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Rilpivirin bei HIV: Zusatznutzen für Monopräparat belegt

Dossier für Kombinationspräparat inhaltlich unvollständig: Vorhandene Studiendaten nicht adäquat ausgewertet

(lifePR) (Köln, )
Seit Anfang 2012 steht erwachsenen Patientinnen und Patienten, die mit dem Humanen Immundefizit-Virus Typ1 (HIV-1) infiziert sind, auch der Arzneistoff Rilpivirin zur Verfügung. Es gibt ihn sowohl als Monopräparat (Handelsname Edurant ®) als auch in fester Kombination mit anderen HIV-Medikamenten (Handelsname Eviplera ®). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun bei zwei frühen Nutzenbewertungen gemäß AMNOG überprüft, ob die beiden neuen Medikamente gegenüber den bisherigen Standardtherapien Vorteile haben.

Demnach gibt es Belege, dass Rilpivirin als Einzelwirkstoff Männern, die mit HIV-1 infiziert sind, einen beträchtlichen Zusatznutzen bietet. Für Frauen liefern die verfügbaren Studien entsprechende Hinweise.

Für die Fixkombination lässt sich aus dem Dossier des Herstellers ein Zusatznutzen dagegen nicht ableiten - und das obwohl beiden pharmazeutischen Unternehmen dieselben Studien zur Verfügung standen. Denn im Unterschied zum Hersteller des Monopräparats hat der Hersteller des Kombinationspräparats die Studiendaten nicht in angemessener Weise ausgewertet. Sein Dossier ist deshalb inhaltlich unvollständig.

G-BA bestimmt Efavirenz als zweckmäßige Vergleichstherapie

Zwei pharmazeutische Unternehmen haben den neuen Wirkstoff zeitgleich in Deutschland eingeführt, einmal als Monopräparat und einmal in einer festen Kombination mit Emtricitabin und Tenofovir. Sie sind für Erwachsene zugelassen, die zum ersten Mal eine gezielt gegen die Vermehrung der Viren gerichtete Therapie beginnen und bei denen sich maximal 100.000 Virenbestandteile pro Milliliter im Blut nachweisen lassen.

Als zweckmäßige Vergleichstherapie hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) jeweils Efavirenz in Kombination mit einer aus weiteren Wirkstoffen bestehenden sogenannten Sockeltherapie festgelegt.

Studien zu Monopräparat auch für Fixkombination relevant

Insgesamt lagen die Ergebnisse aus drei Studien vor. Für die beiden größten Studien standen zum Zeitpunkt der Bewertung nur Auswertungen nach 48 Wochen vollständig zur Verfügung, weshalb sich das IQWiG auf diese Auswertungen stützt.

In allen drei Studien wurde Rivilpirin als Einzelsubstanz getestet. Dennoch sind die Ergebnisse auch für die Bewertung des Kombinationspräparats relevant. Denn die Dosierung von Rilpivirin, Emtricitabin und Tenofovir, die in diesen Studien verabreicht wurde, entspricht exakt der Dosierung in der Fixkombination.

Viruslast ist ausreichend valides Ersatzkennzeichen

Der Hersteller des Monopräparats legte in seinem Dossier keine Daten zum patientenrelevanten Endpunkt "AIDS-definierenden Erkrankungen/Tod", d.h. zum Ausbrechen der AIDS-Erkrankung und zum Überleben vor. Er zog ersatzweise Ergebnisse zur sogenannten Viruslast heran, um den Zusatznutzen zu belegen. Viruslast bezeichnet die Zahl von Virenbestandteilen im Blut und zeigt an, wie aktiv HIV ist.

Das IQWiG hält dieses sogenannte Surrogat prinzipiell für valide, d.h. für aussagekräftig. Denn Patientinnen und Patienten, bei denen die Zahl der Viren anhaltend unter die Nachweisgrenze gedrückt werden kann, haben nach derzeitigem Stand des Wissens ein geringeres Risiko an AIDS zu erkranken oder zu sterben. Unklar ist allerdings, ob eine Behandlung einen ebenso großen Effekt auf den patientenrelevanten Endpunkt wie auf das Surrogat hat.

