Nach der Reform ist vor der Reform: Die IHK wird sich weiter für Nachbesserungen bei der Besteuerung der Unternehmen einsetzen. Dabei gilt es insbesondere, die so genannte „Mittelstandslücke“ zu schließen, d.h., für Personenunternehmen müssen ähnliche Erleichterungen kommen wie bei Kapitalgesellschaften.
Die Steuerreform – Wo bleibt der Mittelstand?
Am 6. Juli entscheidet der Bundesrat über die Unternehmensteuerreform. Mit der Senkung der Körperschaftsteuer auf 15 % und der Gesamttarifbelastung in die Nähe von 30 % sowie mit der pragmatischen Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge in Höhe von 25 % ab 2009 setzt Deutschland ein gutes Signal: Durch die niedrigen Sätze werden Investitionen hierzulande attraktiver; niedrigere Steuern sind gleichbedeutend mit höheren Renditen. Dennoch bleibt die Reform deutlich hinter den Bedürfnissen des deutschen Mittelstandes zurück: Mit Hinzurechnungen, Zinsschranke, Steuer auf Funktionsverlagerung und Thesaurierungsrücklage wird das Steuerrecht undurchsichtiger. Für viele Unternehmen bringt der Wegfall der degressiven Abschreibung zudem steuerliche Nachteile - ohne Tariferleichterung.
Wer gewinnt?
Die Tarifsenkung bringt denjenigen Kapitalgesellschaften die größte Entlastung, die aus dem Vollen schöpfen können: mit viel Eigenkapital, wenig Schulden und guten Gewinnen. Nach Analysen verschiedener Geldhäuser können die deutschen DAX- und M-DAX-Unternehmen mit einem Renditeplus von 5 % bis 7 % rechnen, im Einzelfall sogar mit bis zu 15 %. Die zusätzlichen freien Mittel können investiert oder ausgeschüttet werden. Allerdings: Wer ausschüttet, muss nachversteuern. Die Abgeltungsteuer kostet zwar nur 25 %. In der Summe kann es für viele aber doch teurer kommen als beim geltenden Halbeinkünfteverfahren, weil Aufwand und Verluste nur noch begrenzt absetzbar sind. Hier heißt es: Genau rechnen! Dies gilt erst recht für Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Sie bekommen eine sog. Thesaurierungsrücklage für einbehaltene Gewinne mit einem investitionsfördernden Steuersatz von gut 28 %. Bei Entnahme steigt die Belastung aber auf über 47 %. Die Rücklage ist zudem sehr kompliziert und kommt deshalb nur für ganz wenige Mittelständler in Frage.
Wer verliert?
Erhebliche Mehrbelastungen haben zum Beispiel Filialbetriebe im Einzelhandel, in der Gas-tronomie und im Hotelgewerbe zu befürchten: Überall dort, wo das Gewerbe in gemieteten Räumen ausgeübt wird, wo Einrichtungen oder der Fuhrpark geleast sind, steigt die Gewerbesteuer durch die neuen Hinzurechnungen durch eine Substanzbesteuerung. Es gibt zwar einen Freibetrag von 100.000 €, der hilft aber nur den wirklich kleinen Unternehmen. Der Zuwachs an Gewerbesteuer wird bei vielen Betrieben durch die positiven Elemente der Reform nicht kompensiert. Im Gegenteil: Nach Berechnungen des BMWi kommen durch Wegfall der degressiven Abschreibung und unzureichende Mittelstands- und Vereinfachungsregeln etwa 250.000 Unternehmen schlechter weg als beim Status Quo.
Was ist zu tun?
Jedes Unternehmen muss dringend für sich prüfen, wie das Abenteuer Unternehmensteuerreform individuell ausgeht. Dies gilt umso mehr, als einige Regeln schon 2007 zu beachten sind. Die IHKs helfen. Der DIHK wird sich weiter intensiv für steuerpolitische Korrekturen einsetzen. Ziele sind: weniger Bürokratie und eine einheitliche, rein gewinnorientierte Bemessungsgrundlage einschließlich Pensionsrückstellungen. Dann braucht der Unternehmer für die Einkommen- und Gewerbesteuer nur eine einheitliche Erklärung abzugeben und kann steuerfrei Geld für sein Alter zurücklegen. Also: Nach der Reform ist vor der Reform.