"Ob Obst, Gemüse oder Fleisch - Konsumenten legen Wert auf regionale Produkte", betonte Peter Röhm beim Hintergrundgespräch anlässlich der Renovierung der Villa Reitzenstein, dem Regierungssitz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Tausende Haushalte in ganz Ba-den-Württemberg und dem Bundesgebiet lassen sich dem Präsidenten des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) zufolge vom Bauernhof in der Nähe mit Obst und Gemüse versorgen. "Die Motive der Verbraucher sind vielfältig: Frische, Qualität, Nachhal-tigkeit oder Unterstützung für die lokale Wirtschaft", so Röhm weiter. "Motive, die sich ohne wei-teres auch auf die Nachfrage nach heimischen Rohstoffe übertragen lassen."
Klima- und Umweltschutz spielen auch beim Bauen und Sanieren eine zentrale Rolle
Doch bei vielen Bauvorhaben werde, trotz des Trends zur Regionalität und eines wachsenden Umweltbewusstsein, Gesteinsmaterial aus Fernost eingekauft, das viele tausend Kilometer um den Globus transportiert werde. Dass die Steine oft unter widrigsten Arbeitsbedingungen und ohne Rücksicht auf Umwelt-, Klima- und Artenschutz gewonnen werden, scheine für viele öf-fentliche und private Bauherren keine Rolle zu spielen. "Was für Lebensmittel gilt, gilt noch lange nicht für Baustoffe", kritisierte Peter Röhm. "Wer grün denkt, der sollte auch grün bauen - und zwar ohne 'wenn' und 'aber'!". Das baden-württembergische Staatsministerium gehe mit gutem Beispiel voran, denn für die Renovierung der Villa Reitzenstein werden für das denkmal-geschützte Hauptgebäude Steine aus heimischer Produktion verwendet.
"Wir wollen damit auch Vorbild sein für andere öffentliche Bauherren", sagte Klaus-Peter Murawski. "Wir sind überzeugt, dass der Einsatz regionaler Baustoffe ökologisch sinnvoll ist, dass er die regionale Identität stärkt und die Ästhetik nachhaltig unterstreicht." Der Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei im Staatsministerium betonte, dass Bauherren bei der Wahl des Gesteinsmaterials nicht nur auf den Preis schielen sollten. Das gelte gerade vor dem Hintergrund der Gesteinsimporte aus Fernost. "Die zunehmende Tendenz, Arbeitsbedingungen und Naturschutzbestimmungen, unter denen Steine abgebaut werden, bei der Kaufentscheidung auszublenden" ist Murawski zufolge,"ebenso problematisch, wie den CO2-Rucksack zu ignorie-ren, der entsteht, wenn Steine über weite Strecken transportiert werden."
Jahrhundertealtes Wissen über die Gesteinsverarbeitung ist durch die Verwendung neu-er Baustoffe verloren gegangen
Prof. Ralph Watzel, Leiter des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), be-richtete, dass mit Beginn der Aufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Restaurierung historischer Bauten und Denkmäler immer wieder Fremdmaterial anstelle der originalen Natur-werksteine verbaut wurde. Fremdmaterial, das sich in zahlreichen Fällen als problematisch er-wiesen habe. "Während heute das Material aus den sechziger Jahren ersetzt werden muss, befindet sich das jahrhundertealte Originalgestein noch in tadellosem Zustand", berichtete Ralph Watzel von bisherigen Sanierungsprojekten im Land. "Daher entstand in der Denkmalpflege immer mehr Bedarf an Originalsteinen, die jetzt wieder regional für die Restaurierung gewonnen werden." Aus diesem Grund habe das LGRB ein Nachschlagewerk mit dem Titel "Naturwerksteine in Baden-Württemberg" herausgebracht, das über die heimischen Gesteins-vorkommen, ihre Gewinnung, Verarbeitung und Bearbeitung breit informiert. Mit ihm sollen ero-diertes Wissen wieder verfügbar und auf die zahlreichen Vorzüge heimischer Naturwerksteine hingewiesen werden.
Otto Wölbert vom Landesamt für Denkmalschutz berichtete beim Hintergrundgespräch im Staatsministerium, dass die Denkmalpflege auf die Verfügbarkeit der heimischer Naturwerkstei-ne angewiesen ist. Die Beständigkeit des Materials, die sich an der Vielzahl der landesweit er-haltenen Kulturdenkmäler widerspiegelt, fordere dazu auf das heimische Gestein zur Instand-setzung zu nutzen. Ähnlich sah es Peter Röhm. "Wer heutzutage unter Einbezug ökologischer Aspekte Bauen nachhaltig gestalten will, kommt nicht umhin das hierzulande gewonnene Mate-rial einzusetzen", so der ISTE-Präsident.