Bereits im Herbst 2021 hatte der FondsSuperMarkt Hans-Jürgen Friedrich zu den Grundsätzen der Anlagestrategie des von ihm gemanagten Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS befragt (zum Interview). Im aktuellen Interview erklärt der Rentenspezialist einige Besonderheiten seines Marktsentiments, und warum sein Vertrauen in die Stärke des deutschen Mittelstands trotz Inflation, Ukraine-Krieg und Lieferengpässen ungebrochen ist.
FondsSuperMarkt: Seit unserem letzten Interview im September ist viel an und um die Finanzmärkte geschehen. Beginnen wir mit der Inflation, die just seit Herbst explosionsartig gestiegen ist. Glauben Sie, dass wir hier, speziell in Europa und Deutschland, schon den Höhepunkt gesehen und überschritten haben?
Hans-Jürgen Friedrich: Daran glaube ich vorerst nicht, und dies wird auch durch die Meinung der Europäischen Zentralbank gestützt. Weiterhin anhaltende Einflussfaktoren, wie der Konflikt in der Ukraine oder der Logistik-Stau vor den wichtigen Häfen und den damit verbundenen Problemen in den Lieferketten, sorgen nicht bloß für stark steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise. Zu beobachten und auch mittlerweile deutlich in der Bevölkerung spürbar sind zunehmende Preissteigerungen in der Breite, zahlreiche Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ziehen mittlerweile die Inflationsrate ebenfalls nach oben. So haben sich – neben den vielfach diskutierten Preissteigerungen für flüssige Brennstoffe und Kraftstoffe – Konsumgüter gegenüber dem Vorjahr im Monat Juli um fast 19% verteuert. Die jährliche Inflationsrate für das Jahr 2022 wird konservativ betrachtet wohl bei knapp 8% liegen, bevor sie im Jahr 2024 wieder das Zielniveau der Europäischen Zentralbank in Höhe von ca. 2% erreichen sollte. Somit bleibt zu erwarten, dass die Inflation noch eine Weile unerwünscht hoch bleiben wird. Vor diesem Hintergrund ist eine ausgewogene und diversifizierte Geldanlage bei den Sparern innerhalb der Eurozone wichtiger denn je, um so den Geldwertverfall durch Erträge aus Kapitalanlagen zumindest in Teilen auffangen zu können – und somit die „persönliche Geldentwertung“ auf ein erträgliches Maß zu schrauben.
FondsSuperMarkt: Das zweite Topthema dieser Tage ist der Krieg in der Ukraine. Hat dieser, abgesehen von seiner Auswirkung auf die Inflation, Unternehmen im Fondsportfolio auch direkt betroffen?
Hans-Jürgen Friedrich: Wenn ein Akteur der Größe Russlands aufgrund der gegebenen Situation mit umfangreichen Sanktionen belegt wird, hat dies immer auch eine deutliche Auswirkung auf die gesamte Finanzindustrie und dessen Produkte – unser direktes und indirektes Engagement in Russland hält sich, aufgrund einer bereits im Vorfeld angespannten Lage, deutlich in Grenzen. Lediglich bei einem Unternehmen im Fonds hat dies einen direkten Einfluss, welches, als deutsches Unternehmen, sein operatives Geschäft weiterhin erfolgreich in Russland betreibt - das Geschäftsmodell ist dort auch weiterhin in Takt. Lediglich die Zahlungswege gestalten sich aufgrund des Ausschlusses Russlands aus dem globalen Zahlungsverkehrssystem SWIFT und der Unsicherheit bei den zahlungsabwickelnden Stellen durch die Sanktionen schwierig - hier stehen wir in engem Kontakt mit dem Unternehmen, und es wurde auch bereits zwischen den Investoren und dem Unternehmen eine für alle Parteien gangbare Lösung gefunden.
FondsSuperMarkt: Der Krieg in der Ukraine könnte Deglobalisierungstendenzen beschleunigen, die sich bereits im Zusammenhang mit covidbedingten Lieferengpässen angedeutet haben und in denen vor allem China und der Westen auseinanderrücken. Deutschland als exportorientierte Wirtschaft gilt einigen Kommentatoren als Verlierer dieser geopolitischen Spannungen. Wie beurteilen Sie diese längerfristige Perspektive mit Blick auf das von Ihnen gemanagte Mittelstandsportfolio?
Hans-Jürgen Friedrich: Ich denke, hier muss zunächst separiert werden zwischen Unternehmen, deren Kunden internationale Endverbraucher sind („B2C“), und Unternehmen, die auf internationaler Ebene andere produzierende Unternehmen beliefern („B2B“). Auf Seiten der Unternehmen, wie auch auf Seiten der Regierungen besteht naturgemäß eine große Eigenmotivation, die eigene Binnenwirtschaft nicht zu gefährden. Dies wäre der Fall, würde ein heimisches Großunternehmen in Schieflage geraten, weil die nötigen Zwischenprodukte der Zulieferer nicht mehr lieferbar sind und somit das noch unfertige Erzeugnis nicht an die Enderbraucher verkauft werden könnte.
