Auftrag stammt vom BMG
Auftraggeber des Instituts war das Bundesgesundheitsministerium (BMG), das neben dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als einzige Institution solche Expertisen beim IQWiG anfordern kann.
Die aus Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen zusammengesetzte Leitliniengruppe formulierte vorab insgesamt acht Schlüsselfragen, die das IQWiG bearbeiten sollte. Die Fragen reichen von der Gestaltung der Umgebung während der Geburt über den Einsatz von Ultraschalluntersuchungen in den verschiedenen Geburtsphasen bis zur Mobilisation während der Geburt.
Nicht zu allen Fragen sind gesicherte Aussagen möglich
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts feststellen, ist die Studienlage in Hinblick auf einige Aspekte der natürlichen Geburt nicht befriedigend. Teils fehlen Studien, teils sind die Ergebnisse nicht belastbar.
Das gilt etwa für Ultraschalluntersuchungen während der Geburt (intrapartal), weil hier lediglich Daten zur Bestimmung des Höhenstands des kindlichen Kopfs und zur Lage des Rückens in einer bestimmten Konstellation vorliegen. Im ersten Fall ist die Ultraschall-Diagnostik mit einer Zunahme der Kaiserschnitte assoziiert. Im zweiten Fall steigt dagegen die Zahl der Spontangeburten. Ursache sind die Maßnahmen, die durch den Ultraschall initiiert wurden.
Ob sich eine veränderte Umgebungsgestaltung, etwa durch Sitzmöbel oder Änderung von Raumtemperatur oder Beleuchtung, günstig oder ungünstig auf das Geburtserleben der Gebärenden auswirkt oder Kaiserschnitte durch solche Maßnahmen vermieden werden können, bleibt aufgrund der begrenzten Aussagekraft der Studien unklar. Allerdings hat sich gezeigt, dass weniger Wehenmittel gegeben werden müssen.
S3-Leitlinien werden systematisch entwickelt
Die neue S3-Leitlinie soll dazu beitragen, dass Hebammen und Entbindungspfleger sowie Ärztinnen und Ärzte die Geburt so begleiten können, wie es dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht.
Während für S1-Leitlinien, die noch rund 45 % aller Leitlinien ausmachen, lediglich ein „informeller Konsens“ der Autorinnen und Autoren aus der Fachgesellschaft erforderlich ist, müssen S3-Leitlinien „alle Elemente einer systematischen Entwicklung durchlaufen“. Das schließt unter anderem ein, dass wissenschaftliche Studien recherchiert und hinsichtlich ihrer methodischen Güte sowie ihrer klinischen Relevanz bewertet werden.
AWMF: Kooperation hat sich bewährt
„Recherche und Bewertung von klinischen Studien können sehr aufwendig sein, weshalb die Expertise des IQWiG eine wertvolle Unterstützung bedeutet“, erklärt Rainhild Schäfers (DGHWi), eine der Koordinatorinnen. „Und da wir uns bereits davon überzeugen konnten, dass alle acht Berichte eine hohe Qualität aufweisen, hat sich die Zusammenarbeit schon jetzt bewährt“, so Rainhild Schäfers. Auch die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.) betont die gute Kooperation mit dem IQWiG.
„Es war eine in allen Phasen des Projekts angenehme und konstruktive Kooperation“, erklärt IQWiG-Leiter Jürgen Windeler. „Wir freuen uns, dass wir im Fall der S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt einen Beitrag leisten können, die Versorgung von Schwangeren und ihren Babys zu verbessern. Die Ergebnisse unserer Nutzenbewertungen finden bislang nur selektiv und auf Umwegen Eingang in Leitlinien. Diesmal haben wir gezielt diejenigen Fragen bearbeitet, bei denen die Autorinnen und Autoren der Leitlinie Klärungsbedarf sehen. Das war ein Paradebeispiel für das Zusammenspiel von IQWiG und Fachgesellschaften“, so Jürgen Windeler.
Zum Ablauf der Berichterstellung
Den Auftrag erteilt hatte das BMG im September 2016. Die acht Teilberichte sowie ein zusammenfassender „Sachbericht“ wurden jeweils unmittelbar nach Fertigstellung, zwischen April 2017 und Dezember 2018, an den Auftraggeber verschickt. Alle Dokumente werden nun zeitgleich vom IQWiG publiziert.