Infolge von Flussbegradigungen seien viele ihrer angestammten Siedlungsgebiete, Bach- und Flussauen, unwiederbringlich verloren gegangen. "In den vergangenen Jahren sind die Gelbbauchunken-Populationen teilweise regelrecht eingebrochen", so die BfN-Präsidentin. Umso wichtiger ist es ihr zufolge, die Sekundärlebensräume der Gelbbauchunken zu erhalten, um dort ihren Bestand gezielt zu fördern und auszubauen. Aus diesem Grund wurden im Steinbruch Nußloch, der von der HeidelbergCement AG betrieben wird, in Kooperation mit dem NABU mehrere Kleingewässer angelegt. In ihnen haben sich bereits mehrere Dutzend Unken angesiedelt und ihren Laich abgelegt.
Steinbrüche, Sand- und Kiesgruben sind eine Chance für den Artenschutz
"Hier findet der Froschlurch optimale Lebensbedingungen", sagte Jochen Röder von der HeidelbergCement Technology Center GmbH. Der Biologe erklärte, dass durch die menschlichen Aktivitäten im Verlauf der Abbautätigkeit Lebensräume geschaffen werden, die sich - ebenso wie die natürlichen Siedlungsgebiete der Unken - dynamisch entwickeln. Die Spezies fühle sich daher in Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben sehr wohl. "Fahrspuren von Baggern, Muldenkippern und Radladern, werden von der Gelbbauchunke gerne besiedelt", so Röder. "Wenn sie sich mit Wasser füllen legen die Amphibien dort ihren Laich ab."
Gleichzeitig werde durch den Abbau ein Teil der Fläche offen gehalten und verhindert, dass dieser von der natürlichen Vegetation völlig eingenommen wird. "Das ist für Pionierarten wie die Gelbbauchunken, aber auch Kreuz- und Wechselkröten, wichtig", sagte Dr. Andre Baumann. Der Landesvorsitzende des NABU Baden-Württemberg führte aus, dass Gelbbauchunken in Gebieten anzutreffen sind, in denen Wälder und verbuschte Flächen mit offenen Flächen, wie Staudenfluren oder Wiesen, wechseln. "Abbaustätten, in denen die Sukzession schon etwas weiter fortgeschritten ist, sind deshalb wertvolle Lebensräume für die Amphibienart", betonte Baumann.
"Gleichzeitig gibt es in Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben, im Gegensatz zur übrigen Kulturlandschaft, keinen Freizeit- oder Besucherdruck", wie der Naturschützer weiter ausführte. "Dar-aus resultieren lange Entwicklungszeiten, die den Artenschutz fördern." Auf die Frage, ob es damit aus Sicht des Naturschutzes mehr Abbaustätten geben sollte, antwortete Andre Baumann, dass viele im Rohstoffabbau eine Katastrophe sehen. "Für den Naturschutz allerdings beinhaltet er die große Chance bedrohte und stark gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zu fördern", urteilte der NABU-Landesvorsitzende. "Denn aufgrund der enormen Standortvielfalt, die Abbaustätten aufweisen, existiert in ihnen auch eine sehr hohe Biodiversität die dem Naturschutz wertvolle Anknüpfungspunkte bietet."
Eine Ansicht, die Alexander Bonde teilte. Der baden-württembergische Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz räumte ein, dass die Rohstoffgewinnung zwar einen massiven Eingriff darstelle, dass sie aber zugleich die Möglichkeiten bieten würden, gemeinsam mit der Steine- und Erdenindustrie Biotopverbünde und damit eine grüne Infrastruktur zu schaffen. Die im vergangenen Jahr von der grün-roten Landesregierung vorgestellte Naturschutzstrategie greife diesen Sachverhalt auf.
Biodiversitätsdatenbank des ISTE bietet Anknüpfungspunkte für Naturschutzstrategie des Landes
Gleichzeitig ist in der Naturschutzstrategie laut Bonde vorgesehen, eine Artendatenbank ins Leben zu rufen, um den Schutz und die Entwicklung der biologischen Vielfalt zu erfassen. Der Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) habe hier bereits Vorarbeit geleistet und eine Biodiversitätsdatenbank entwickelt, die einen Beitrag dazu leiste, die heimische Tier- und Pflanzenwelt nachhaltig und dauerhaft zu fördern. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Vielmehr bietet sich aus meiner Sicht hier die Möglichkeit zu kooperieren, um auf der Datenbank des ISTE aufzubauen", erklärte der Minister. Nur wenn Politik, Wirtschaft und gesellschaftliche Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen, könnte für die biologische Vielfalt das bestmögliche erreicht werden.
ISTE-Präsident, Peter Röhm, betonte, dass die Steine- und Erdenindustrie sich ihrer Verantwortung für den Erhalt und dem Schutz von Natur und Umwelt stelle. Seit vielen Jahren würden die Branchenvertreter eng mit lokalen und regionalen Naturschutz- und Umweltverbänden zusammenarbeiten und Artenschutzprojekte auf den Weg bringen. "Wir sind stolz darauf, dass Abbaustätten wahre Schatzkästlein der Biodiversität darstellen", erklärte Röhm.
Der ISTE-Präsident kritisierte allerdings, die statischen Ansätze des Artenschutzrechts und des Artenschutzes. "Das statische Artenschutzrecht versucht 'künstlich', Lebensräume und sogar einzelne Arten zu konservieren", so Peter Röhm. "Die Gelbbauchunke, die auf dynamische und strukturreiche Lebensräume angewiesen ist, hat damit große Probleme!" Wer heute Lebensräume für streng geschützte Arten in Abbaustätten schafft, könne Probleme mit der weiteren Bewirtschaftung der Abbaustätte bekommen.
"Es ist deshalb dringend ein Ansatz einzuführen, der es auch dem Abbauunternehmer erlaubt, während dem Abbau aktiv Populationen der Gelbbauchunke zu fördern, ohne Angst haben zu müssen, dass er sich dabei im Hinblick auf die weitere Nutzung die Schlinge sozusagen selbst um den Hals legt und schlussendlich den Betrieb gefährdet", bilanzierte Peter Röhm.