Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das die EMA schon lange auf ihrem Weg zu mehr Transparenz begleitet, hat sich an der Konsultation beteiligt. Seine Stellungnahme ist nun auf der Website des Instituts nachzulesen.
Studiendaten sind keine Geschäftsgeheimnisse
Das EU-Parlament hat 2014 deutlich gemacht, dass Daten aus klinischen Studien im Allgemeinen keine Geschäftsgeheimnisse sind und nicht ohne Weiteres von der Veröffentlichung in der Datenbank ausgenommen werden können. Ausnahmen müssen gut begründet werden, und die Schwärzungen oder gar die Nichtveröffentlichung ganzer Dokumente dürfen keine vorrangigen öffentlichen Interessen beeinträchtigen - etwa die Gesundheit von Patientinnen und Patienten.
Voraussetzung für eine Datenbank, die diesen Vorgaben gerecht wird, ist eine präzise und enge Definition von Geschäftsgeheimnis ("commercially confidential information"). Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IQWiG haben den umfangreichen EMA-Entwurf durchleuchtet und an mehreren Stellen eine sehr weit gefasste Definition gefunden. "Die Entscheidung, welche Daten geheim bleiben, wird so mehr oder weniger denen überlassen, die solche Studien durchführen", erklärt Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung. "Das widerspricht dem Geist der EU-Verordnung und dem Ziel der Transparenz in der klinischen Forschung. Darüber hinaus wäre eine Nichtveröffentlichung oder eine stark verzögerte Veröffentlichung von Studienergebnissen und -methoden auch nicht mit ethischen Grundsätzen für Studien an Menschen vereinbar, wie sie etwa in der Deklaration von Helsinki niedergelegt sind."
Patienteninteressen müssen vor Partikularinteressen gehen
Der Standpunkt des IQWiG: Weder die Ergebnisse noch die Methoden klinischer Studien sind Geschäftsgeheimnisse. Partikularinteressen müssen sich dem öffentlichen Interesse an einer zügigen und vollständigen Veröffentlichung solcher Daten und Dokumente unterordnen, insbesondere dem Interesse der Patientinnen und Patienten an gründlichen Bewertungen ihrer Behandlungsoptionen. Diesem in der neuen EU-Verordnung artikulierten Paradigmenwechsel wird der EMA-Entwurf an einigen Stellen nicht gerecht.
Sogar bei Studien, in die öffentliche Gelder geflossen sind, lässt die EMA ein Hintertürchen offen: Wenn zum Beispiel eine Veröffentlichung der Studiendaten die Einwerbung weiterer Drittmittel beeinträchtigen könnte, sollen die Studienverantwortlichen die entsprechenden Angaben schwärzen dürfen. Auch eine geplante Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift soll ausreichen, um Daten zurückzuhalten. "Gerade dieses Beispiel macht die Unausgewogenheit des EMA-Entwurfs deutlich", so Wieseler. "Der Wunsch einer Forschergruppe, einen Aufsatz zu publizieren, der womöglich nicht einmal frei zugänglich ist, hat nach unserer Überzeugung hinter dem öffentlichen Interesse zurückzustehen."
Ihr Fazit: "Eine Nichtveröffentlichung bestimmter Angaben muss die absolute Ausnahme bleiben. Wer in seinen Unterlagen Schwärzungen vornehmen will, muss dies in jedem Einzelfall konkret gegenüber der EMA begründen, und die EMA muss die Begründungen akribisch prüfen", fordert Wieseler.