«Wir werden künftig aber noch stärker über die Menschen berichten, die hinter den Weinen stehen. Denn deren Geschichten sind mindestens so faszinierend wie die Weine selbst», sagt Reinhardt: «Wenn man weiss, wie ein Wein gewachsen ist und warum er so schmeckt, wie er schmeckt, dann braucht man sich als Leser nicht durch dröge Degustationsnotizen zu quälen, sondern will sich lieber gleich das Glas füllen. VINUM will Lust auf Wein machen, nicht von ihm abschrecken.»
Im aktuellen Heft 1/2 dürften es vor allem die Rieslinge von Martin Tesch in Langenlonsheim an der Nahe sein, auf die man Lust bekommt. Selten ist der eigenwillige Winzer authentischer in Wort und Bild transferiert worden wie in der Reportage von Eva-Maria Dülligen. Stephan Reinhardt liefert dazu prägnante Weincharakterisierungen, die nichts mit gängigen Katalogschwärmereien zu tun haben, sondern Orientierung schaffen.
Im internationalen Heftteil haben sich Stephan Reinhardt und Thomas Vaterlaus mitsamt einer kompetenten Jury selbst herausgefordert: In einer grossen Blindprobe hat das Panel mehr als 30 prominente Chardonnays der Welt verkostet. Ziel war es festzustellen, ob die intellektuell ohnehin nicht haltbare Einteilung in «Alte» und «Neue Welt» auch sinnlich obsolet geworden ist. Das Ergebnis: Das allerorten stolz vorgetragene Terroir-Konzept wackelt, denn man kann heute einem Wein nicht mehr unbedingt «abschmecken», von welchem Kontinent, geschweige denn aus welcher Lage er stammt. Zum Sieger der Probe wurde zwar Gantenbeins Chardonnay aus der Bündner Herrschaft im Schweizer Rheintal erkoren. Jedoch hielt die Jury ihn für einen Wein aus Frankreich. «Es wird Zeit, dass wir die Klischeevorstellungen, die wir von Weinen haben, unseren sinnlichen Wahrnehmungen anpassen und nicht umgekehrt unsere Sinne durch unsere Klischees vernebeln lassen», resümiert Reinhardt.
Für das April-Heft, das Ende März erscheint, verspricht er, dass auch hier Grenzen und Tabus eingerissen werden: «Die Weinwelt, so gross und übersichtlich sie auch erscheinen mag, ist näher zusammengerückt. Darüber werden wir berichten und wir werden bei uns vor der Haustüre anfangen.» Doch auch im Märzheft, das Ende Februar erscheint, werden wieder vermeintliche Wahrheiten geprüft. So wird etwa Stephan Reinhardt den inzwischen 10-jährigen Jahrgang 2003 einer Revision unterziehen, während VINUM-Italien-Korrespondent Christian Eder die so genannten «Supertoskaner» ganz schön alt aussehen lässt. «Die Weinwelt ist so spannend», meint Reinhardt, «da dürfen wir bei VINUM nicht langweilig sein. Das überlassen wir gerne den Anderen.»