Das Ergebnis des jetzt veröffentlichten Vorberichts: Für drei der im Bericht unterschiedenen Therapiesituationen lassen sich Anhaltspunkte für Vor- oder Nachteile einzelner Wirkstoffe gegenüber anderen Biologika ermitteln – allerdings nur in wenigen patientenrelevanten Endpunkten.
Wirkstoffe aus Zellkulturen
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung und die häufigste Form der chronisch entzündlichen Gelenkerkrankungen. Die Patientinnen und Patienten leiden unter Schmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung, depressiven Verstimmungen, Funktionseinschränkungen und damit einhergehendem Verlust von Lebensqualität, Selbstständigkeit und Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben. Vorrangiges Behandlungsziel ist es daher, sie weitgehend von Krankheitssymptomen zu befreien und die Gelenkzerstörung zu verzögern oder zu verhindern (Remission).
Zur medikamentösen Behandlung werden unter anderem erkrankungsmodifizierende Antirheumatika (Disease-Modifying Antirheumatic Drugs, DMARD) eingesetzt, die anders als Entzündungshemmer in den Erkrankungsmechanismus selbst eingreifen. Biotechnologisch hergestellte DMARD (bDMARD), sogenannte Biologika, werden aus Zellkulturen gewonnen. Sie greifen an verschiedenen Stellen des Entzündungsprozesses an. Die meisten hemmen den sogenannten Tumornekrosefaktor(TNF)-α, der das Entzündungsgeschehen beeinflusst.
Für drei Therapiesituationen Fazit gezogen
Bereits 2013 hat das IQWiG eine Nutzenbewertung von neun Biologika für Fälle vorgelegt, in denen eine vorangegangene Therapie nicht den gewünschten Erfolg brachte oder gar nicht wirkte. Für jeden der Wirkstoffe gab es einen Beleg, einen Hinweis oder zumindest einen Anhaltspunkt für einen Nutzen in Bezug auf mindestens einen patientenrelevanten Endpunkt. Allerdings gab es kaum Studien, in denen mehrere Biologika direkt miteinander verglichen wurden.
Seit der Zulassung der ersten Biologika sind nun etwa 18 Jahre vergangen, sodass man annehmen sollte, dass es inzwischen mehr Vergleichsstudien gibt. Daher hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG mit einer Nutzenbewertung von Biologika im Vergleich untereinander beauftragt, und zwar in der Erstlinientherapie und in weiteren Therapielinien. Neben direkten Vergleichen zwischen Biologika sollten dabei auch geeignete indirekte Vergleiche betrachtet werden.
Das IQWiG hat 120 relevante Studien ausfindig gemacht. Für vier von sieben Therapiesituationen ist die Datenlage dennoch unzureichend. Ein Fazit ließ sich somit für die Erstlinientherapie und für nachfolgende Therapien nach Methotrexat-Versagen oder Versagen eines anderen Biologikums ziehen.
Unterschiede nur bei wenigen Endpunkten
In der Erstlinientherapie gibt es für die Kombination mit Methotrexat im primären Therapieziel, der klinischen Remission, keinen Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen eines Biologikums gegenüber den anderen. Eine niedrige Krankheitsaktivität war mit Adalimumab und mit Etanercept besser zu erreichen als mit Certolizumab Pegol oder Tocilizumab (jeweils Anhaltspunkt für höheren Nutzen).
Nach dem Versagen von Methotrexat können die Patienten Methotrexat in Kombination mit einem Biologikum erhalten. In dieser Therapiesituation ergibt sich für vier Wirkstoffe (Abatacept, Adalimumab, Certolizumab Pegol und Golimumab) im Endpunkt klinische Remission jeweils ein Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen gegenüber Anakinra. Anhaltspunkte gibt es auch für einen höheren Nutzen von Abatacept, Adalimumab und Infliximab gegenüber Anakinra im Endpunkt niedrige Krankheitsaktivität, für einen höheren Nutzen von Golimumab gegenüber Anakinra im Endpunkt gesundheitsbezogene Lebensqualität, für einen höheren Schaden von Certolizumab Pegol gegenüber den meisten anderen Biologika in mehreren Endpunkten und für einen höheren Schaden von Adalimumab und Golimumab gegenüber Infliximab in puncto schwerwiegende Infektionen.
Bei einem Wechsel nach dem Versagen eines anderen Biologikums gibt es für keinen patientenrelevanten Endpunkt einen Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen eines Biologikums gegenüber den anderen.
Hersteller stellten Zusatzauswertungen zur Verfügung
Für die Endpunkte klinische Remission und niedrige Krankheitsaktivität hat das IQWiG bei den Herstellern Zusatzauswertungen angefragt, die diese ganz überwiegend auch übermittelt haben. So war es erstmals möglich, Vergleiche der Biologika auf Basis aktueller Definitionen dieser Endpunkte durchzuführen.
Da es nach wie vor kaum Studien gibt, in denen Biologika direkt miteinander verglichen werden, hat das Institut zahlreiche indirekte Vergleiche angestellt, bei denen der Nutzen und Schaden der Biologika über die jeweiligen Vergleichstherapien der Einzelstudien zueinander in Beziehung gesetzt wird.
„Doch auch noch so akribische indirekte Vergleiche können Langzeitstudien und direkte Vergleiche nicht vollständig ersetzen“, erklärt Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG. „Wenn man bedenkt, wie häufig Rheuma ist, wie sehr die Betroffenen unter der Krankheit leiden und wie lange diese Wirkstoffe nun schon auf dem Markt sind, ist dieser Mangel nicht nachzuvollziehen.“
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Den vorläufigen Berichtsplan für dieses vom G-BA in Auftrag gegebene Projekt hatte das IQWiG im März 2017 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im Juli 2017 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offenlassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.