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Radium-223-dichlorid bei Prostatakrebs: Erheblicher Zusatznutzen für bestimmte Patienten

Im Vergleich mit BSC: Patienten überleben länger und bekommen Knochenbeschwerden erst später / Keine verwertbaren Daten im Vergleich mit Docetaxel

(lifePR) (Köln, )
Radium-223-dichlorid (kurz: Radium-223, Handelsname Xofigo) ist seit November 2013 zugelassen für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs, bei denen eine Hormonblockade nicht mehr wirkt, und symptomatischen Knochenmetastasen, aber ohne Metastasen in den Eingeweiden. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff gegenüber der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.

Für den Vergleich mit Docetaxel bei Patienten, bei denen die Lebensverlängerung vorrangiges Therapieziel war, lagen keine verwertbaren Daten vor. Deshalb ist ein Zusatznutzen dafür nicht belegt.

Für den Vergleich mit best supportive care (BSC) gibt es in Abhängigkeit vom Alter der Patienten und von der Begleittherapie (mit/ohne Bisphosphonate) einen Hinweis auf einen erheblichen beziehungsweise einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen von Radium-223.

Keine validen Daten für den Vergleich mit Docetaxel-Kombinationstherapie

Radium-223-dichlorid ist radioaktiv und reichert sich hauptsächlich im Knochen an. Der Wirkstoff soll durch Bestrahlung aus der Nähe das Wachstum der Knochenmetastasen hemmen. Haben sich zusätzlich Metastasen in den Organen gebildet, sollte der Wirkstoff nicht angewendet werden. Für andere Personen geht von der Strahlung keine Gefahr aus.

Stand therapeutisch die Lebensverlängerung im Vordergrund und kamen die Patienten für eine Therapie mit Docetaxel infrage, hatte der G-BA Docetaxel in Kombination mit Prednison oder Prednisolon als zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt (Docetaxel-Population). Für diesen Vergleich lagen allerdings keine verwertbaren Daten vor. Deshalb ist ein Zusatznutzen von Radium 223 für diese Teilpopulation nicht belegt.

BSC als Vergleichstherapie bei Therapieziel Symptomkontrolle

Kam für die Patienten eine Behandlung mit Docetaxel nicht infrage oder war das vorrangige Therapieziel die Linderung von Beschwerden, die sogenannte Symptomkontrolle, und das Vermeiden von Komplikationen, hatte der G-BA als zweckmäßige Vergleichstherapie „best supportive care“ (BSC) bestimmt (BSC-Population). Darunter wird diejenige Therapie verstanden, die eine bestmögliche, patientenindividuell optimierte, unterstützende Behandlung zur Linderung von Symptomen und zur Verbesserung der Lebensqualität gewährleistet. Dazu zählen insbesondere eine adäquate Schmerztherapie, die Behandlung mit Biphosphonaten und/oder Radionukliden.

Zulassungsstudie als Bewertungsgrundlage

Grundlage für die Nutzenbewertung von Radium-223 im Vergleich zu BSC war eine randomisierte und kontrollierte Zulassungsstudie BC1 06 (ALSYMPCA). Daran haben weltweit 921 Patienten teilgenommen, im Durchschnitt (Median) 70 bis 71 Jahre alt. Zwei Drittel der Patienten erhielten Radium-223 + BSC, die übrigen ein Placebo + BSC.

Für den größten Teil der Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, war Docetaxel nicht geeignet, da ihre Erkrankung trotz einer Vorbehandlung mit diesem Wirkstoff fortgeschritten war (ca. 57 %). Für die übrigen Patienten wurde in der Bewertung davon ausgegangen, dass sie sich im Wesentlichen aktiv gegen eine Behandlung mit Docetaxel entschieden hatten. Die Studienpopulation war somit eine adäquate Annäherung an die BSC-Population. Etwa 40 % der Patienten waren begleitend mit Bisphosphonaten behandelt worden.

