Unter Einbezug von zusätzlichen Auswertungen, die der Hersteller im Stellungnahmeverfahren beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingereicht hat, kommt das Institut nun jedoch zu einem anderen Ergebnis: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt, da positive Effekte durch negative infrage gestellt werden.
Nicht schwere Blutungen deutlich häufiger
Das Dossier hatte lediglich Daten zu schweren Blutungen enthalten. Zu nicht schweren Blutungen, die klinisch aber relevant sind, hatten sie gefehlt. Die Ergebnisse der vom Hersteller nachgereichten Auswertungen fallen zuungunsten von Ticagrelor aus: Weil diese Blutungen deutlich häufiger auftreten als unter der ASS-Monotherapie, sieht das IQWiG hier einen Beleg für einen höheren Schaden mit dem Ausmaß „beträchtlich“.
Keine Daten zu Lebensqualität
Hinzu kommt, dass Daten zur Lebensqualität fehlen. Dabei hat dieses Zielkriterium gerade bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) eine hohe Bedeutung, erst recht angesichts von Nebenwirkungen wie etwa der Luftnot (Dyspnoen). Die gerade in überarbeiteter Fassung publizierte Nationale Versorgungsleitlinie chronische KHK nennt die „krankheitsbezogene Lebensqualität“ bei den Behandlungszielen an erster Stelle.
Da zum einen für einen zusätzlichen Endpunkt ein höherer Schaden belegt ist, zum anderen keine Daten zur Lebensqualität vorliegen, werden die positiven Effekte, u. a. bei Sterblichkeit und Folgekomplikationen, durch die negativen Effekte infrage gestellt. In der Gesamtschau lässt sich aus den Daten kein Zusatznutzen von Ticagrelor plus ASS im Vergleich zur ASS-Monotherapie ableiten.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und IQWiG-Dossierbewertung reichte der Hersteller im Stellungnahmeverfahren ergänzende Informationen nach. Der G-BA beauftragte daraufhin das IQWiG mit deren Bewertung, die das Institut nun in Form eines Addendums vorlegt. Der G-BA fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.