Kürzlich hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits den Zusatznutzen eines ähnlichen Wirkstoffs gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft: Evolocumab. Nun hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Institut auch mit der Prüfung des Herstellerdossiers zu Alirocumab beauftragt. Ein Zusatznutzen gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien ist auch für diesen Wirkstoff nicht belegt.
Monoklonaler Antikörper soll den LDL-Spiegel senken
Wenn die LDL-Cholesterinwerte im Blut erhöht sind, wird die Diagnose „Hypercholesterinämie“ gestellt. Bei der gemischten Dyslipidämie können zusätzlich erhöhte Triglyceridwerte vorliegen. Unbehandelt können beide Störungen bei stark überhöhten Werten zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie etwa einer koronaren Herzkrankheit oder einer Arteriosklerose führen.
Als Standardtherapie kommt eine Diät in Kombination mit lipidsenkenden Arzneimitteln (etwa Statinen) infrage oder, wenn Medikamente und Diät nicht ausreichen, eine Blutwäsche (LDL-Apherese) in Kombination mit einer medikamentösen Therapie. Bei einer LDL-Apherese wird das Blut vom LDL-Cholesterin gereinigt. Bei einigen Patientinnen und Patienten reichen diese Maßnahmen aber nicht aus.
Sogenannte PCSK9-Hemmer wie Alirocumab oder Evolocumab fördern den Abbau von LDL-Cholesterin in der Leber. Das Enzym PCSK9 bindet nämlich anstelle von LDL-Cholesterin an die LDL-Rezeptoren der Leberzellen und sorgt für den Abbau der Rezeptoren, was den Cholesterinspiegel im Blut hebt. Blockiert eine Substanz wie Alirocumab das Enzym, so steigt die Zahl der LDL-Rezeptoren, und die Cholesterinwerte können sinken.
G-BA benennt drei Fragestellungen
Der G-BA hat für drei Patientenpopulationen unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: Bei Patientinnen und Patienten, die Statine zwar vertragen, aber auch mit der höchsten verträglichen Statindosis ihre Cholesterin-Zielwerte nicht erreichen, sollte Alirocumab in Kombination mit einem Statin und gegebenenfalls weiteren Lipidsenkern verglichen werden mit einer maximal tolerierten medikamentösen und diätischen Therapie zur Lipidsenkung.
Bei Patienten, für die eine Statintherapie nicht infrage kommt, sollte Alirocumab mit einem anderen Lipidsenker als Monotherapie verglichen werden. Und für Patienten, bei denen die medikamentösen und diätischen Optionen zur Lipidsenkung ausgeschöpft sind, sollte die zweckmäßige Vergleichstherapie eine LDL-Apherese sein.
Verkehrte Population, falsche Vergleichstherapien, zu kurze Studien
Von den insgesamt zwölf Studien, die der Hersteller in seinem Dossier für diese drei Fragestellungen benennt, beantwortet keine die relevanten Fragen der frühen Nutzenbewertung. Erstens hatte in etlichen Studien zur ersten Fragestellung jeweils ein Teil der Patienten keine Vortherapie mit einer maximal verträglichen Statindosis erhalten, was aber die Voraussetzung für eine Therapie mit Alirocumab ist.
Zweitens wurde in vielen der Studien die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht eingehalten, oder für jene Studienteilnehmer, die den Einschlusskriterien entsprachen, lagen keine Daten vor. Und drittens sind sie – wie schon bei Evolocumab – zum Teil zu kurz. Denn Hypercholesterinämie und gemischte Dyslipidämie sind chronische Erkrankungen; Alirocumab ist für eine Dauertherapie vorgesehen. Daher sind Studien mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr erforderlich, um den Nutzen oder Schaden zu beurteilen.
Da keine der Studien für die Nutzenbewertung relevant ist, gibt es für keines der Anwendungsgebiete einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Alirocumab gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Diese Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.