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Die Vereinigten Staaten von Amerika: Ein "Weltstaat"

Von Gérard-Francois Dumont

(lifePR) (Sankt Augustin, )
Der Zuwachs der hispano-amerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten ist ein unbestrittenes Phänomen und war schon Anlass heftiger Kontroversen, vor allem nach der Veröffentlichung des Buches von Samuel Huntington über die Identität der Nationen und den Schock der Kulturen. Aber liegt die Zukunft der Vereinigten Staaten nicht viel eher in allmählichen Bildung eines "Welt-Staates" denn in einer Hispanisierung?

Die Amerikaner, die selbst oder zumindest deren Vorfahren aus Europa stammen, bilden immerhin noch die Mehrheit der Bevölkerung in den Vereinigten Staaten. Die Ursprungsländer in der Rangfolge sind Deutschland, Irland, Großbritannien, Italien, Polen und Frankreich. Mexiko ist, laut der Zahlen von 2011, das erste nicht-europäische Land mit einer Diaspora (d.h. Personen, die in den Vereinigten Staaten leben und entweder in Mexiko geboren wurden oder mexikanischer Herkunft sind) von insgesamt 34 Millionen Menschen, also mehr als ein Zehntel der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten.

Erleichterte Zuwanderung

Die Größe der mexikanischen Diaspora liegt nicht nur in der geographischen Nähe begründet, sondern auch in einer weit zurückreichenden Geschichte. Laut dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo 1848 war Mexiko gezwungen, die Staaten Neu-Mexiko, Texas und Kalifornien (Alta California) den Vereinigten Staaten zu übergeben. Als Gegenleistung erwirkte Mexiko, dass die auf amerikanischem Boden lebende mexikanische Bevölkerung bleiben konnte sowie den freien Verkehr zwischen beiden Ländern. Trotz der unterschiedlichen Anwendung des Vertrages je nach Bedarf an Arbeitskräften auf Seiten der Vereinigten Staaten, besteht die mexikanische Zuwanderung also seit mehr als anderthalb Jahrhunderten. Geographische Nähe und historische Zeitspanne machen die Dimension der mexikanisch-stämmigen Minderheit aus.

Lange Zeit unterdrückte Zuwanderung

Hinzu kommt, daß die USA andere Zuwanderungsströme lange Zeit verhindert oder unterbunden haben. So wurde zum Beispiel 1882 der sogenannte Chinese Exclusion Act verabschiedet, der den Einwanderern aus Fernost den Zutritt endgültig untersagte. Begründung: Die Asiaten wollen sich nicht integrieren und haben nicht die Absicht, die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen. 1917 bestätigte das Zuwanderungsgesetz die Schließung der Grenzen für fast alle asiatischen Länder sowie die Pazifischen Inseln durch die Schaffung der sogenannten Asiatic Barred Zone. 1921 schließlich wurde mithilfe des Quota Act eine Quotenregelung eingeführt, um Änderungen bei der ethnischen Aufteilung oder Struktur des Landes vorzubeugen. Diese Regelungen wurden erst vom Immigration Act vom 3. Oktober 1965 in Frage gestellt, der die 1921 eingeführte Kontingentierung nach Nationalitäten zum 1. Juli 1968 außer Kraft setzte.

Diesen gesetzlichen Änderungen folgten weitreichende geopolitische Entwicklungen, die zwar unabhängig von diesen Gesetzen abliefen, aber die Einwanderung enorm beflügelten. So beschloss China seine Politik der Öffnung und zwischen den Vereinigten Staaten und Indien erfolgte nach jahrzehntelangen Spannungen eine Wiederannäherung. Zur gleichen Zeit zeugte das demographische Wachstum der südlichen Länder des Globus ein enormes Potenzial an Zuwanderern, sei es durch Defizite in der wirtschaftlichen Entwicklung (zum Beispiel in Mexiko oder Pakistan), sei es durch Bürgerkriege (wie in El Salvador oder im Libanon), sei es durch diktatorische Regime (wie in Kuba oder Vietnam).

Wachsende Vielfältigkeit der Bevölkerung

Die Kombination aus Gesetzesänderungen der amerikanischen Zuwanderungspolitik und den genannten Faktoren der Auswanderung aus dem Süden Richtung Norden brachte eine wachsende Diversifizierung der geografischen Herkunft amerikanischer Einwanderer mit sich. So hat sich seit der Jahrtausendwende die Anzahl der Zuwanderer aus Afrika (inklusive Nordafrika, also auch Ägypten und Libyen, aber auch aus dem Libanon) fast verdoppelt und die Zahl der aus Asien stammenden Zuwanderer stieg deutlich stärker als die der mexikanischen Einwanderer. Selbst der prozentuale Anstieg der Einwanderer aus Ozeanien ist größer als der Mexikos. Im selben Zeitraum sank die Anzahl der Zuwanderer aus Europa und Kanada, was nicht weiter verwunderlich ist, denn der "demographische Winter" in Europa und Kanada begrenzt ganz natürlich die Zahl an potenziellen Migranten.

Diese Gesamtentwicklung der Zuwanderung in die Vereinigten Staaten rechtfertigt es, dass man von den USA als dem ersten "Welt-Staat" spricht und zwar im Sinne eines Staates, der sich aus Minderheiten aller Kontinente und Sub-Kontinente dieser Erde zusammensetzt. Die Herausforderung, der sich die USA in Zukunft stellen müssen, liegt im Erhalt ihres nationalen Zusammenhalts, der sich vor allem auf das institutionelle Modell des Föderalismus stützt.

Professor Gérard-Francois Dumont lehrt an der Sorbonne in Paris politische Demographie und Geopolitik. Er ist Herausgeber und Direktor der alle zwei Monate erscheinenden Zeitschrift Population et Avenir, aus der wir mit freundlicher Genehmigung des Autors den vorliegenden Aufsatz entnehmen.

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