Effekt hängt vom Geschlecht ab

Was die Verminderung der Viruslast betrifft, zeigte sich in den drei Studien ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten von Rilpivirin. Wie in diesem Dossier vorgelegte Daten zu Untergruppen ergaben, trifft dies jedoch nur auf männliche Patienten zu. Das heißt, das Geschlecht ist hier ein sogenannter Effektmodifikator. Deshalb sieht das IQWiG bei mit HIV-1 infizierten Männern, nicht jedoch bei Frauen einen Beleg für einen Zusatznutzen. Aufgrund der beschriebenen Unsicherheit, was die Größe auf den patientenrelevanten Endpunkt betrifft, lässt sich das Ausmaß dieses Zusatznutzens nicht bestimmen ("nicht quantifizierbar").

Weniger neurologische Nebenwirkungen

Vorteile hat Rivilpirin als Monopräparat auch bei Nebenwirkungen: Sogenannte neurologische Ereignisse wie etwa Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit traten hier seltener auf. Die vom Hersteller vorgelegte Auswertung hat jedoch einige Unsicherheiten, weshalb das IQWiG hier keinen Beleg, sondern nur einen Hinweis auf einen geringeren Schaden von Rilpivirin gegenüber Efavirenz sieht.

In der Gesamtschau der Ergebnisse zu Nebenwirkungen und der Viruslast geht das Institut bei männlichen Patienten von einem Beleg für einen beträchtlichen Zusatznutzen aus, bei Frauen von einem entsprechenden Hinweis.

Keine Belege für Zusatznutzen der Fixkombination

Im Unterschied zum Monopräparat fehlen bei der fixen Kombination von Rilpivirin, Emtricitabin und Tenofovir Belege für einen Zusatznutzen. Der Hersteller hat die verfügbaren Daten in seinem Dossier nicht in angemessener Weise ausgewertet.

Die in jedem Dossier regelhaft geforderten Subgruppenanalysen führt der Hersteller nicht durch (Alter, Geschlecht, Krankheitsschwere etc.). Und dies, obwohl er sich auf dieselben Studien bezieht wie der Hersteller des Rilpivirin-Monopräparats, in denen sich das Geschlecht als Effektmodifikator erwiesen hatte. Gerade unter diesen Umständen sind entsprechende Subgruppenanalysen aber unverzichtbar. Die notwendigen Daten, die der Hersteller dazu in angemessener Weise hätten auswerten müssen, lagen ihm vor. Der pharmazeutische Unternehmer begründet auch nicht, warum er die Subgruppenanalysen nicht geliefert hat.

Darüber hinaus schließt er eine Studie aus, obwohl sie relevante Informationen enthält. Im Dossier des Monopräparats hat der Hersteller diese Studie dementsprechend auch einbezogen.

Angesichts dieser Defizite sah sich das IQWiG gezwungen, das Dossier für "inhaltlich unvollständig" zu erklären.

Dossiers sind von höchst unterschiedlicher Qualität

"Was bei der Bewertung von Rilpivirin ins Auge sticht, ist die höchst unterschiedliche Qualität der beiden Dossiers - und das bei praktisch identischer Datenbasis", kommentiert Institutsleiter Jürgen Windeler. "Während ein Hersteller alle verfügbaren Daten heranzieht und angemessen aufbereitet, schließt der andere eine inhaltlich relevante Studie ganz aus und wertet auch die beiden übrigen nicht angemessen aus." Die Beweggründe seien völlig unklar.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie allgemeinverständliche Kurzinformationen zu Rilpivirin und Rilpivirin/Emtricitabin/Tenofovir.

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zum Verfahren der Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Rilpivirin und von Rilpivirin/Emtricitabin/Tenofovir zu finden.

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