Fokussierte Recherchen lieferten umfangreiche und aussagekräftige Evidenz für die Diagnose einer KHK durch nicht invasive Verfahren: Randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und evidenzbasierte Leitlinien enthalten geeignete Daten zu Vor- und Nachteilen beider Verfahren.
Koronare Herzkrankheit: häufigste Todesursache bei Erwachsenen
Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen die häufigste Todesursache im Erwachsenenalter in Deutschland: Einlagerungen in den Herzkranzgefäßen (Arteriosklerose) führen zu Gefäßverengungen (Stenosen) und dadurch zu einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels (myokardiale Ischämie). Typische Symptome sind Schmerzen und Engegefühl in der Brust mit Atemnot (Angina pectoris).
Eine chronische KHK kann aber auch fast oder ganz ohne andere Symptome als Atemnot bestehen. Deshalb ist eine genaue Diagnose essenziell für die richtige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Welches Diagnoseverfahren im Einzelfall zum Einsatz kommt, richtet sich hauptsächlich nach dem individuellen Risiko für eine KHK – abhängig von Alter, Geschlecht, Symptomatik, Unverträglichkeiten – und nach den Testrisiken (z. B. Strahlenexposition bei CT), Geräteausstattung und Expertise vor Ort.
Nachweis von Stenosen oder ihren Folgen
Für den Nachweis einer chronischen KHK kommen verschiedene bildgebende Verfahren infrage: Neben der invasiven Koronarangiografie (ICA) mittels Linksherzkatheter können einige nicht invasive Verfahren wie die computertomografische Angiografie (CTA) oder Stress-Diagnostik mittels Magnetresonanztomografie (MRT) angewendet werden. Die ICA und die CTA sind morphologische Verfahren und weisen Stenosen zwar direkt nach, lassen allerdings nicht unbedingt auf eine Ischämie schließen. Die CTA ist aktuell das einzige verfügbare nicht invasive morphologische Verfahren für eine KHK-Diagnose.
Bei funktionellen Verfahren wie der nicht invasiven Stress-MRT-Diagnostik werden dagegen die Folgen von Stenosen für die Durchblutung des Herzmuskels untersucht: So wird bei der Stress-MRT-Diagnostik geprüft, wie das Herz unter stimulierterBelastung funktioniert.
Systematische Übersichten auf RCT-Basis und Leitlinien
Die Recherche nach aktuellen systematischen Übersichten identifizierte 24 relevante Reviews für die Evidenzkartierung. Aggregierte Ergebnisse zu ausgewählten Endpunkten (Gesamtmortalität, Myokardinfarkt etc.) aus neun RCT-basierten systematischen Übersichten wurden verglichen mit der jeweiligen Standardversorgung (u. a. nicht invasive funktionelle Verfahren). Für die Stress-MRT lagen zwar mit einem systematischen Review nur unzureichende Daten vor, doch könnte sich dies durch die Ergebnisse aus zwischenzeitlich (seit März 2020) veröffentlichten Studien ändern.
Die Ergebnisse zeigten, dass Myokardinfarkte nach einer CTA-basierten Diagnose seltener auftraten. Ob dabei möglicherweise eine effektivere Therapieplanung nach einer CTA eine Rolle spielt, ist offen. Doch wurde nach einer CTA häufig noch eine ICA durchgeführt, ohne dass bisher die Gründe dafür deutlich wurden. Nach einem MRT wurden weniger ICAs durchgeführt. Die detaillierte Prüfung und Interpretation dieser Ergebnisse war allerdings kein Thema der Evidenzrecherche. Dies kann nur eine Nutzenbewertung leisten.
Drei evidenzbasierte Leitlinien, darunter die nationale VersorgungsLeitlinie (NVL), empfehlen übereinstimmend nicht invasive Verfahren als ersten Test zur Diagnose einer chronischen KHK.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der vorliegende Bericht wurde in Form eines Arbeitspapiers im Rahmen des Generalauftrags erstellt. Diesen hat der G-BA dem IQWiG im Dezember 2004 erteilt, um die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Institutes zu stärken. Das ermöglicht es dem IQWiG, eigenständig Themen aufzugreifen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Im Unterschied zu anderen Berichtsformen gibt es keine Fristen für die Publikation von Arbeitspapieren. Das Arbeitspapier wurde am 2. Juni 2020 an den G-BA versandt.