Nichts gegen diese Methode, es ist immer gut, sich auch mal die „Kundenkappe“ aufzusetzen oder die Welt aus der Perspektive der Mitarbeiter und Vorgesetzen zu betrachten. Aber sie hat auch Nachteile. Zum einen ist es schon etwas anderes, ob ich ein Rollenspiel mit einem vertrauten Kollegen oder mit einem Fremden mache. Zum anderen ist es nicht jedermanns Sache, Kunden überzeugend darzustellen und hinterher genau zu analysieren, wie man als Kunde behandelt wurde.
Und hier setzt nun das Konzept mit den Seminarschauspielern an. Nach einem gründlichen Briefing durch die Seminarteilnehmer erarbeiten professionelle Schauspieler die kritischen Gesprächssituationen, die in den Rollenspielen trainiert werden sollen. Sie übernehmen dabei zuerst den Part des Kunden oder Kollegen, mit dem es Kommunikationsprobleme gibt. Dabei sind sie sehr authentisch und steigen bewusst so tief in die Gesprächssituation ein, dass sich alle Kommunikationsprobleme zeigen und auch der Teilnehmer die Konsequenzen seines Verhaltens deutlich zu spüren bekommt. Diese Art Rollenspiel ist also wesentlich realitätsnaher, als das Rollenspiel unter Kollegen wäre. Und es kommt ein weiterer großer Vorteil hinzu. Direkt im Anschluss daran spielen die Seminarschauspieler dem Teilnehmer sein eigenes Verhalten vor und geben dazu, unterstützt vom Trainer, fachkundiges Feedback. Danach folgt eine Wiederholung der Spielszene, wobei der Teilnehmer sofort versuchen kann die Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Eine Spielsequenz dauert circa sieben Minuten und lässt den Teilnehmenden am eigenen Leib erfahren, wie sein altes Verhaltensmuster und die verbesserte Version beim Kunden ankommen.
„Aus zahlreichen Trainings weiß ich, dass genau diese Wiederholungen den größten Lerneffekt bringen. Selbst die skeptischsten Teilnehmer erleben einen „Aha-Effekt“ und sagen mir oft, dass sie schon viele Trainings mitgemacht hätten und eigentlich wenig motiviert wären, in diesem Training aber wirklich etwas gelernt und sehr davon profitiert hätten“ erläutert Trainingsleiterin Wilma Pokorny van Lochem vom Institut Synergie im westfälischen Vlotho den Erfolg des Seminarschauspieler- Konzeptes. „Und da bei jeder Spielszene die nicht direkt beteiligten Teilnehmer als Publikum und Feedbackgeber fungieren, ist diese Methode auch zeiteffizient, weil immer die gesamte Gruppe am Lernprozess beteiligt ist“, ergänzt die studierte Psychologin.
Die Idee kommt aus den Niederlanden und ist dort bereits Standard in den Kommunikationstrainings. Dafür wurde eigens das Berufsbild des „Trainingacteurs“ geschaffen, weil die Anforderungen doch stark vom normalen Bühnen- und Filmdarsteller abweichen. Die Holländerin Wilma Pokorny van Lochem, die in ihrer Heimat schon mit Seminarschauspielern gute Erfahrungen gemacht hatte, brachte das Konzept jetzt nach Deutschland: „Was in den Niederlanden seit langem erfolgreich ist, ist es bestimmt auch in Deutschland. Trainings mit Seminarschauspielern sind einfach professioneller, mit ihnen können Situationen wirklichkeitsgetreuer und weniger befangen dargestellt werden.“ Und Markus Bauchrowitz, einer der Trainer von Institut Synergie, sieht auch für den Trainierenden wichtige Vorteile: „Der Trainer kann sich auf den Schauspieler verlassen und muss sich um den Ablauf und das Gelingen der Rollenspiele nicht kümmern. Das gibt ihm die Ruhe und den Abstand, als Außenstehender die Teilnehmer genau zu beobachten und daraus seine genau auf den Teilnehmer abgestimmten Verbesserungsempfehlungen zu entwickeln.“
Seminarschauspieler gab, schließt jetzt Institut Synergie diese Lücke und bietet eine dementsprechende Weiterbildung an. Laut Alfons Walter, dem Leiter von Institut Synergie, durchläuft derzeit die erste Gruppe diese Schulung. Voraussetzung zur Teilnahme ist eine abgeschlossene Schauspielausbildung, Erfahrung mit Castings und Improvisationstheater sind von Vorteil. Die Ausbildung wird von Raoul Christen geleitet, einem erfahrenen holländischen Dozenten. Ab Anfang 2007 können die frischgebackenen Seminarschauspieler dann von interessieren Unternehmen im Rahmen eines Trainings engagiert werden. Der Kontakt läuft ebenfalls über Institut Synergie, das in den Niederlanden und auch in Deutschland mit diesem Konzept schon sehr erfolgreich für große Unternehmen gearbeitet hat: „Zur Zeit trainieren wir circa 600 Debitel-Promotoren. Dieser umfangreiche Debitel-Auftrag war auch der Auslöser für die Gründung unserer Seminarschauspieler-Agentur. Und wir haben diesen Schritt nicht bereut, im Gegenteil! Wir haben noch nie so viel begeistertes Feedback von Seiten der Auftraggeber bekommen. Deshalb ist bereits eine Fortsetzung in 2007 geplant“ begründet Alfons Walter seine optimistische Einschätzung der Zukunftschancen.
Wer einen Seminarschauspieler engagieren will, muss mit ca. 750.- Euro pro Tag rechnen. Nähere Informationen bekommt man unter www.seminarschauspieler.de