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Pulsoxymetrie-Screening bei Neugeborenen: Anhaltspunkt für Nutzen bei kritischen angeborenen Herzfehlern

Mit Screening werden mehr Fälle entdeckt als ohne

(lifePR) (Köln, )
Für ein Pulsoxymetrie-Screening von Neugeborenen auf kritische angeborene Herzfehler, das die bisherigen Standarduntersuchungen ergänzt, gibt es einen Anhaltspunkt für einen Nutzen: Mit dem zusätzlichen Screening werden mehr Fälle entdeckt als mit den beiden klinischen Untersuchung U1 und U2 allein. So können mehr Neugeborene frühzeitig behandelt und vor schweren Folgeschäden geschützt werden.

Für eine Abwägung des Nutzens und Schadens der Diagnose anderer Erkrankungen, die beim Pulsoxymetrie-Screening zusätzlich entdeckt werden, reicht die Datenbasis nicht aus. Zu diesem Ergebnis kommt ein am 6. Mai 2015 veröffentlichter Abschlussbericht, den das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erstellt hat.

Je früher die Diagnose, desto besser die Chancen

Einige angeborene Herzfehler, also Fehlbildungen am Herzen oder an herznahen Gefäßen, können nach der Geburt schnell zu lebensbedrohlichen Störungen des Herz-Kreislauf-Systems führen. Solche kritischen angeborenen Herzfehler (kAHF) kommen in Deutschland bei etwa einem von 1000 Kindern vor. Je früher sie diagnostiziert werden, desto besser lassen sich Folgeschäden und Todesfälle durch eine frühzeitige Behandlung verhindern.

In Deutschland werden bei der ersten und zweiten klinischen Untersuchung nach der Geburt (U1 und U2) regelmäßig auch Herz und Pulsschlag von Neugeborenen überprüft. Bei einem auffälligen Befund wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um einen möglichen Herzfehler abzuklären.

Ergänzende Pulsoxymetrie soll diagnostische Lücke verkleinern

Doch ein Fünftel bis ein Viertel der kritischen angeborenen Herzfehler wird bei der U1 und der U2 nicht erkannt. Diese diagnostische Lücke soll die zusätzliche Pulsoxymetrie schließen: Über die Haut werden dabei die Sauerstoffsättigung des kindlichen Blutes und die Pulsfrequenz gemessen.

Gesunde Neugeborene haben durch diese nicht invasive Untersuchung keinen Nachteil. Ein auffälliger pulsoxymetrischer Befund kann allerdings auch ein Zeichen für andere Erkrankungen sein, etwa eine Lungenerkrankung. Deren Diagnose kann zu diesem frühen Zeitpunkt möglicherweise unnötige Untersuchungen und Behandlungen auslösen.

Interventionsstudie unterstützt die Hypothese

In die nunmehr abgeschlossene Nutzenbewertung gingen insgesamt sechs Studien ein: eine vergleichende Interventionsstudie und fünf Studien zur Bewertung der diagnostischen Güte. Diese Testgüte-Studien kamen für die Bewertung infrage, weil davon auszugehen ist, dass eine frühzeitige Diagnose und Therapie der kAHF Komplikationen und Todesfälle verhindern kann.

Die Interventionsstudie verglich klinische Routineuntersuchungen Neugeborener mit und ohne ergänzendes Pulsoxymetrie-Screening. In der Interventionsgruppe war der Anteil von Neugeborenen, bei denen ein kAHF festgestellt wurde, etwas höher (0,13 Prozent) als in der Kontrollgruppe (0,10 Prozent). Außerdem traten schwere präoperative Azidosen (Übersäuerungen des Blutes) als weitere Anzeichen für eine Unterversorgung mit Sauerstoff deutlich seltener auf als in der Kontrollgruppe.

Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass ein zusätzliches Pulsoxymetrie-Screening die krankheitsbedingte Morbidität bei Neugeborenen mit kAHF verringert. Da die Studie nicht randomisiert war und man Störfaktoren (Confounder) nicht ausschließen kann, lässt sich aus ihr allein aber kein Nutzen der Intervention ableiten.

Testgüte-Studien bestätigen Nutzen

Die fünf Studien zur diagnostischen Güte zeigen übereinstimmend, dass mit dem Pulsoxymetrie-Screening zusätzliche Neugeborene mit kAHF entdeckt werden können, die in der klinischen Routineuntersuchung unauffällig waren: Um ein zusätzliches Kind mit kAHF zu finden, mussten in den Studien zwischen 421 und 7100 asymptomatische Neugeborene pulsoxymetrisch gescreent werden. Unter der Annahme, dass bei kAHF eine frühere Intervention Vorteile hat, leitet das IQWiG aus diesen Ergebnissen einen Anhaltpunkt für einen Nutzen des Pulsoxymetrie-Screenings als Ergänzung der Routineuntersuchungen ab.

Wegen großer Unterschiede zwischen den Studien lassen sich die Ergebnisse aber nicht in einer Meta-Analyse gemeinsam auswerten. Auch klare Empfehlungen für eine Screening-Strategie (Zeitpunkt, Messorte, Grenzwerte etc.) sind auf dieser Basis nicht möglich.

Risiko von Überdiagnose und Übertherapie

Die Ergebnisse der Testgüte-Studien haben eine große Spannbreite: Ein Viertel bis drei Viertel der Neugeborenen, bei denen man im Pulsoxymetrie-Screening auffällige Befunde feststellte, hatten tatsächlich keinen kAHF. Bei diesen Fällen handelt es sich entweder um falsch-positive Befunde oder um nicht kritische Herzfehler oder andere Erkrankungen, bei denen ein Nutzen oder Schaden einer früheren Diagnose und Therapie ungeklärt ist. Eltern sollten im Vorfeld eines solchen Screenings stets darüber informiert werden, dass falsch-positive Untersuchungsergebnisse möglich sind.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im November 2014 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im März 2015 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.

Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Abschlussberichts gibt die Kurzfassung.

Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.

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