Der deutsche Mittelstand bildet nicht bloß das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, sondern konnte sich auch international in den vergangenen Jahren hervorragend positionieren. Mit seinen vielen Hidden Champions bildet der Mittelstand in Deutschland u.a. durch hohe Qualitätsansprüche, flexible Prozesse und technologische Innovationsstärke das Fundament für eine stabile Entwicklung vieler Internationaler Großkonzerne – hier sind mit der Zeit Abhängigkeiten entstanden. Abhängigkeiten, welche auch aufgrund der typischen Eigenschaften des deutschen Mittelstandes, wie den über Jahrzehnten entwickelten Qualitätsstandards, der hohen Flexibilität dieser Unternehmen, aber auch der festen Integration in die Produktionsprozesse, nicht ohne weiteres substituiert werden können.
FondsSuperMarkt: Wie ist das Portfolio des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS aktuell aufgestellt? Gab es hinsichtlich der angesprochenen Belastungen größere Umschichtungen bei den Branchen, Bonitäten oder Laufzeiten?
Hans-Jürgen Friedrich: Vor dem Hintergrund der aktuellen geldpolitischen Situation und der Rhetorik der Zentralbanken seit Ende letzten Jahres haben viele Fonds damit begonnen, ihre Duration, sprich die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer, in den Portfolien zu senken – auf diese Situation sind wir naturgemäß hervorragend eingestellt. Emittenten aus dem Mittelstand emittieren überwiegend Anleihen (Mittelstandsanleihen), deren Duration relativ kurz ist. Dies liegt im Wesentlichen an den starken Wachstumsraten dieser Unternehmen. Es ist, einfach gesagt, aus Unternehmenssicht nicht zweckdienlich, mehr für eine Finanzierung zu zahlen, als nötig ist, daher verfügen die meisten Mittelstandsanleihen über eine kürzere Laufzeit als Anleihen größerer Unternehmen, deren Wachstumsstärke keiner so starken Beschleunigung unterliegt. Des Weiteren verfügen Mittelstandsanleihen meist über die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung, sollte die Entwicklung des Unternehmens besser voranschreiten, als zunächst kalkuliert - mit einer vorzeitigen Rückzahlung ist dann meist eine Refinanzierung zu deutlich reduzierteren Finanzierungskonditionen verbunden. Anders ticken Mittelstandsanleihen auch im Bereich der Bonitätseinstufung. Die meisten Emittenten verfügen aus Kosten-/Ertragsgründen über kein Rating, es rentiert sich schlicht und einfach nicht. In dem Zuge findet daher der KFM Scoring-Prozess Anwendung. Unsere Spezialisten der KFM Deutsche Mittelstand AG ermitteln durch diesen hausinternen Prozess die Bonität und somit die Grundlage für ein erfolgreiches Investment, welches der Großteil der anderen Marktteilnehmer aufgrund des fehlenden Ratings nicht auf dem Schirm hat oder aus regulatorischen Gründen nicht haben darf.
FondsSuperMarkt: Anleihen verzeichneten angesichts der seit Herbst deutlich gestiegenen, ja entfesselten Inflation und eines korrespondierenden Anstiegs der Kapitalmarktrenditen einen starken Kurseinbruch. Der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS entwickelte sich, ähnlich wie zu Beginn der Corona-Pandemie, etwas schlechter als vergleichbare Fonds und Indizes. Woran liegt das?
Hans-Jürgen Friedrich: Gemessen an der absoluten Wertentwicklung wird es wohl nur sehr wenige Fondsmanager geben, die mit der diesjährigen Produktion von Mehrwerten für ihre Anleger wirklich zufrieden sein dürfte. Betrachten wir die relative Wertentwicklung gegenüber anderen Fonds bzw. Indizes, sieht dies für Mittelstandsanleihen in Form des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS anders aus. Wir konnten, gemessen an den Bloomberg-Indices für EUR-Anleihen im Investment-Grade, sowie gegenüber den Indizes für EUR-High-Yield Anleihen, per Ende Juli einen relativen Mehrwert produzieren. Darüber hinaus hatten wir einen gewohnt positiven Effekt auf die Risikostruktur in den Portfolien, welche überwiegend mit Anleihen aus den beiden Bonitätsklassen befüllt waren – durch die, in Krisensituationen abweichenden Bewegungsmuster (geringe Korrelation) der Mittelstandsanleihen konnte der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS gegenüber den gängigen Anlageklassen, je nach Struktur des einzelnen Portfolios, einen deutlich risikosenkenden Effekt generieren.
FondsSuperMarkt: Sichern Sie das Anleihenportolio in der aktuellen Marktphase mithilfe von Termingeschäften gegen Kursverluste ab?
