Der fünfstündige Film …dann leben sie noch heute von Winfried und Barbara Junge schließt nach 46 Jahren die "Chronik der Kinder von Golzow" ab, die als ausdauerndste Langzeitbeobachtung der Filmgeschichte gelten darf. Kurz nach dem Mauerbau begonnen, reicht sie inzwischen weit über das Ende der DDR hinaus und dokumentiert auch den Wandel der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse nach der Wende. Der 19. und letzte Teil dieses Lebenswerkes porträtiert vier Kinder des Einschulungsjahrgangs 1961, die noch heute in dem kleinen Dorf Golzow im Oderbruch leben.
Ein Porträt des Fotografen Wolfgang Tillmans ist Heiko Kalmbachs If One Thing Matters - A Film About Wolfgang Tillmans. In den 1990er Jahren wurde Tillmans mit Fotos von Partys und Club-Leben bekannt, heute zählt er zu den bekanntesten Fotografen der Welt. Vier Jahre hat Kalmbach ihn mit der Kamera begleitet und sich dabei auf die tägliche Arbeit des vielseitig kreativen Künstlers in London konzentriert.
Der philippinische The Muzzled Horse Of An Engineer In Search Of Mechanical Saddles sprüht geradezu von unbändiger Fantasie – und hat folgerichtig den schrägsten Filmtitel im Programm des Forums. Bei der Premiere wird das Multitalent Khavn De La Cruz seinen Film über die sexuellen Obsessionen eines entlassenen Ingenieurs mit einer musikalischen Performance live vertonen. Kaum weniger rauschhaft ist Dušan Makavejevs subversiver Klassiker W.R. – Misterije Organizma aus dem Jahre 1971, der anlässlich von Makavejevs Masterclass beim Berlinale Talent Campus eine Wiederaufführung in neuer Kopie erlebt. Die surrealistische Auseinandersetzung mit den Lehren des Psychoanalytikers und Sexologen Wilhelm Reich lief bereits 1971 im Forum und hat nichts an Sprengkraft eingebüßt.
Das US-Independent-Kino ist mit zwei spannenden Wiederentdeckungen vertreten: Charles Burnett, der im vergangenen Jahr mit Killer of Sheep im Forum sein legendäres Debüt zeigte, hat inzwischen auch seinen zweiten, über drei Jahrzehnte verschollenen Film My Brother’s Wedding aus dem Jahre 1983 restauriert. Das Forum zeigt den neuen Director’s Cut des Familiendramas um zwei Brüder, die Welten trennen. Als Klassiker darf auch Kent Mackenzies Spielfilm The Exiles gelten. 1961 fertig gestellt, verschwand das poetische Werk über das Leben von Native Americans in der Großstadt bald in der Versenkung – und machte erst wieder von sich reden, als Quentin Tarantinos Pulp Fiction den Soundtrack zitierte und Thom Anderson in Los Angeles Plays Itself Ausschnitte des Films zeigte. Im Forum wird die restaurierte Fassung ihre Weltpremiere haben.
Ergänzt werden die Special Screenings des Forums durch neue Arbeiten der amerikanischen Experimentalfilmer James Benning und Michael Auder sowie den thailändischen Spielfilm Wonderful Town, eine persönliche und subtile Auseinandersetzung mit den psychosozialen Folgen der Tsunami-Katastrophe.