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Fingolimod in neuem Anwendungsgebiet: Zusatznutzen nicht belegt

Für hochaktive RRMS mit anderer Vorbehandlung als Beta-Interferon fehlen Daten oder sie zeigen keine relevanten Unterschiede

(lifePR) (Köln, )
Das Immunsuppressivum Fingolimod (Handelsname Gilenya) wurde im Mai 2014 für ein erweitertes Anwendungsgebiet zugelassen: Es steht nun auch Erwachsenen mit einer hochaktiven und schubförmig-remittierend verlaufenden multiplen Sklerose (RRMS) zur Verfügung, die bisher eine andere Vorbehandlung als Beta-Interferon (IFN-β) erhalten hatten. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob der Wirkstoff bei dieser Patientengruppe gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.

Ein solcher Zusatznutzen ist demnach nicht belegt: Für einen Teil der Patientinnen und Patienten hat der Hersteller keine Daten vorgelegt, für einen anderen Teil zeigen die verfügbaren Studiendaten entweder keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen oder die Daten sind nicht verwertbar.

G-BA legt zweckmäßige Vergleichstherapie fest

Für die Bewertung unterscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zwischen zwei Patientengruppen: Bei Patientinnen und Patienten, deren RRMS trotz einer vollständigen Vorbehandlung (kein Beta-Interferon-) hochaktiv war, sollte Fingolimod mit Glatirameracetat oder Beta-Interferon verglichen werden. Bei Patienten, deren Vorbehandlung unvollständig geblieben war, differenziert der G-BA zwischen zwei Fallkonstellationen für die zweckmäßige Vergleichstherapie: Hatten die Patienten bisher Glatirameracetat bekommen, so sollte diese Medikation optimiert fortgesetzt werden. War bisher ein anderer Wirkstoff eingesetzt worden, sollte auf Beta-Interferon oder Glatirameracetat umgestellt werden.

Nur Daten weniger Studienteilnehmer für Bewertung relevant

Für die frühe Nutzenbewertung lag eine relevante Studie vor, eine Zulassungsstudie für Fingolimod (TRANSFORMS): Sie verglich die Behandlung von erwachsenen RRMS-Patienten mit Fingolimod mit der Behandlung mit Beta-Interferonen (IFN‑β 1a). Von den insgesamt 866 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war aber nur bei knapp der Hälfte die Erkrankung als "hochaktiv" einzustufen. Von diesen 402 Patienten hatten wiederum nur 263 eine vollständige Vorbehandlung bekommen.

Lediglich 42 Probanden, d. h. knapp fünf Prozent der gesamten Studienpopulation, waren dabei nicht mit Beta-Interferon behandelt worden (17 Patienten im Fingolimod-Arm, 25 im Beta-Interferon-Arm). Nur sie entsprechen aber der für diese Nutzenbewertung maßgeblichen Teilpopulation, denn nur für sie hatte Fingolimod die erweiterte Zulassung erhalten. Dass nur die Daten von wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verwertbar sind, schränkt die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich ein.

Unterschiede zwischen Studienarmen nicht statistisch signifikant

Todesfälle hatte es während der insgesamt zwölf Wochen laufenden Studie nicht gegeben. Was das Auftreten von Krankheitsschüben und das Fortschreiten der Behinderung betrifft, zeigten sich zwar Unterschiede zwischen der Fingolimod- und der Beta-Interferon-Gruppe, allerdings waren diese nicht statistisch signifikant.

Für andere Aspekte des Endpunkts Morbidität, beispielsweise Erschöpfung (Fatigue) oder Aktivitäten des täglichen Lebens, sowie für den Endpunkt gesundheitsbezogene Lebensqualität lagen für diejenige Patientengruppe, für die Fingolimod neu zugelassen worden war, keine verwertbaren Daten vor. Das liegt unter anderem daran, dass unterschiedlich große Anteile von Patienten bei der Auswertung nicht berücksichtigt wurden.

Bei den Nebenwirkungen (schwerwiegende unerwünschte Ereignisse und Abbruch der Behandlung wegen unerwünschter Ereignisse) gab es zwar Gruppenunterschiede, die aber wiederum nicht statistisch signifikant waren.

Dossier ohne relevante Studie zu Patienten mit unvollständiger Therapie

Für Patientinnen und Patienten, die keine vollständige Vorbehandlung erhalten hatten, legte der Hersteller in seinem Dossier keine relevante Studie vor.

Zusammenfassend ist ein Zusatznutzen von Fingolimod für Patientinnen und Patienten mit einer hochaktiven, schubförmig-remittierend verlaufenden multiplen Sklerose (RRMS), die bisher eine andere Vorbehandlung als Beta-Interferon erhalten hatten, deshalb nicht belegt.

Diskrepanz zwischen Zulassungs- und Studienpopulation

Fingolimod war 2011 für zwei Anwendungsgebiete zugelassen worden: für rasch fortschreitende, schwere RRMS sowie für hochaktive RRMS, die bereits mit Beta-Interferon vorbehandelt wurde. Für diese beiden Patientengruppen hatte das IQWiG im Januar 2012 eine Dossierbewertung gemäß AMNOG vorgelegt.

Bereits bei dieser ersten Bewertung war das Problem aufgetaucht, dass in die maßgebliche Studie Teilnehmer mit verschiedenen Ausprägungen einer RRMS eingeschlossen worden waren, die Behörden die Zulassung dann aber auf bestimmte, relativ kleine Patientengruppen eingeschränkt hatten. Und seit der Erstzulassung und -bewertung hat der Hersteller offenbar keine weiteren Studien für die Zulassungserweiterung durchgeführt.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G‑BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach § 35a SGB V als auch zur Bewertung von Fingolimod zu finden.

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