Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG konnten 37 Leitlinien in ihre aktuelle Analyse einbeziehen, aus denen sie insgesamt 1963 Empfehlungen (z. B. zu Diagnostik, Therapie oder Schulungen) extrahierten.
Für diese Leitlinien-Recherche liegen nun die abschließenden Ergebnisse vor: Fast alle Aspekte des DMP sollten oder könnten überarbeitet werden.
Einen Überarbeitungsbedarf der DMP-A-RL sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor allem für die Aspekte „Blutglukosesenkende medikamentöse Therapie“ sowie „Begleit- und Folgeerkrankungen“ des Diabetes mellitus Typ 2. Nur der Aspekt „Diagnostik (Eingangsdiagnose)“ benötigt aktuell keine Aktualisierung.
Überarbeitungsbedarf für die Medikamentöse Therapie
In das DMP Diabetes mellitus Typ 2 eingeschriebene Patientinnen und Patienten sind im Durchschnitt 68 Jahre alt und leiden in der Regel an einer ganzen Reihe weiterer Erkrankungen, die medikamentöser Behandlung bedürfen. Trotz des Umstands, dass viele an Diabetes mellitus Typ 2 Erkrankte Antidiabetika verordnet bekommen und mehrere behandlungspflichtige Begleiterkrankungen aufweisen, werden in den Leitlinien nur selten differenzierte Empfehlungen zum Umgang mit dem Problem der Multimedikation formuliert.
Unterzuckerungen rücken in den Fokus
Wie bereits beim Diabetes mellitus Typ 1 sind inzwischen auch beim Diabetes mellitus Typ 2 die Folgen von Hypoglykämien in den Leitlinien mehr in den Vordergrund gerückt. Hypoglykämien können vor allem bei älteren und gebrechlichen Patientinnen und Patienten das Sturzrisiko erhöhen und zu kognitiven Einschränkungen führen. In der DMP A-RL ist dies bereits aufgenommen, aber noch wenig ausführlich dargestellt
Es gibt eine weitere Analogie zum Typ-1-Diabetes: Nach den Leitlinien können auch bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 mit sehr schwer kontrollierbaren Blutzuckerspiegeln technische Hilfsmittel zur Kontrolle und Regulierung des Blutzuckerspiegels, beispielsweise ein kontinuierliches Glukose-Monitoring (CGM), empfohlen werden. In den DMP-Richtlinien ist das bisher noch nicht berücksichtigt.
Aktualisierungsbedarf bei Begleit- und Folgeerkrankungen
Internationale Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass gerade bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 depressive Verstimmungen und Depressionen häufiger auftreten und dass von Depressionen begleitete chronische Krankheiten (wie etwa auch der Diabetes mellitus) mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert sind. Daher empfehlen drei der vom IQWiG untersuchten internationalen Leitlinien ein regelmäßiges Screening auf Depressionen für die genannten Patientinnen und Patienten. Diese Empfehlung sollte bei der Aktualisierung des DMP Diabetes mellitus Typ 2 umgesetzt werden.
Im Hinblick auf das Ziel der Vermeidung von Fußamputationen ist bei infizierten Fußwunden eine gezielte antibiotische Therapie sinnvoll. Auch hier sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG einen potenziellen Aktualisierungsbedarf der DMP A-RL.
Patientinnen und Patienten sollten Kenntnisse in Schulungen auffrischen können
Patientenschulungen sind ein fester Bestandteil des DMP Diabetes mellitus Typ 2. Schulungen sollen an die Bedürfnisse, Lebenslagen und insbesondere an die kognitive Leistungsfähigkeit der älteren Menschen mit Diabetes angepasst sein. Das schließt wiederholte Schulungen zum Selbstmanagement ein, die geeignet sind, den HbA1c-Wert zu verbessern und ungeplante Klinikeinweisungen zu reduzieren.
Zusätzliche Themen definiert und Kernaussagen in Bericht aufgenommen
Ergänzend zur Untersuchung der bestehenden Leitlinien wurden auch Empfehlungen zu Themen identifiziert, die bisher nicht in der DMP-A-RL angesprochen werden: Impfungen, obstruktive Schlafapnoe, sexuelle Dysfunktion, Tumorerkrankungen und Pflege.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im Mai 2019 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im Oktober 2019 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.