Raum für fachlichen Austausch jenseits von konkreten Studien
Die Blickwinkel der Beteiligten und auch der wissenschaftlichen Öffentlichkeit auf die Studien zu Typ-2-Diabetes-mellitus hätten oft nicht unterschiedlicher sein können, was die Beantwortung konkreter Fragestellungen betraf. So konnten die im Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellten Bewertungen des IQWiG bei dieser Indikation und die darauf basierenden Entscheidungen des G-BA von einigen klinischen Expertinnen und Experten oft nicht nachvollzogen werden, wohingegen andere die dort enthaltenen Aussagen unterstützten. Insbesondere das Dilemma, im Studiendesign gleichzeitig die Anforderungen an Zulassung (also Wirksamkeit und Sicherheit) und frühe Nutzenbewertung (Zusatznutzen im Vergleich zum Therapiestandard) zu berücksichtigen, schien für einige unauflösbar.
Um Raum für fachlichen Austausch fern von konkreten Studien zu erhalten, einigten sich die Beteiligten darauf, die Workshopreihe aufzusetzen. In der Folge bearbeitete die Gruppe folgende Themen:
- Endpunktstudien: Einschluss geriatrischer Patientinnen und Patienten, Harmonisierung der Definition des kardiovaskulären Risikos, Definition der Vergleichstherapie
- Endpunkte zu mikrovaskulären Folgekomplikationen: klinische Endpunkte, patientenberichtete Endpunkte und Surrogatendpunkte, Methodik von Surrogatvalidierungsstudien
- Hypoglykämien: Operationalisierung, Auswertung und Berichterstattung
Verbesserungspotenzial in Arzneimittelstudien zu Hypoglykämien identifiziert
Der IQWiG-Beitrag befasst sich mit dem Thema Hypoglykämien. Wie IQWiG-Leiter Thomas Kaiser und Wissenschaftlerin Regine Potthast herausstellen, besteht bei der Erhebung, Auswertung und Berichterstattung von Hypoglykämien an verschiedenen Stellen Verbesserungspotenzial. Dies solle für die Planung zukünftiger Studien genutzt werden. So gelte es, Hypoglykämien unterschiedlicher Relevanz klar voneinander abzugrenzen und deren Definition für Arzneimittelstudien zu vereinheitlichen. Schließlich sei bedeutend, dass nicht nur der zeitliche Verlauf der Blutzuckersenkung, sondern auch der zeitliche Verlauf des Auftretens von Hypoglykämien vollständig berichtet werde, da beides zusammenhänge.
Das IQWiG-Autorenteam hat auch Aspekte identifiziert, die das Risiko von Hypoglykämien beeinflussen können und somit die Übertragbarkeit der Studien infrage stellen. Zum Beispiel können unrealistische Therapiesituationen oder unfaire Vergleiche innerhalb der Studien zu unterschiedlichen Therapiezielen zwischen den Behandlungsgruppen führen, was die Interpretation der Ergebnisse erschwert. Um die Interpretierbarkeit von Arzneimittelstudien bei Typ-2-Diabetes nicht zu gefährden, sollten diese Aspekte bei zukünftigen Studienplanungen berücksichtigt werden, betonen Kaiser und Potthast abschließend.
Wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung von Arzneimittelstudien bei Typ-2-Diabetes
„Die Diskussionen in den Workshops waren durchweg konstruktiv“, betont Thomas Kaiser, Leiter des IQWiG. Obwohl nicht alle inhaltlichen Kontroversen ausgeräumt werden konnten, sei eine konzeptionelle Annäherung erreicht worden. Kaiser ist überzeugt, dass dadurch ein wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung von Arzneimittelstudien bei Typ-2-Diabetes geleistet wurde, und er betont: „Gute Studien sind nicht nur für die Nutzenbewertung wichtig, sondern auch die Voraussetzung für eine informierte Therapieentscheidung. Die Qualität der Studien zu verbessern dient damit unmittelbar einer besseren Patientenversorgung.“
Zum IQWiG-Beitrag
Kaiser T, Potthast R: Hypoglykämien in Arzneimittelstudien zu Typ-2-Diabetes mellitus: Erhebung, Auswertung und Berichterstattung. Diabetologie und Stoffwechsel 2023; 1-5