Der Minister erinnerte daran, dass Schleswig-Holstein bereits 2002 ein landeseigenes Integrationskonzept beschlossen und danach kontinuierlich weiter entwickelt habe. "Schleswig-Holstein hat in der Integrationspolitik bundesweit eine Vorreiterrolle", sagte Stegner. Der Beitrag der Länder zum Nationalen Integrationsplan entstand unter gemeinsamer Federführung des nordrhein-westfälischen Integrationsministers Armin Laschet und des schleswig-holsteinischen Innenministers Ralf Stegner. Er ist Teil des Nationalen Integrationsplans, den die Bundeskanzlerin auf dem zweiten Integrationsgipfel am 12. Juli der Öffentlichkeit vorstellen wird.
Die Länder bekräftigen erneut den Grundsatz des Förderns und Forderns. Zugewanderte und ihre Familien müssten sich um Integration bemühen und die entsprechenden Angebote annehmen. Im Gegenzug erhielten sie Solidarität und Unterstützung der deutschen Gesellschaft. Wie es in dem Papier weiter heißt, ist Integration kein einseitiger Prozess der Anpassung, sondern setzt die Bereitschaft zum ehrlichen Dialog zwischen Migranten und einheimischer Gesellschaft voraus.
Die Länder verstehen unter Integration weit mehr als ein freundliches Nebeneinander von Menschen. Integration setze eine Kultur des gegenseitigen Respekts voraus. Sie bedeute nicht Assimilation oder Leitkultur, sondern Akzeptanz von Vielfalt im Rahmen der Werte des Grundgesetzes. "Unsere Verfassung ist der Maßstab, der für alle Menschen gilt, die in Deutschland leben", sagte Stegner. Dazu gehörten die Meinungs- und Pressefreiheit ebenso wie die Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Gewaltmonopol des Staates.
Nach Ansicht der Länder sind noch erhebliche Anstrengungen vor allem in der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik erforderlich. Über Erfolg oder Misserfolg von Integration werde in erster Linie in den Kommunen vor Ort entschieden. Integration müsse daher am Wohnort, in den örtlichen Verwaltungen, am Arbeitsplatz, in den Schulen, in den Kindertagesstätten und unter Mitwirkung der Migranten gestaltet werden.
Schleswig-Holstein setzt nach Auskunft von Stegner bei der Städtebau- und Wohnraumförderung einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Wohnsituation von Migranten. "Wir sind mit der Wohnungswirtschaft einig, dass mit Hilfe eines klugen Belegungsmanagements vermieden werden muss, dass Wohnquartiere entstehen, in denen überwiegend nur eine ethnische Bevölkerungsgruppe lebt", sagte Stegner.
Bildung ist nach Auffassung der Länder die wichtigste Voraussetzung für Integration. Neben einer frühzeitigen Sprachförderung halten sie auch eine intensive Arbeit mit den Eltern von Migranten für erforderlich. Ganztagsschulen böten eine große Chance für eine erfolgreiche Integration. Zusätzliche Anstrengungen seien erforderlich, um die Zahl jugendlicher Migranten ohne Schulabschluss deutlich zu verringern. "Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen sind die Orte, an denen Integration am besten praktiziert werden kann", sagte Stegner. Schulen müssten besonders in sozial problematischen Stadtteilen Orte der Kommunikation und Integration werden, sie müssten für alle gesellschaftlichen Gruppen als Treffpunkt im Stadtquartier auch nach Schulschluss offen stehen.
Schleswig-Holstein hat nach Auskunft von Stegner bereits seit 2003 ein integratives Sprachförderkonzept, dessen Schwerpunkt die vorschulische Sprachförderung ist. Dieses Konzept soll bis 2010 qualitativ weiter verbessert und flächendeckend ausgebaut werden. Es sieht die Sprachförderung in den Kindertagesstätten, Fortbildung für Erzieher und Lehrer sowie eine intensive Sprachförderung vor der Einschulung und auch an den Schulen vor.
