Beispiel Morbi-RSA: Justierung der Zuweisungsbeträge für Erkrankungen
Auf Basis des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) erhalten die Krankenkassen entsprechend der Morbiditätsstruktur ihrer Versicherten für rund 80 Erkrankungen Zuweisungen. Dahinter steht ein Klassifikationsmodell, nach dem Krankheiten bestimmten Gruppen zugeordnet werden. Der Morbi-RSA ist prospektiv angelegt, d.h. die Zuweisungen bestimmen sich nach der Morbidität im Vorjahr. Leistungsausgaben fallen hingegen entsprechend der aktuellen Morbidität an. So können sich Veränderungen ergeben, die Justierungen der vorgesehenen Zuweisungsbeträge bei bestimmten Krankheiten erfordern. Auch Umgruppierungen von Erkrankungen sind möglich, wenn die Kriterien zur Ersteinteilung der Erkrankungen überprüft und angepasst werden. Dies trifft bspw. für die "Schizophrenie" zu, die ab 2011 als eigenständige Erkrankung und nicht mehr wie zuvor als Bestandteil einer Krankheitsgruppe geführt wird. Bislang beläuft sich der durchschnittliche monatliche Zuweisungsbetrag (ohne Zu-/Abschläge) für die gesamte Therapie der Schizophrenie, also für alle anfallenden Leistungen, auf 516,20 Euro.
Schizophrenie stellt insgesamt eine relativ teuer zu behandelnde Erkrankung dar, da sie häufig mit stationären Klinikaufenthalten und langen Rehabilitationszeiten verbunden ist. Zwischen 2004 und 2010 haben sich die (berechneten) Ausgaben für die pharmakologische Therapie der Schizophrenie mit Ausnahme des Jahres 2008, als Generika in den Markt kamen, deutlich erhöht. Grund waren neue und entsprechend teurere Medikamente, die gegenüber älteren Präparaten jedoch verschiedene Vorteile (z.B. geringere Rückfallraten, bessere Verträglichkeit) aufweisen. Die Behandlung der Schizophrenie liegt primär in der Hand von Fachärzten.
Umgerechnet auf die Kosten der einzelnen durchschnittlichen Verordnung ergibt sich bei der Diagnose Schizophrenie zwischen 2004 und 2009 ein Anstieg von 55 auf 96 Euro. Eine Justierung des Zuweisungsbetrages für den Anteil aufzuwendender Arzneikosten könnte angemessen sein. Da der Gesamtzuweisungsbetrag sämtliche Leistungen berücksichtigt, kann sich dieser jedoch auch verringern, bspw. dann, wenn infolge verbesserter Arzneimittel geringere Hospitalisierungskosten anfallen.
Versorgungsmanagement braucht differenzierte Kosteninformationen
Indikationsbezogene Versorgungskonzepte, die das Ziel einer effizienteren und qualitativ besseren Behandlung verfolgen, berücksichtigen i.d.R. neben Besonderheiten der Erkrankung (z.B. Chronifizierung) auch patientenspezifische Merkmale (z.B. Demografie) sowie Behandlungspfade und Versorgungsgrade (z.B. haus-/fachärztliche Therapie). Diese Faktoren bestimmen in unterschiedlicher Weise die Arzneiverordungen und resultierenden Kosten.
So stellen bspw. Bluthochdruck und Diabetes Mellitus kostenintensive Erkrankungen in der hausärztlichen Praxis in der Gesamtbetrachtung unter allen Erkrankungen dar - allerdings weniger aufgrund individuell hoher Arzneimittelkosten, sondern weil die Prävalenz dieser Krankheiten hoch ist, es also viele Betroffene gibt und die Erkrankungen primär durch den Hausarzt behandelt werden. Im Vergleich der durchschnittlichen individuell anfallenden Medikamentkosten wiederum gibt es deutliche Unterschiede: bei Diabetes Mellitus (Typ 2) sind die Kosten mit 32 Euro pro Verordnung doppelt so hoch wie beim Bluthochdruck. Die Unterschiede erklären sich u.a. durch neuere, relativ teurere Antidiabetika-Medikamente für spezifische Patientenklientele bzw. einen weitgehenden Einsatz von Generika bei der Therapie des Bluthochdrucks.
Berechnung von Arzneikosten für Vergleichszwecke
Mit Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) zum 1. Januar 2011 werden Nutzenbewertungen für neue Medikamente verpflichtend. Wird ein Nutzen anerkannt, ist mit dem GKV-Spitzenverband ein Rabatt auf den Arzneimittelpreis zu verhandeln. Im Sinne eines Vergleichs mit bestehenden Therapien kann hier die Kenntnis der durchschnittlichen individuellen Verordnungskosten ebenfalls von Nutzen sein.