Wir diskutieren hier nicht zum ersten Mal das Glücksspielwesen, lassen Sie mich gleichwohl die Position der Landesregierung erneut erläutern.
Anlass für die Neuordnung des Glücksspielwesens war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006, in dem grundsätzlich geklärt wurde, unter welchen Voraussetzungen staatliche Monopole im Glücksspielbereich mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG vereinbar sind.
Das im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Festhalten am staatlichen Monopol bei Sportwetten und Lotterien mit erhöhtem Gefährdungspotential ist der beste Weg, den mit der Veranstaltung von Glücksspielen verbunden Gefahren zu begegnen: So kann Glücksspielsucht wirksam bekämpft werden. So können Glücksspielangebote kanalisiert und begrenzt werden. So kann auch der Jugend- und Spielerschutz bestmöglich gewährleistet werden.
Forderungen nach vollständiger oder teilweiser Liberalisierung, wie sie auch aus Teilen dieses Hohen Hauses vorgetragen wurden, mussten deshalb verworfen werden. Das Kabinett kommt mit seiner Entscheidung vom 10. Juli seinen gesamtgesellschaftlichen Verpflichtungen nach und nicht einzelnen gewerblichen Interessen privater Lotto-Anbieter.
Selbst wenn durch den neuen Staatsvertrag künftig weniger Spielumsätze getätigt und weniger Konzessionsabgaben und Lotteriesteuern eingenommen werden, werden die staatlichen Einnahmen zur Refinanzierung von Aufgaben wie Sport, Kultur, Umwelt und Wohlfahrt immer noch höher sein als bei Freigabe des Glücksspielmarktes. Sicher nämlich würden die Glücksspielunternehmen aus steuerrechtlichen Gründen ihren Sitz in europäische Steueroasen legen. Altruismus ist nicht das handlungsleitende Motiv privater Spielevermittler.
Wettbewerb im Glücksspielbereich führt zu massiver Werbung und immer höheren Spielanreizen. Die Zunahme von problematischem Spielverhalten bis hin zur Glücksspielsucht stünde zu befürchten. Die Gewinne würden von der Glücksspielindustrie eingenommen - also privatisiert - während die Negativfolgen aufgrund von Verarmung und Hilfsbedürftigkeit Spielsüchtiger sozialisiert würden.
Dass Firmen aus Altenholz oder anderswoher für ihre eigenen Interessen werben, ist verständlich. Aber die Unterzeichnung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen durch die 16 Ministerpräsidenten als unglaubwürdige und rechtwidrige Politik zu bezeichnen und dies als Demokratie schädigend zu titulieren, ist dann doch ein bisschen dick aufgetragen.
Vielleicht hätten die Herren ein paar Euro in einen Kurs für politische Bildung investieren sollen. Mich für meinen Teil beruhigt es immerhin, dass die privaten Lottoanbieter scheinbar noch genug Mittel zur Verfügung haben für ganzseitige Werbeanzeigen: Ich hoffe nur, dass im Jackpot noch genug Geld übrig bleibt.
Die Regierungschefs der Länder haben den Lotteriestaatsvertrag unterzeichnet. Er soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf enthält die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag und die notwendigen Ausführungsbestimmungen. Abgesehen von der durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Verlagerung der Aufsicht über die in öffentlicher Trägerschaft von der NordwestLotto Schleswig-Holstein veranstalteten Lotterien und Sportwetten vom Finanzministerium auf das Innenministerium bleibt es weitgehend bei der bisherigen Aufgabenverteilung.
Des Weiteren werden das Verfahren und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung öffentlicher Glücksspiele geregelt. Der Systematik des Staatsvertrages folgend sind Spezialregelungen für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential vorgesehen, die dem geltenden Recht entsprechen. In Erfüllung des staatsvertraglich normierten Ziels des Spielerschutzes sind Regelungen zur Errichtung und Unterhaltung eines Sperrsystems enthalten. In Ausschöpfung der Übergangsvorschrift im Staatsvertrag ist vorgesehen, die Veranstaltung und Vermittlung von Lotterien im Internet unter bestimmten Voraussetzungen übergangsweise bis zum 31.12.2008 zu erlauben. Die bisher im Gesetz über die in öffentlicher Trägerschaft veranstalteten Lotterien und Sportwetten enthaltenen Regelungen über die Abführung von Abgaben durch NordwestLotto Schleswig-Holstein und deren Verwendung sollen weitgehend übernommen und dahingehend ergänzt werden, dass die Verwendung eines Teils der Erträge für Maßnahmen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht und für Suchtforschung vorgesehen sind.
Zu den immer wieder geltend gemachten europarechtlichen Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag weise ich darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, zuletzt in der sog. Placanica-Entscheidung, den einzelnen Mitgliedstaaten freigestellt ist, welches System zur Durchführung des Glücksspielwesens gewählt wird. Voraussetzung ist jedoch, dass bei einer anderen Marktform als dem freien Wettbewerb die verfolgten ordnungspolitischen Ziele kohärent und systematisch umgesetzt werden und die Einschränkung der Grundfreiheiten dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Mir sind die von der Europäischen Kommission geäußerten Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag selbstverständlich bekannt. Sollten sich diese nicht ausräumen lassen, wird letztlich der Europäische Gerichtshof über die Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorgaben zu entscheiden haben - dieser Entscheidung sehe ich gelassen entgegen.
Im Übrigen haben wir die vor uns liegende Zeit zu nutzen, um zu einem zukunftstauglichen und zweifelsfrei europarechtlich unbedenklichen Konzept zu gelangen, das die Erträge für den Sport sichert.
Zusammengefasst: Eine Liberalisierung könnte die Einnahmen, die wir gerade für den Sport, aber auch für viele kulturelle, soziale und Umweltprojekte brauchen, nicht aufrechterhalten. Eine Liberalisierung würde zu eine deutlichen Steigerung des Glücksspiels führen. Weder das eine, noch das andere und schon gar nicht das Profitinteresse einzelner Unternehmen können doch unser Ziel sein. Ich bin für Marktwirtschaft, aber für soziale Marktwirtschaft."