Zur besseren Integration in das Erwerbsleben halten die Länder landesspezifische Arbeitsmarktprogramme für erforderlich. "Schleswig-Holstein fördert bereits mit dem Programm Schule und Arbeitswelt die Ausbildungs- und Berufsreife Jugendlicher", sagte Stegner. Das Konzept des Arbeits- und Bildungsministeriums richte sich besonders an solche jungen Leute, die den Schulabschluss voraussichtlich nicht erreichen. Dazu gehörten in der Regel viele Kinder aus zugewanderten Familien. Da Migranten überdurchschnittlich von Jugendarbeitslosigkeit betroffen sind, wird an zehn Orten in Schleswig-Holstein Jugendlichen mit Problemen in der Ausbildung eine individuelle Beratung und Betreuung angeboten. "Unser wichtigstes Ziel ist es, dass junge Menschen eine qualifizierte Berufsausbildung bekommen", sagte Stegner.
Der Minister betonte, wie notwendig es sei, dass Migranten frühzeitig die zahlreichen Integrationskurse besuchten. Dazu sei eine engere Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörden, den Arbeitsgemeinschaften der Kommunen und Arbeitsagenturen (ARGE oder Jobcenter) und den Anbietern von Integrationskursen erforderlich. Wie Stegner dazu sagte, baut das Land seine Migrationssozialberatung derzeit zu einem Zuwanderungs-Integrations-Management aus. "Es geht uns dabei vor allem darum, dass die Zugewanderten einen beruflichen Weg nach ihren Fähigkeiten finden und an einem Sprachkurs teilnehmen, der auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist", sagte Stegner.
Neu in Schleswig-Holstein ist ein gemeinsames Projekt von Schule, Kindertagesstätte und Migrationssozialberatung, das Frauen mit Migrationshintergrund an Integrationskurse heranführen soll. "Wir sprechen Eltern auf den Besuch eines Integrationskurses direkt an, wenn sie ihre Kinder für die Schule anmelden", sagte Stegner. Die Länder appellieren auch an Vereine, Verbände und Kirchen, auf Migranten gezielt zuzugehen und sie für die Vereins- und Verbandsarbeit zu gewinnen. Dem Sport komme dabei eine besondere Bedeutung zu.
Zahlen, Daten, Fakten zum Thema "Integration"
In Schleswig-Holstein leben rund 355.000 Menschen mit Migrationshintergrund (Deutsche und Ausländer). Das entspricht einem Anteil von fast 13 Prozent an der Bevölkerung. In der Altersgruppe unter sechs Jahren hat sogar jedes fünfte Kind einen Migrationshintergrund.
In Schleswig-Holstein leben rund 135.000 Ausländer aus 190 verschiedenen Nationalitäten. Damit liegt Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich an neunter Stelle, was die absolute Zahl der Ausländer betrifft. Die Landesregierung stellt aus verschiedenen "Töpfen" Geld für die Integration zur Verfügung. Einige Beispiele:
Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist Schwerpunkt des Zukunftsprogramms Arbeit. Beispiel: Mit dem Handlungskonzept Schule und Arbeitswelt (Projektvolumen: rund 58 Millionen Euro bis 2013) soll die Ausbildungs- und Berufsreife junger Menschen nachhaltig verbessert werden.
In den Jahren bis 2010 werden die Angebote und Projekte des "Integrativen Sprachförderkonzeptes" flächendeckend in Schleswig-Holstein ausgebaut und qualitativ weiter verbessert. Dazu gehört auch die verstärkte Qualifizierung von geeigneten Fachkräften (Deutsch als Zweitsprache). Dafür stehen insgesamt rund 27 Millionen Euro bereit.
In den in das Programm Soziale Stadt aufgenommenen Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf wurden und werden Quartiersmanager eingesetzt, die die Stadtteilentwicklung vor Ort begleiten und eine umfassende Beteiligung der Bewohner an der Entwicklung ihres Wohnquartiers gewährleisten. In allen geförderten Stadtteilen liegt der Anteil der Migranten an der Wohnbevölkerung deutlich über dem Landesdurchschnitt. In fast allen Fördergebieten wurden und werden Projekte entwickelt und umgesetzt, die speziell auf die bessere Integration von Migranten zielen. Das Programm hat ein Volumen von zurzeit rund 6,8 Millionen Euro.
Das Land stellt in diesem Jahr rund 1,8 Millionen Euro für die Migrationsozialberatung zur Verfügung.