G-BA bestimmt Krankengymnastik als zweckmäßige Vergleichstherapie
MS ist eine chronische, nicht heilbare entzündliche Erkrankung, bei der das eigene Immunsystem Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark schädigt. Bei manchen Patientinnen und Patienten sind Teile der Muskulatur dauerhaft verkrampft oder gelähmt. Wenn die Erkrankung weiter fortgeschritten ist, können Betroffene eine Gehbehinderung entwickeln.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Krankengymnastik als zweckmäßige Vergleichstherapie für die Nutzenbewertung festgelegt, wobei diese den Anforderungen der Heilmittelrichtlinie entsprechen muss. Zudem müssen die Patientinnen und Patienten eine optimierte Standardtherapie für MS erhalten.
Anforderungen an indirekten Vergleich nicht erfüllt
Studien, die die Behandlungen mit Fampridin und mit Physiotherapie direkt miteinander vergleichen, gibt es nicht. Ersatzweise legt der pharmazeutische Unternehmer Daten aus einem indirekten Vergleich vor. Sie stammen aus Studien, in denen jeweils Fampiridin gegen ein Scheinmedikament oder Krankengymnastik gegen "keine Behandlung" getestet wurden.
Zwar sieht die Rechtsverordnung zum AMNOG ausdrücklich vor, dass es möglich ist, einen Zusatznutzen auch mittels indirekter Vergleiche zu belegen. Allerdings gelten hier bestimmte methodische Voraussetzungen, die der Hersteller in seinem Dossier zu Fampridin nicht erfüllt.
Behinderungsgrad unterscheidet sich deutlich
Zudem sind die Studien, die der pharmazeutische Unternehmer zur Physiotherapie ausgewertet hat, nicht verwertbar. Denn im Gegensatz zu den Studien zu Fampridin wurden dort auch Patientinnen und Patienten mit einem deutlich niedrigeren Grad von Behinderung (EDSS-Wert ab 1,5) eingeschlossen. Dadurch waren die jeweiligen Populationen nicht ähnlich genug, um die Ergebnisse miteinander vergleichen zu können.
Schließlich geht der Hersteller im Dossier nicht darauf ein, ob die in diesen Studien getestete Physiotherapie den Kriterien der Heilmittelrichtlinie entsprach und wenn nein, warum aus seiner Sicht dennoch Aussagen für die Situation in Deutschland aus diesen Studien abgeleitet werden können. Auch zur Frage, ob die Patientinnen und Patienten tatsächlich eine optimierte MS-Standardtherapie bekamen, äußert sich der Hersteller nicht. Beide genannten Punkte sind aber Voraussetzungen, die der G-BA für die zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt hat.
Für die Bewertung des Zusatznutzens von Fampridin hat der Hersteller also keine verwertbaren Studien zur zweckmäßigen Vergleichstherapie und damit auch keinen verwertbaren indirekten Vergleich vorgelegt. Somit gibt es keine Belege für einen Zusatznutzen von Fampridin.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.
Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.
Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Fampridin zu finden.