Folgende Erklärung wurde vom ISUV-Bundesbeauftragten für Verfassungsrecht, Rechtsanwalt Georg Rixe vorgetragen:
„Der Gesetzgeber steht vor der nicht ganz einfachen Aufgabe, die Entscheidung des BVerfG vom 13.2.2007 folgerichtig umzusetzen und dabei die beteiligten Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Gleichzeitig ist die Rechtsprechung des EGMR zu beachten.
Der Entwurf der Bundesregierung ist grundsätzlich zu begrüßen. Bei den Kindesschutzklauseln und dem Kreis der Klärungsberechtigten ergeben sich nach diesseitiger Auffassung jedoch noch Änderungsnotwendigkeiten.
1. Einen verfassungsrechtlich und konventionsrechtlich abgesicherten Anspruch auf Klärung der Abstammung haben auch das Kind und der potentielle leibliche Vater. Besteht keine anderweitige Vaterschaftszuordnung, gibt es keinen rechtfertigenden Grund, beiden das schonendere und kostengünstigere Klärungsverfahren zu verweigern.
Ist das Kind bereits einem Vater zugeordnet, kann es für das Kind bedeutsam sein, seinen leiblichen Vater zu kennen, ohne dass es die Rechtsbeziehung zu seinem Vater in Frage stellen möchte.
Auch dem leiblichen Vater kann die Klärung nicht unter Hinweis auf seine Anfechtungsmöglichkeit versagt werden, weil es verantwortliches Verhalten darstellen kann, das Kind in seinen bisherigen familiären Bezügen leben zu lassen. Ihm muss aus verfassungsrechtlichen Erwägungen unter denselben Voraussetzungen wie dem rechtlichen Vater ein Klärungsanspruch zugestanden werden.
2. Die Kindesschutzklausel des § 1589 a III BGB-E schränkt demgegenüber durch ihre Formulierung den Klärungsanspruch unverhältnismäßig ein. Erforderlich ist nach den Vorgaben des BVerfG vielmehr das Vorliegen einer „besonderen Kindeswohlgefährdung“.
3. Die Kindesschutzklausel des § 1600 V BGB-E ist zu streichen, weil sie weder verfassungsrechtlich geboten noch rechtspolitisch sachgerecht ist. Der RegE begründet diese Einschränkung des Anfechtungsrechts unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG maßgeblich damit, dass die Anfechtung auf Grund des Klärungsanspruchs nunmehr leichter zu begründen sei. Das rechtfertigt zunächst keine Einschränkung des verfassungskonformen Anfechtungsrechts, wenn sich der Anfechtungsberechtigte nicht auf solche Erkenntnisse stützt. Im Übrigen stellt die Kenntniserlangung durch den Klärungsanspruch nur einen Ausgleich für die überzogenen Schlüssigkeitsanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH dar.
Darüber hinaus bestehen keine überwiegenden Interessen des Kindes von Gewicht, die durch § 1600 V BGB-E geschützt werden könnten. Soweit das Ergebnis eines Abstammungsgutachtens das Kind außergewöhnlich belastet, wird es durch § 1598 a BGB-E geschützt. Wendet sich der Vater auf Grund des Ergebnisses des Gutachtens von der sozialen Familie und von dem Kind ab, handelt es sich um eine Folge der Klärung der Abstammung und nicht um eine Folge der Anfechtung. Darüber hinaus bietet eine zwangsweise Durchsetzung des Umgangsrechts dem Kind in diesem Sonderfall keinen Schutz, weil eine Sozialbeziehung gegen den Willen des rechtlichen Vaters nicht aufrechterhalten werden kann. Die Aufrechterhaltung der rechtlichen Zuordnung allein wegen vermögensrechtlicher Ansprüche ist rechtsethisch nicht zu rechtfertigen und im Übrigen unverhältnismäßig.
Will man die Härteklausel des § 1600 V BGB-E dennoch einführen, ist ihr Maßstab wegen des erheblichen Eingriffs in das Elternrecht des Vaters durch den der Kindeswohlgefährdung zu ersetzen. Da die Härteklausel nur vorübergehend eine Anfechtung verhindern soll, ist es sachgerechter, eine Aussetzungslösung vorzusehen, die die Notwendigkeit einer erneuten Klageerhebung entbehrlich macht.
4. Die erweiterte Anfechtungsmöglichkeit gem. § 1600 b VII BGB-E ist sachgerecht, weil sie vor allem den Schutz der sozialen Familie ermöglicht. Die Kinderschutzregelung des § 1600 b VII, 2 BGB-E sollte jedoch entfallen, da sie genau das Gegenteil bewirkt. Denn der Vater wird auf einer sofortigen Klärung bestehen, wenn er nicht sicher sein kann, dass er später erfolgreich anfechten kann. Will man die Kindesschutzklausel dennoch einführen, sollte ihr Maßstab durch den der Kindeswohlgefährdung ersetzt werden und der Fristablauf erneut beginnen, wenn die Härtegründe entfallen sind.“
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