Die außerdem von Hersteller angeführte Studie BC1 02 wurde nicht berücksichtigt, weil dabei Radium-223 nicht zulassungskonform angewendet wurde.

Unsichere Ergebnisse zu Nebenwirkungen und Lebensqualität

Daten lagen für die Endpunkte Gesamtüberleben, die Zeit bis zur ersten skelettbezogenen Komplikation, zu unerwünschten Ereignissen und zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität vor. Die Ergebnisse zu schweren und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen (z. B. Schmerzen), zum Abbruch wegen solcher Ereignisse und zum Auftreten von Durchfall sind allerdings unsicher. Die vom Hersteller vorgelegten Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind entweder nicht verwertbar (EQ 5D) oder mit großer Unsicherheit behaftet (FACT-P).

Ausmaß des Überlebensvorteils ist abhängig vom Alter

Im Radium-223-Arm der Studie überlebten die Patienten länger als in der Kontrollgruppe, allerdings ist das Ausmaß des Zusatznutzens abhängig von Alter: Bei Männern jünger als 65 Jahre ergibt sich für Radium-223 ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. Bei über 65-Jährigen lässt sich für Radium-223 nur ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen feststellen.

Knochenbeschwerden treten später auf

Auch bezüglich der Krankheitslast (Morbidität) zeigt Radium-223 Vorteile für Patienten. Knochenbeschwerden traten bei Männern, die mit Radium 223 + BSC behandelt wurden, deutlich später auf als bei der Behandlung mit BSC alleine. Für das Ausmaß des Zusatznutzens spielte die Begleittherapie mit Bisphosphonaten eine Rolle: Für Patienten mit Bisphosphonat-Behandlung ergibt sich ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen, für Patienten ohne diese Begleittherapie dagegen nur ein Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren (maximal beträchtlichen) Zusatznutzen von Radium 223 mit BSC im Vergleich zu BSC.

Weniger Nebenwirkungen bei den meisten Patienten

Werden Patienten mit Radium-223 behandelt, haben die meisten auch weniger Nebenwirkungen: Bei schwerwiegenden/schweren Nebenwirkungen zeigen sich maximal Hinweise auf einen geringeren Schaden von Radium-223 + BSC im Vergleich zu BSC mit höchstens geringem Ausmaß. Dieser geringere Schaden kommt vermutlich durch Nebenwirkungen zustande, die auf einen vermehrten Einsatz von Arzneimitteln (z. B. Schmerzmittel) in der Placebo + BSC-Gruppe zurückzuführen sind.

Dem steht ein Anhaltspunkt für einen beträchtlich größeren Schaden von Radium-223 + BSC gegenüber wegen häufigerer, aber nie schwerer Durchfälle bei Patienten ohne Docetaxel-Vorbehandlung. Dieser größere Schaden stellt die Gesamteinschätzung nicht infrage.

Gesamtschau: Zusatznutzen nur für eine Patientenpopulation

Zusammenfassend ergibt sich in der BSC-Population ein Zusatznutzen abhängig von Alter und Bisphosphonat-Begleittherapie: Bei Patienten jünger als 65 Jahre und auch bei Patienten älter als 65 Jahre, die mit Bisphosphonat behandelt wurden, stellt das IQWiG jeweils einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Radium-223 + BSC gegenüber BSC als der zweckmäßigen Vergleichstherapie fest. Bei Patienten älter als 65 Jahre ohne Bisphosphonat-Begleittherapie lässt sich ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen für Radium-223 ableiten.

Das längere Gesamtüberleben, die Verzögerung des Auftretens von Knochenbeschwerden und weniger Nebenwirkungen waren in dieser Gesamtschau ausschlaggebend für den Zusatznutzen von Radium-223 + BSC im Vergleich zu BSC.

Für die Docetaxel-Population lagen keine verwertbaren Daten vor. Deshalb ist ein Zusatznutzen von Radium 223 für diese Teilpopulation nicht belegt.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website Gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Radium-223-dichlorid zu finden.

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Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können

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