Umlagewesen: Zeitverzögerte Berechnung verschärft Lage Nicht nur die geringeren Einnahmen, sondern auch die umlagebedingt zu entrichtenden Ausgaben haben im vergangenen Jahr den Handlungsspielraum der Stadt erheblich eingeschränkt. Die von der Stadt Heiligenhaus zu entrichtende Kreisumlage stieg - aufgrund der guten Einnahmen in der maßgeblichen Vorperiode 2005/2006 - im vergangenen Jahr um 2 Mio. Euro auf 13,1 Mio. Euro. Die zusätzlichen Zahlungen für die Lasten aus der Wiedervereinigung bezifferten sich auf 350.000 Euro. Der gravierende Nachteil der zeitverzögerten Abrechnungssystematik der Umlagen besteht darin, dass sinkende Einnahmen häufig mit steigenden Umlageausgaben in einem Haushaltsjahr einhergehen und so den ohnehin geringer werdenden Handlungsspielraum der Stadt, wie im vergangenen Jahr deutlich wurde, zusätzlich verschärft. In diesem Jahr entschärft sich diese „Zangenbewegung“, denn aufgrund des geringen Aufkommens im vergangenen Jahr müssen in diesem Jahr 11,3 Mio. Euro und damit 1,8 Mio. Euro weniger an den Kreis abgeführt werden.
Kameralistik ade - Umstellung auf Doppik Neben insgesamt geringeren Steuereinnahmen kommen weitere zusätzliche Lasten auf die Stadt zu, die im Zuge der Umstellung von der Kameralistik auf das so genannte „Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF)“ offensichtlich werden. Die Ergebnisrechnung, abgeleitet aus der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung, steht nun im Mittelpunkt der kommunalen Finanzpolitik. Anders als im kameralistischen System bezieht sich der Haushaltsausgleich nun nicht mehr auf die Sicherung des Geldbestandes, sondern auf die Sicherung des Vermögensbestandes und damit auf die Erhaltung der Ertragskraft. Nun müssen - aus unserer Sicht richtigerweise - auch die Abschreibungen und die Zuführung zu den Pensionsrückstellungen vollständig erfasst werden. An Zuführungen zu Pensions- und Beihilferückstellungen werden rund 670.000 Euro und für die Abschreibungen (abzüglich der Erträge aus Sonderposten) 2,4 Mio. Euro ausgewiesen, die auch erwirtschaftet werden müssen. Dies trägt dem mit dem NKF verfolgten Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit Rechnung das besagt, dass die heutige Generation nicht auf Kosten zukünftiger Generationen wirtschaften soll.
Kein „echter“ Haushaltsausgleich Der (strukturelle) Ausgleich gilt dann als erreicht, wenn die gesamten Erträge mindestens die Höhe der Aufwendungen erreichen, so dass das ausgewiesene Eigenkapital und damit das Reinvermögen der Kommune im Sinne der Nachhaltigkeit und der intergenerativen Gerechtigkeit nicht verringert wird. So kann eine stetige Aufgabenerfüllung garantiert werden. Ein solcher Haushaltsausgleich gelingt der Stadt aufgrund der erörterten Probleme in diesem Jahr allerdings nicht. Den Erträgen in Höhe von rund 52 Mio. Euro stehen Aufwendungen in Höhe von 58,8 Mio. Euro gegenüber, so dass daraus ein Verlust in Höhe von knapp 6,8 Mio. Euro resultiert. Die städtischen Finanzen befinden sich damit in einer außerordentlich ernsten Lage. Durch die so genannte Ausgleichsrücklage, deren Höhe 9,7 Mio. Euro beträgt, kann das Defizit aber formal abgedeckt werden. Die Ausgleichsrücklage ist als Teil des Eigenkapitals eine Rücklage besonderer Art. Sie beträgt bis zu einem Drittel des festgestellten Eigenkapitals, jedoch maximal ein Drittel der durchschnittlichen Höhe der jährlichen Steuereinnahmen und allgemeinen Zuweisungen der letzten 3 Haushaltsjahre. Das Instrument der Aus-gleichsrücklage soll zur Abfederung der mit der Einführung des NKF erstmalig transparent werdenden Belastungen aus Abschreibungen und Zuführung zu den Rückstellungen dienen. Ihr kommt die Rolle einer überjährigen Pufferfunktion zu. Die Fiktion des Haushaltsausgleichs gilt so lange, wie der Jahresfehlbedarf nied-riger ist als der Stand der Ausgleichsrücklage. Im Zuge der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik erfüllen mit dem Konstrukt der Ausgleichsrücklage allerdings fast alle Städte den Haushaltsausgleich, so auch die Stadt Heiligenhaus. Mit dem formalen Haushaltsausgleich muss die Stadt mit keinen aufsichtrechtli-chen Folgen rechnen. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ausgleichsrücklage ein Bestandteil des Eigenkapitals ist, so dass mit der Ausweisung des Verlustes von 6,8 Mio. Euro auch Eigenkapital in eben dieser Höhe verbraucht und damit das intergenerative Prinzip verletzt wird. Die Ausgleichsrücklage wird allein in einem einzigen Jahr zu gut 2/3 aufgebraucht, der Bestand beträgt dann lediglich 2,9 Mio. Euro.
Auch in den nächsten Jahren sind Verluste zu erwarten, denn eine grundlegende Kehrtwende ist in Heiligenhaus vorerst nicht in Sicht. Gemäß den Planungen wird erst im Jahre 2010 wieder ein ausgeglichener Haushalt erreichbar sein. Allerdings sind Prognosen über einen solch langen Zeitraum sehr unsicher. Die Ausgleichsrücklage wird, und das scheint ziemlich sicher, aber schon im nächsten Jahr aufgebraucht sein, so dass die allgemeine Rücklage in Anspruch genommen werden muss. Bei sich weiter verschlechternden Daten droht ein Haushaltssicherungskonzept, möglicherweise sogar das Nothaushaltsrecht. Folge wäre die Einschränkung der finanzwirtschaftlichen Eigenständigkeit der Stadt. Deshalb gilt es, und das ist auch ein erklärtes Ziel der Stadtspitze, umfangreiche Konsolidierungsmaßnahmen zu ergreifen. Nicht alles, was für die Stadt und die Einwohner wünschenswert erscheint, kann bereitgestellt werden. In Anbetracht der Höhe des Defizits sind sogar strukturelle Veränderungen, verbunden mit substanziellen Einschnitten mit Blick auf die bisherige und zukünftige Entwicklung unumgänglich. Hier sind Verwaltung und Rat gleichermaßen gefordert, um die Ausgaben zu reduzieren. Für die Einnahmesituation ist der Ausbau der A 44 wichtig. Hier darf es zu keinen Verzögerungen kommen. Das geplante Ge-werbegebiet würde mit dem Ausbau wesentlich einfacher zu vermarkten sein und langfristig zu steigenden Gewerbesteuereinnahmen und zu mehr Arbeitsplätzen in Heiligenhaus führen.