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Knapper Deponieraum im Südwesten erhitzt bei den ISTE-Baustofftagen die Gemüter

(lifePR) (Ostfildern/Scharnhauser Park, )
Unternehmen beweisen gravierenden Engpass bei der Verfüllung und Deponierung von Bodenaushub, Bau- und Abbruchabfällen anhand eigener Registerführung. Ein Umdenken im Land und eine Überarbeitung der zukünftigen Grenzwerte, insbesondere in der geplanten Novelle der Bundes Bodenschutzverordnung, wird dringend gefordert.

Vom 22. bis 23. Oktober 2014 diskutierten 470 Besucher auf den alljährlich stattfindenden Baustofftagen des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) in Filderstadt wieder brisante Branchenthemen. Darunter die Herausforderungen denen sich viele Unternehmen in punkto Verfüllung von Bodenaushub und Baustoffrecycling gegenübersehen. Sie diskutierten mit dem baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen) die Probleme in der Praxis und den aktuellen Entwurf der geplanten Mantelverordnung.


ISTE-Präsident Peter Röhm machte in seiner Eröffnungsrede unmissverständlich klar, dass die 15 Zusatzforderungen der Bund-Länder AG "Ersatzbaustoffverordnung" aus dem Jahr 2013, die auf die geplante Mantelverordnung zum Grundwasserschutz, Verwertung von mineralischen Ersatzbaustoffen und zum Bodenschutz (mit bundeseinheitlicher Regelung der Verfüllung) aus dem Jahr 2012, aufgesattelt werden sollen, in der Branche für Verunsicherung und Unmut sorgen. Die Zusatzforderungen kommen Röhm zufolge gegenüber dem Verordnungsentwurf des Bundes und dem über 15 Jahre erforschten Fachkonzept, das Kosten in Millionenhöhe verursacht habe, und letztlich auch gegenüber der Recyclingbranche einem Misstrauensvotum der Länder gleich. Die Recyclingbranche sorge schließlich seit Jahren europaweit für eine der höchsten Verwertungsquoten im Bereich der mineralischen Bau- und Abbruchabfälle und das auf einem hohen Qualitätsniveau. Die Bundesregierung beabsichtigt, mit der Mantelverordnung ein abgestimmtes Gesamtkonzept zu entwickeln, mit dem Ersatzbaustoffe eingesetzt und Bodenverfüllungen realisiert werden können. "Von einer Lösung sind wir, auch nach sieben Jahren, weit entfernt", kritisierte Peter Röhm. Dies trifft bei der betroffenen Industrie auf wenig Verständnis, zumal der ISTE weiter zu seinem Wort stehe: "Vor über einem Jahr haben wir die Scharnhauser Erklärung zusammen mit Verwaltungsvertretern aus Baden-Württemberg verabschiedet, die sich klar zum wissenschaftlichen Fachkonzept bekennt und zu einem positiven Kommunikationskonzept für die Bundesverordnung aufruft. Damit gehen wir einen bedeutenden Schritt auf die Kreislaufwirtschaft und den vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutz zu".

Ressourceneffizienzpolitik und Forderungen auf Ebene der Fachverwaltung zur bundeseinheitlichen Regelung des größten Stoffstroms stehen im krassen Widerspruch zuei-nander

Zusatzforderungen der Länder, die ohnehin ambitionierten Anforderungen der geplanten Mantelverordnung und ständig neue Verordnungen wie zum Beispiel die geplante Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, sorgen weder für ein wachsendes Vertrauen in das Baustoffrecycling und die Bodenverwertung, noch fördern sie deren Akzeptanz. Für ISTE-Präsident Peter Röhm ein Unding. Denn einerseits poche die Politik unentwegt auf die Wiederverwertung von Bauabfällen und stelle damit auch im Bauwesen den Primat von Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz in den Vordergrund, während sie andererseits mit den Verordnungsentwürfen die Aufbereitung und Wiederverwertung von Boden und Bauschutt untergrabe. Darunter habe letztlich auch das Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg (QRB) zu leiden, das vor zehn Jahren auf den Weg gebracht wurde und wichtige Standards für das Recycling festlege.

Aussagen, die den baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller, der die Baustofftage besuchte, nicht gerade froh stimmten. Der Politiker machte deutlich, dass die Wiederverwertung von Bauabfällen gemessen an den rund 90 Millionen Tonnen Primärmaterial, das jedes Jahr in Baden-Württemberg in Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben gewonnen wird, weiter ausgebaut werden müsse. Nur so lasse sich eine ressourceneffiziente Baustoffwirtschaft und Gesellschaft realisieren. Untersteller lobte die Anstrengungen, die die Branchenvertreter auf diesem Weg unternommen hätten. Schließlich würden 82,5 Prozent der Baustoffabfälle zwischenzeitlich einer Wiederverwertung zugeführt.

