzelhandel bleiben schwierig
Die GfK prognostiziert für 2011 im deutschen Einzelhandel einen Umsatz von 406 Milliarden Euro, eine Steigerung um immerhin 1,75 Prozent gegenüber 2009. Die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel in Deutschland sind jedoch nach wie vor schwierig. Die Deutschen verwenden ihr Einkommen anders als in den vergangenen Jahrzehnten. Lag der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Verbrauch 1990 noch bei über 42 Prozent, so beträgt er heute nur noch 28 Prozent. Ein immer größerer Anteil des Einkommens wird für Energie, Wohnen und Freizeit ausgegeben.
Internet zieht Kaufkraft ab
Immer stärker wird die Konkurrenz für den stationären Einzelhandel zudem durch andere Vertriebskanäle. So haben die im Internet getätigten Umsätze im Jahr 2010 einen Umsatzsprung um 18 Prozent realisiert. Damit fehlen in den Kassen des stationären Einzelhandels in Deutschland immerhin 18,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 war dies gerade mal eine Milliarde Euro. Andererseits können aber auch traditionelle Einzelhändler davon profitieren, da das Internet immer mehr als Informationsplattform vor dem Kauf genutzt wird.
Wettbewerb verschärft
Der deutsche Einzelhandel ist in den vergangenen Jahren von einem deutlichen Flächenwachstum bei nahezu unveränderten Umsätzen gekennzeichnet. Der hieraus resultierende Verdrängungswettbewerb wird die Konzentration auf wenige große Handelsunternehmen und Filialisten weiter vorantreiben. Auch der Wettbewerb der einzelnen Standorte untereinander verschärft sich durch die weiter wachsende Verkaufsfläche. Insgesamt stiegen die Einzelhandelsverkaufsflächen von 77 Mio. qm im Jahr 1990 um 58 Prozent auf 122 Mio. qm in 2011. Das damit einhergehende Absinken der Flächenproduktivität erschwert das wirtschaftliche Betreiben eines Einzelhandelsgeschäftes zusätzlich.
Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten hat ebenfalls zu einer weiteren Verschärfung der Wettbewerbssituation im Einzelhandel beigetragen. Sie war aber notwendig, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die den stati-onären Handel besser gegenüber Internet, Versandhandel und dem stark prosperierenden Vertriebsweg Teleshopping stärken, aber auch um Chancengleichheit zu Tankstellenshops herzustellen.
Schulterschluss von Stadt und Handel
Für die Einzelhändler der Region Heilbronn-Franken geht es nach wie vor darum, sich Umsätze aus den angrenzenden Regionen zurückzuholen oder neu zu gewinnen. Mit einer Erweiterung der Verkaufsflächen ist es aber nicht getan. Sowohl aus unternehmerischer wie auch kommunaler Sicht lässt sich eine Abgrenzung zu Wettbewerbern mehr denn je über qualitative Aspekte wie Sortimentsgestaltung, Verkaufkonzepte, Marketingstrategien gewinnen.
Wichtig ist ebenfalls, dass sich die Stadtverantwortlichen in hohem Maße um die Erfolgsfaktoren ihrer Stadt als Einzelhandelsstandort bemühen. Dies sind unter anderem die Aufenthaltsqualität und vor allem die Erreichbarkeit. Letztlich wird immer noch durch den PKW entschieden, ob einer Stadt eine gute oder eine schlechte Erreichbarkeit attestiert wird. Bewertungskriterien sind auch der Verkehrsfluss, ausreichende Parkplätze und die Kundenwege vom Parkplatz in die Geschäftslagen. Die städtebauliche Einkaufskomponente ist daher nicht zu unterschätzen.
Gemeinsames, branchenübergreifendes Marketing
"Für den Einzelhändler ist es wichtig, sich bei Aktionsgemeinschaften, Werbe- und Förderungskreisen oder Gewerbevereinen einzubringen, um seine Stadt als Einkaufsstadt so zu präsentieren, dass sie auch im weiteren Einzugsbereich, umfassend wahrgenommen wird", zieht IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke Schweig ein Fazit der Kaufkraftanalyse. "Dazu gehört auch, dass in die Einzelhandelsmarketingstrategien in stärkerem Maße als bisher andere Branchen, wie die Gastronomie, eingebunden werden, um den Kunden noch nachhaltiger zu begeistern."
Wertvolle Entscheidungshilfe
Mit ihrer "Kaufkraftanalyse 2011" will die IHK Heilbronn-Franken Investoren und Unternehmen eine Hilfestellung bei ihrer Standortwahl geben und Verantwortliche in Kommunen und Landkreisen bei sachgerechten Entscheidungen unterstützen.
Betrachtet wurden die einzelhandelsrelevante Kaufkraft, die Einzelhandelsumsätze sowie die Einzelhandelszentralität in den Mittel- und Unterzentren sowie in den Stadt- und Landkreisen und in der Region Heilbronn-Franken. Die Daten für das Oberzentrum Heilbronn wurden zudem mit denen von Städten ähnlicher Größe in Baden-Württemberg verglichen.
Die neue IHK-Broschüre zur Kaufkraftanalyse steht im Internet unter www.heilbronn.ihk.de/... zum Download bereit.
Diese Medien-Info kann auch per Internet unter www.heilbronn.ihk.de/... abgerufen werden.