Hans-Jürgen Friedrich: Der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS betreibt keine aktive Sicherungsstrategie unter Zuhilfenahme von derivativen Instrumenten, anstelle dessen achten wir aber darauf, stets ein gut diversifiziertes Portfolio innerhalb der Geschäftsfelder, Branchen und Anleiheart ins Rennen schicken zu können. Darüber hinaus achten wir nun schon seit längerem auf eine ausgewogene Struktur zwischen Energieverbrauchern und jenen, die von einer Knappheit bzw. steigenden Energiepreisen profitieren. Gerade in einer Zeit der gestiegenen Unsicherheit bei der Energieversorgung ist dies aus unserer Sicht ein Risikofaktor, dem bei einer effizienten modernen Portfolio-Diversifikationsstrategie eine wesentliche Rolle zuerkannt werden sollte.
FondsSuperMarkt: Einige Marktbeobachter befürchten in Anbetracht des Rückzugs der Notenbanken als Käufer ein Austrocknen der Anleihemärkte. Wie schätzen Sie diese Gefahr ein? Wie beurteilen Sie auf dem aktuellen Renditeniveau mittel- und langfristig die Aussichten für deutsche Mittelstandsanleihen? Wo sehen Sie die größten Chancen und Risiken?
Hans-Jürgen Friedrich: Die Sorge um ein Austrocknen des Anleihemarkts ist meiner Einschätzung nach durchaus als begründet anzusehen, allerdings verbirgt sich noch ein weiteres Risiko hinter dem Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank, und auch viele Marktteilnehmer sehen diese Gefahr kommen, was anhand der Kursbewegungen in den entsprechenden Titeln im Laufe des Jahres ersichtlich wurde. Dabei gilt es allerdings zunächst zu hinterfragen, welche Wertpapiere von einem Rückzug der Geldflut am meisten betroffen sein dürften, sprich in welchen Anleihen die Europäische Zentralbank am stärksten im Rahmen ihres Anleihe-Kaufprogrammes CSPP (Corporate sector purchase program) engagiert ist. Neben diversen Bedingungen beschränkt die Zentralbank ihre Ankäufe vor allem auf Anleihen mit einer Bonitätseinstufung im Investment-Grade. Folglich blieb der Markt für Mittelstandsanleihen frei von Notenbank-Liquidität und wird auch von dessen Ausbleiben bzw. Abfließen nicht direkt betroffen sein. Da die Notenbank ebenso als Verkäufer für die erworbenen Anleihen auftreten kann, schlummert in dieser vermeintlich sicheren Bonitätsklassifizierung stattdessen nun ein enormes negatives Kurspotenzial. Die notwendige Rhetorik der EZB im Zuge der erlebten Preissteigerungen, flankiert durch die angespannte geopolitische Situation, hinterließ verständlicherweise stark verunsicherte (private) Anleger. Diese gesteigerte Unsicherheit zeigte sich schlussendlich auch negativ in der Bewertung von Mittelstandsanleihen, größtenteils allerdings ungerechtfertigt, man könnte sagen: Mittelstandsanleihen wurden in Sippenhaft genommen. Während die Unsicherheit weiter zunahm, produzierten die Mittelständler teilweise nämlich Rekordergebnisse. Diese durch Unsicherheit getriebene irrationale Marktbewertung eröffnet auch eine Chance. Derzeit sehen wir im Markt für mittelständische Anleihen vermehrt äußerst attraktive Renditen und damit die Möglichkeit, unsere Geldanlage direkt im deutschen Mittelstand strategisch zu positionieren.
Fondsdetails: Deutscher Mittelstandsanleihen FONDS M
ISIN LU0974225590
WKN A1W5T2
Fondskategorie Unternehmensanleihen EUR
Ausgabeaufschlag 3% (FondsSuperMarkt-Rabatt 100%)
Ertragsverwendung ausschüttend
Verwaltungsvergütung p.a. bis zu 1,6%
Performancegebühr keine
Laufende Kosten 1,76%
Auflegung 25.11.2013
Fondsvolumen 154,93 Mio. EUR (15.08.2022)
Jährliche Wertentwicklung seit Auflage 1,69 % (per 16.08.2022)
Risiko- und Ertragsprofil (SRRI) 4 von 7
Über die KFM Deutsche Mittelstand AG
Die KFM Deutsche Mittelstand AG ist auf die Analyse und die Auswahl von Investments in festverzinsliche Wertpapiere mittelständischer Unternehmen spezialisiert. Für den Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS und den Europäischen Mittelstandsanleihen FONDS, der 2020 aufgelegt wurde, analysieren die Experten der KFM Deutsche Mittelstand AG permanent nahezu jeden einzelnen Emittenten. So verfügen die Experten über ein großes Know-how im Bereich der Mittelstandsanleihen und sind in der Lage, die Unternehmensanleihen mit dem besten Chancen-/Risikoprofil herauszufiltern.