Minister plädiert für neue Verwertungswege bei Recyclingmaterial

Der Umweltminister äußerte, dass die Recyclingquote weiter gesteigert werden soll. Dazu gelte es die Qualität des Materials durch technische Innovationen weiter zu erhöhen und weitere An-wendungsfelder für das Recyclingmaterial zu erschließen. Ein wichtiger Bereich sei dabei die Ausweitung der Verwendung aufbereiteten Materials in Recyclingbeton. Sein Ministerium habe ein entsprechendes Programm aufgelegt, mit dem der Einsatz von Recyclingbeton beworben und erhöht werden soll. "Ich bin überzeugt, dass damit nicht die von ihrer Branche befürchtete Rosinenpickerei eintritt", sagte Franz Untersteller. "Immerhin können in den rezyklierte Ge-steinskörnungen für RC-Beton nicht nur Betonbruch sondern auch Ziegelmaterial verwendet werden und es sind Materialien mit ungünstigeren Umweltqualitäten zulässig." Zudem würde RC-Beton keine bautechnische Unterschiede zu dem aus Primärrohstoffen gewonnen Beton aufweisen.

Der Grünenpolitiker versicherte darüber hinaus, dass er beim Bund auf die Vorlage eines überarbeiteten Entwurfes der Mantelverordnung drängt und keine unsachgerechten Zusatzforderungen aus Baden-Württemberg gestellt werden. "Wir haben dem Bund mehrfach signalisiert, dass es hier eine schnelle Lösung geben muss", so Untersteller weiter. Zudem sei auch ihm bewusst, dass Deponieraum knapp ist und die Verfüllung Grenzen habe. Aus diesem Grund befasse sich auch eine Arbeitsgruppe des Landkreistages mit dem Problem lokaler Entsorgungsengpässe. Franz Untersteller versicherte in diesem Zusammenhang, dass hier an einer gangbaren Lösung gearbeitet werde. Neue Hürden für das Baustoff-Recycling durch die geplante Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sehe das Umweltministerium nach aktuellem Diskussionsstand nicht.

Steine- und Erdenindustrie befürchtet Rückschläge insbesondere bei der Verfüllung. Die Branche sieht keine Chance für steigende Baustoffrecyclingquoten.

Die Vorsitzende der ISTE-Fachgruppe Recycling-Baustoffe und Boden Christa Szenkler war dagegen überzeugt, dass nach dem aktuellen Entwurf der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in Baden-Württemberg alle Recycling-Baustoffe als wassergefährdend gelten. Sie erklärte auch, dass erhebliche Zusatzanforderungen mit Blick auf Lagerbefestigung, Sickerwassersammlung und -aufbereitung entstehen. Die Sulfatgrenzwerte für Recycling-Baustoffe in der geplanten Ersatzbaustoffverordnung liegen mehr als 50 Prozent unter dem Grenzwert nach bestehender Erlasslage in Baden-Württemberg. Damit ist für Baden-Württemberg ein Abrutschen großer Mengen an Recycling-Baustoffe in eine ungünstigere Umweltqualitätsklasse zu erwarten. In der Folge befürchtete Szenkler einen deutlichen Rückgang der Verwertungsquote.

Die im Entwurf der Novelle der Bundes-Bodenschutzverordnung festgelegten Grenzwerte für die erlaubnisfreie Verfüllung von Steinbrüchen kritisierte Szenkler aufs Schärfste. "Eine Lawine von Einzelfallgenehmigungsverfahren rollt auf den Vollzug zu, weil die meisten Stadtböden diese hohe Hürde nicht nehmen können." Eine Ansicht die Dieter Diener teilte. Der Hauptgeschäftsführer des Vereins Bauwirtschaft Baden-Württemberg erklärte, dass große Stoffmengen, die bislang recycelt wurden, den Deponien zugeführt werden müssen, wenn die Mantelverordnung in der bisher vorgelegten Form in Kraft tritt. "Die derzeit vorhandenen Restvolumen werden dann rasch erschöpft sein", so Diener.

Landesweit gibt es ihm zufolge keinen Engpass für DK 0-Deponien. Allerdings gebe es sehr wohl regionale Engpässe, die dazu führen, dass unbelastete Böden teilweise über sehr lange Strecken mit dem Laster zu ortsfremden Deponien transportiert werden müssen und das mit allen negativen Folgen in den Bereichen Kosten, Ökologie und Verkehr. Ein Problem, das mit der Tatsache einhergehe, dass Kreise und Städte grundsätzlich keinen Abfall der benachbarten Kreise aufnehmen müssen und sich damit die Transportwege weiter vergrößern. Sollte der ak-tuelle Entwurf zur Mantelverordnung in Kraft treten, dann wird sich laut Dieter Diener ein großes Problem ergeben.

