Erst im letzten Jahr war diese Definition im Gesetz zur Stärkung der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln (HHVG) neu gefasst worden. Hier wurde definiert, dass es sich bei Verbandmitteln um Materialien handelt, die „oberflächengeschädigte Körperteile bedecken und deren Sekrete aufsaugen“. Ergänzend wurde hierzu vermerkt, dass „diese Eigenschaft nicht entfällt, wenn die Materialien die Wunde feucht halten oder Zusatznutzen haben z.B. die Wunde reinigen, geruchsbindend oder antimikrobiell wirksam sind“.
In dem Kabinettsentwurf zum GSAV wird diese Definition eingeschränkt auf Gegenstände „die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen“. Es spiegelt sich hier eine Diskussion innerhalb des Gemeinsamen Bundesausschusses, wie zwischen dem G-BA und dem Bundesministerium für Gesundheit, wider, die letztlich sogar zu einer Klage des G-BA gegen das Ministerium geführt hat.
Sollte sich die vorgeschlagene Definition durchsetzen, und hierfür spricht sehr viel, würden alle Verbandauflagen, die wirksame Stoffe in die Wunde abgeben, aus der Verordnungsfähigkeit ausscheiden. Sie müssten in gesonderten Verfahren ihre Wirksamkeit nachweisen.
Die Initiative Chronische Wunden (ICW e. V.) stellt hierzu fest, dass sie grundsätzlich den Nachweis einer behaupteten Wirksamkeit begrüßt. Nach erbrachtem Wirksamkeitsnachweis sollten diese Produkte als sicher eingestuft und erstattet werden. Allerdings besteht die Sorge, dass langjährig bewährte Verbandmittel den Versicherten in kurzer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen und es zu Versorgungsengpässen kommt, sollte das Gesetz in der vorgeschlagenen Form wirksam werden. Insbesondere der Wegfall antimikrobiell wirksamer Verbandmittel birgt die Gefahr des Einsatzes von lokal angewandten Antibiotika, die in der Wundbehandlung sinnlos sind. Systemische Antibiotika würden vermehrt eingesetzt, was nicht nur medizinisch unsinnig ist, sondern auch den erklärten Zielen der Bundesregierung widerspräche. Das hat die Initiative Chronische Wunden bereits 2016 in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des HHVG festgestellt.
Der ICW e. V. fordert daher transparente und erfüllbare Standards für geforderte Nachweise der Wirksamkeit. Hierzu wird der ICW e. V. eigene Vorschläge machen.
Zudem muss zwingend eine genügend lange Übergangszeit vorgesehen werden, in der die laufenden Therapien abgeschlossen bzw. umgestellt werden können. Die Verunsicherung der unter vielen Belastungen leidenden Patienten mit chronischen Wunden sowie der Behandler muss unbedingt vermieden werden.
Der Vorstand der Initiative Chronische Wunden