Zu diesem Ergebnis kommt der am 12. Mai 2014 veröffentlichte Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Auch eine neue Studie, in der Trainingstherapie unter physiotherapeutischer Aufsicht als Vergleichstherapie eingesetzt wurde, ändert nichts an dieser Bewertung.
Arthroskopie soll Beschwerden lindern
Die Kniegelenk-Arthrose oder Gonarthrose ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, die häufig in beiden Knien zugleich auftritt. Das zunehmende Gelenkversagen ist verbunden mit Veränderungen an der Gelenkstruktur, Schmerzen und verminderter Beweglichkeit. Es erschwert tägliche Aktivitäten wie das Treppensteigen und kann die Lebensqualität mindern. In Deutschland erkranken rund 17 Prozent aller Männer und 27 Prozent aller Frauen im Lauf ihres Lebens an Arthrose, vorwiegend in den Hüftgelenken und Kniegelenken. Zu den Risikofaktoren für die Gonarthrose gehören Alter, Geschlecht, genetische Faktoren und Übergewicht.
Bei einer therapeutischen Kniegelenk-Arthroskopie wird das Kniegelenk gespiegelt und mit Kochsalzlösung gespült; gegebenenfalls werden auch krankhaft veränderte Meniskus- oder Knorpelanteile abgetragen oder geglättet (Debridement). Das soll Beschwerden wie Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern.
Große Behandlungsvielfalt
Das IQWiG verglich diese Maßnahme mit mehreren anderen Interventionen, darunter Nichtbehandlung, Scheinbehandlung und aktive Behandlungen ohne Arthroskopie, zum Beispiel Injektionen von Glukokortikoiden ins Kniegelenk. Von besonderem Interesse war dabei, wie sich diese Behandlungen auf die täglichen Aktivitäten und die Lebensqualität der Betroffenen auswirken. Aber auch Veränderungen der Symptomstärke und mögliche Nebenwirkungen der Therapien wurden verglichen, zum Beispiel Infektionen nach Operationen.
Studien mit Unsicherheiten behaftet
Zu dieser Fragestellung konnten elf randomisierte und kontrollierte Studien mit zusammen über 1000 Patientinnen und Patienten ermittelt werden; allerdings waren etliche davon mit Unsicherheiten behaftet. Zum Beispiel waren die Interventionen oft nicht verblindet: Die Behandelten wussten dann, ob an ihnen eine Arthroskopie vorgenommen wurde oder nicht. Dabei lassen sich durchaus Scheinarthroskopien durchführen, bei denen ein kleiner Einschnitt am Knie erfolgt, anschließend aber nicht weiter operiert wird. Gerade solche „Placebo-Operationen“ sind für die Bewertung aussagekräftig, wenn auch nicht unumstritten.
Kein Vorteil gegenüber Scheineingriffen
Ein Nutzen der therapeutischen Arthroskopie im Vergleich zur Scheinoperation und zur Nichtbehandlung ließ sich aus den meisten Studienergebnissen nicht ableiten, und zu möglichen Schäden durch unerwünschte Therapiewirkungen war keine eindeutige Aussage möglich. Zwar war bereits bekannt, dass invasive Behandlungsmethoden oft einen besonders großen Placeboeffekt haben. Dennoch war es erstaunlich, wie groß in diesen Studien die gefühlte Verbesserung nach einer Placeboarthroskopie ausfiel.
Der Vergleich mit aktiven Maßnahmen fiel ähnlich ernüchternd aus. Nur gegenüber der Injektion von Glukokortikoiden ins Kniegelenk hatte die Arthroskopie einen leichten Vorteil: Die Beschwerden fielen etwas schwächer aus. Ob sich auch die Lebensqualität der Betroffenen besser entwickelte als bei der Injektion, ergab sich aus dieser Studie aber nicht.
Auch im Vergleich zur Trainingstherapie kein Nutzen
Für den Vergleich von arthroskopischen Eingriffen mit einer Trainingstherapie unter physiotherapeutischer Aufsicht wurden Daten von Patientinnen und Patienten herangezogen, deren Gonarthrose mit einem Schaden des Innenmeniskus einherging. Zu keinem Studienzeitpunkt ergab sich bei den beiden Endpunkten Schmerz und globale Bewertung der Symptomatik ein signifikanter Effekt. Somit lautet das Gesamtergebnis ebenso wie im Vorbericht: Der Nutzen einer Arthroskopie des Kniegelenks zur Behandlung von Gonarthrose ist nicht belegt.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im September 2013 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im Mai 2014 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen wurden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.
Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Abschlussberichts gibt die Kurzfassung.