Dr. Bernd Susset, geschäftsführender Referent der ISTE-Fachgruppe Recycling-Baustoffe und Boden, gab in der Diskussion zu bedenken, dass bei der Abschätzung der Deponie-Laufzeiten die "Blackbox" Verfüllung gar nicht ausreichend betrachtet werde. Wenn nur kleine Anteile der derzeit jährlich in Steinbrüchen verwerteten 18 Millionen Tonnen Bodenaushub aus genehmigungsrechtlichen Gründen und zunehmender Anforderungen des Boden- und Grundwasserschutzes oder schlicht aus Kapazitätsgründen aus der Verwertung herausfallen, schlagen diese Materialien als DK0- oder DK 1 -Material im Deponierecht auf. "Dann gehen die ohnehin begrenzten Deponielaufzeiten rasch in die Knie", so Susset. Das Massenstrommanagement des Landes hänge deshalb am "Tropf der Verfüllung" und letztere werde durch den Vollzugzunehmend problematisiert. "Das verdeutlichen die nahezu täglichen Anrufe betroffener Unternehmen", berichtete Bernd Susset.

Baden-Württembergischer Umweltminister weist Kritik zurück

Franz Untersteller wies die Kritik zurück. Beim Thema Deponienotstand mahnte der Politiker die Branchenvertreter zur Selbstkritik. "Sind wir ehrlich, der Preis spielt eine Rolle, das zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit", kritisierte Untersteller. "Wenn in Bayern die Deponiekosten günstiger sind, dann gehen die Fuhren eben dorthin." Der Grünenpolitiker betonte, dass ihm die Problematik bewusst sei, dass aber geklärt werden müsse, welche Einflussfaktoren beim Mülltourismus eine Rolle spielen, damit an den richtigen Stellschrauben optimiert wird. "Daher ist es richtig und wichtig, dass sich eine Arbeitsgruppe beim Landkreistag damit auseinandersetzt", machte Franz Untersteller wiederholt deutlich. "Sollte sich herausstellen, dass es eine größere Knappheitssituation gibt, dann wird auch dementsprechend reagiert." Mit diesen Worten verabschiedete sich der Minister am Vormittag von den 17. Baustofftagen in Filderstadt.

Unternehmer führt eindrücklichen Nachweis für Entsorgungsengpass im Ballungsraum Stuttgart

Recycling- und Bauunternehmer Walter Feeß, Geschäftsführer der Heinrich Feeß GmbH & Co. KG, bewies anhand seiner eigenen Registerführung, die repräsentativ für rund 1, 2 Millionen Tonnen Bodensauhub/Jahr ist: "Die Transportentfernung pro Tonne Bodenmaterial zum Verwertungs- und/oder Deponierungsort ist bei uns im Zeitraum von Oktober 2012 bis Oktober 2014 von im Mittel 30 km/Tonne auf 80 km/Tonne gestiegen, mit allen Konsequenzen für Natur, Umwelt, Verkehr und Klima!"

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Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e.V.

Die Steine- und Erden-Industrie in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg gibt es rund 500 Unternehmen, die mineralische Rohstoffe gewinnen, weiterverarbeiten oder gebrauchte mineralische Rohstoffe recyceln. Insgesamt geschieht dies in rund 800 Werken mit 20.000 Beschäftigten. Diese Branche erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von rund 5 Milliarden Euro pro Jahr im Land.

Pro Einwohner und Jahr müssen rund 10 Tonnen Material der Erde entnommen werden, damit Häuser, Bürogebäude, Straßen, Bahnlinien und Radwege gebaut werden können. Insgesamt werden so jährlich 100 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe gewonnen und benötigt. Ziemlich genau entspricht das einem Kilogramm mineralische Rohstoffe pro Einwohner und Stunde. Gebrauchte Baustoffe werden durch Baustoffrecycling im Kreislauf gehalten. So wird bereits heute ca. 90 Prozent des Bauschuttes und Straßenaufbruchs recycelt.

Der ISTE wurde bereits sechs Jahre vor dem Land Baden-Württemberg im März 1946 als "Fachverband Steine und Erden Württemberg und Baden e.V." gegründet. Seitdem hat er sich zu einem modernen, dienstleistungsorientierten Wirtschafts- und Arbeitgeberverband entwickelt.

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