Umsetzungsrate von Rabattverträgen über patentfreie Arzneien erreicht Höchststand
Im Jahr 2012 beliefen sich die durch Rabattverträge erzielten Einsparungen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf 2,09 Mrd. Euro und damit 450 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Mit Stand Dezember 2012 hatten 183 Hersteller mit 147 Krankenkassen Rabattverträge über insgesamt 31.942 verschiedene Handelsformen abgeschlossen. Weil in der Regel jeder dieser Hersteller mit mehreren Kassen Verträge eingeht, ergeben sich auf der Ebene Hersteller-Kasse rund 14.000 Vertragsbeziehungen. Da sich die Verträge wiederum jeweils auf mehrere Handelsformen beziehen und jede Handelsform Gegenstand verschiedener Verträge sein kann, ergeben sich auf PZN-Ebene (Pharmazentralnummer) mehr als 1,4 Mio. Einzelverträge.
Die praktische Bedeutung dieser Verträge zeigt sich allerdings erst in der Umsetzung. Nachdem es Anfang 2011 noch so aussah als sei das Marktpotenzial zumindest für Verträge bei Arzneien ohne Patentschutz weitgehend ausgeschöpft, dokumentiert sich im Jahr 2012 ein neuer Höchststand, denn 64% dieser Präparate gingen im Jahr 2012 als "Rabattmedikamente" über die Theken der Offizine. Diese Entwicklung wurde möglich durch Änderungen der Packungsgrößenverordnung zum 1. Mai 2011 sowie veränderte "Aut idem"-Regelungen. Bis dahin war ein Austausch eines verordneten Produktes in der Apotheke durch ein Rabattpräparat nur möglich, wenn der Packungsinhalt beider Produkte identisch war. Ansonsten war das verordnete Produkt abzugeben, selbst wenn der Arzt "aut idem" zugelassen hatte. Die neue Packungsgrößenverordnung sieht prozentuale Spannbreiten für zulässige Abweichungen der indikations- und wirkstoffbezogenen Packungsgrößen nach N1 bis N3 vor. Das abzugebende Produkt muss nun zwar die gleiche N-Größe wie das verordnete haben, nicht aber die genaue Anzahl von z.B. Tabletten oder Kapseln beinhalten.
Anbieterkonzentration bei Rabattverträgen höher als im gesamten GKV-Markt
Zwischen 2010 und 2012 ist der Anteil der Top 10-Hersteller im rabattvertragsgeregelten Segment patentfreier Arzneien zwar um sechs Prozentpunkte zurückgegangen. Aktuell entfallen 74% der Packungen unter Rabattvertrag auf einen der führenden zehn Anbieter. Im Vergleich mit dem GKV-Markt (Gesetzliche Krankenversicherung) liegt die Anbieterkonzentration damit deutlich höher. Dieser Umstand wird seit Längerem dahingehend diskutiert, ob die europaweiten Ausschreibungen der Krankenkassen und der damit verbundene Preisdruck zu einer Oligopolisierung führen. Diese Frage gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn man die Konzernzugehörigkeit der Top 10-Unternehmen berücksichtigt. Dann vereinen nämlich die drei größten Unternehmensgruppen über die Hälfte des Marktanteils auf sich.
Leichte Zunahme patentgeschützter rabattierter Arzneien
In den letzten Jahren hat sich der Anteil rabattierter an allen abgegebenen Packungen patentgeschützter Arzneien im GKV-Markt zwar kontinuierlich erhöht, bleibt jedoch im Vergleich mit patentfreien Rabattmedikamenten niedrig: von 4% im Jahr 2009 über 9% in 2012 auf 16% in 2011. Im Jahr 2012 beläuft sich der Anteil auf knapp 19%. Dabei lässt sich eine Tendenz zur Verordnung größerer Packungen feststellen, da im Jahr 2012 der Anteil verordneter N3-Packungen um fünf Prozentpunkte auf 31% anstieg, während er in gleicher Größenordnung bei N2-Packungen auf 53% zurückging. Dies dürfte sich mit der Etablierung der bestehenden Therapien unter Rabattvertrag erklären. Denn nach wie vor zeigt sich hier bei patentgeschützten Präparaten eine Verdichtung auf wenige Arzneikategorien. Ein Großteil betrifft dabei Insulinanaloga, für die vor einigen Jahren im Zuge des Ausschlusses von der GKV-Erstattung verschiedene Verträge vereinbart wurden.
Abgesehen davon gibt es wahrscheinlich wenige Gründe, weshalb pharmazeutische Hersteller für ein patentgeschütztes Präparat einen Rabattvertrag abschließen sollten, es sei denn, es geht um die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in spezifischen Marktsituationen. Das kann z.B. gegeben sein, wenn ein vergleichbarer Mitbewerber einen Vertrag abschließt. Zudem sind die pharmazeutischen Unternehmen im Kontext der Nutzenbewertung nach AMNOG gefordert, mit den Kostenträgern auch selektivvertragliche Lösungen zu finden.
Denn die Politik fordert von Krankenkassen, Leistungserbringern und pharmazeutischen Unternehmen neue Konzepte, innovative Direktverträge und integrierte Versorgungsansätze. Bislang suchen diese potenziell Beteiligten jedoch noch nach geeigneten Ansätzen. Das scheint zum einen daran zu liegen, dass die für Vertragsverhandlungen notwendigen "gleich langen Spieße" noch nicht als gegeben wahrgenommen werden. Zum anderen gibt es offenbar auch Unsicherheiten über die konkrete Ausgestaltung wie eine Befragung von IMS bei Entscheidern in der pharmazeutischen Industrie im letzten Jahr ergab.