In Deutschland gibt es aktuell mehr als 7 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus. Etwa 20 bis 30 von 100 Menschen mit Diabetes entwickeln im Laufe ihres Lebens ein diabetisches Fußsyndrom. Jährlich kommt es deswegen in Krankenhäusern zu etwa 25 000 Amputationen. Hinzu kommen ambulante Amputationen, deren genaue Zahl nicht bekannt ist. Je nachdem, ob einzelne Zehen oder ein ganzer Fuß amputiert wird, hat der Eingriff weitreichende Folgen für Alltag und Lebensqualität. Auch bei länger bestehenden Wunden ist eine nicht operative Behandlung oft noch eine Alternative zur Amputation.
Diabetisches Fußsyndrom
Ein diabetisches Fußsyndrom entsteht durch eine offene Wunde, die sich nicht von allein wieder schließt. Da die Füße bei Menschen mit Diabetes aufgrund von Nervenschäden unempfindlicher für Schmerzen und Druck sein können, wird eine chronische Wunde oft erst spät bemerkt. Deshalb ist es wichtig, gut auf die Füße zu achten und sie regelmäßig ärztlich kontrollieren zu lassen.
Die Behandlung einer chronischen Wunde erfordert viel Geduld, kann aber selbst dann erfolgreich sein, wenn die Wunde schon mehrere Monate besteht. Besonders wichtig ist es, die Wunde von Druck zu entlasten.
Bei größeren Wunden beraten Ärztinnen und Ärzte sehr unterschiedlich. Manche raten schneller zu einer Amputation von Zehen oder des ganzen Fußes, andere sind zurückhaltender.
Entscheidungshilfe des IQWiG
Die jetzt vorgelegte Entscheidungshilfe des IQWiG soll Patientinnen und Patienten in dieser Situation unterstützen. Sie beschreibt die verschiedenen Behandlungen beim diabetischen Fußsyndrom und zeigt Möglichkeiten auf, wie sich eine drohende Amputation doch noch vermeiden lässt, z. B. durch einen Eingriff zur Verbesserung der Durchblutung.
„Auch wenn eine Amputation kaum noch vermeidbar erscheint, lohnt es sich noch mal mit Spezialisten zu sprechen“, betont Klaus Koch, Leiter des Ressorts Gesundheitsinformation im IQWiG: „Oft gibt es zumindest die Möglichkeit, durch eine nicht operative Behandlung eine Amputation des ganzen Fußes zu vermeiden.“
Wie läuft das Zweitmeinungsverfahren ab?
Die Entscheidungshilfe ist ein Baustein des seit 2019 gesetzlich festgelegten sogenannten Zweitmeinungsverfahrens. Das bedeutet: Eine Ärztin oder ein Arzt, die/der einen planbaren Eingriff empfiehlt, muss Patientinnen und Patienten auf das Recht hinweisen, diese Behandlungsentscheidung noch einmal kostenfrei mit Spezialisten einer anderen Praxis oder Klinik besprechen zu können.
Für welche Eingriffe das Verfahren gilt, entscheidet der G-BA.
„Auch wenn die ‚zweite Meinung´ hinter diesen Aufträgen steht, wäre es natürlich sinnvoll, unsere Entscheidungshilfen schon bei der ‚ersten Meinung‘ zu berücksichtigen“, betont Klaus Koch.
Zum Projektverlauf
Der G-BA hat das Institut am 16. April 2020 mit der Erstellung der Entscheidungshilfe zu Amputationen beim diabetischen Fußsyndrom beauftragt.
Die Entscheidungshilfe wurde nach den Allgemeinen Methoden des IQWiG erstellt und hat eine Nutzertestung und Stellungnahme durchlaufen. Sie wird auf Der IQWiG-Website gesundheitsinformation.de veröffentlicht und im Rahmen der üblichen Aktualisierung spätestens nach drei Jahren auf Aktualität überprüft und bei Bedarf angepasst.
Weitere Informationen
Das IQWiG hat in früheren Aufträgen bereits Entscheidungshilfen zu Gebärmutterentfernung, Mandeloperation und Schultereingriffen erstellt.
Diese Entscheidungshilfen sind auf der Website gesundheitsinformation.de in umfassende Themenpakete zu den jeweiligen Erkrankungen eingebunden. Die Entscheidungshilfen lassen sich dort als PDF herunterladen und kostenfrei in beliebiger Menge ausdrucken.