Im ersten Euro-Jahrzehnt habe in Südeuropa Partystimmung geherrscht, so Wiechmann. Deutlich sinkende Zinsen, billiges Geld, davon sei kräftig Gebrauch gemacht worden. „So entstand der Schuldenberg, der Italien & Co. heute drückt.“ Dabei habe es Gründe dafür gegeben, dass Zins und Inflation vor der Euro-Einführung im Süden höher waren als in Mittel- und Nordeuropa. „Die im Urlaub geliebte Siesta- und Dolce-Vita-Mentalität führt nun einmal auch wirtschaftlich und damit am Zins- und Kapitalmarkt zu anderen Ergebnissen als deutsches Pflichtbewusstsein und schwäbische Sparsamkeit“, stellt Wiechmann fest.
Doch der Euro habe unterschiedliche Kulturen in ein einheitliches Korsett pressen wollen – das könne nicht funktionieren. Deshalb zeige das Konzept deutliche Risse, und die nächste Erschütterung stehe bevor, wenn die neue italienische Regierung in diesem Monat ihren Haushaltsplan vorstelle. Sparwille sei nicht zu erkennen, stattdessen stünden höhere Ausgaben und Steuersenkungen auf der Agenda, so Wiechmann. Nicht alle Länder wollten sich so verhalten wie Deutschland.
Das habe auch politische Folgen: Die Südeuropäer wählten verstärkt Anti-Euro-Parteien, weil sie sich nicht länger von deutscher Sparmentalität gängeln lassen wollen. In den Gläubigerländern passiere dasselbe, weil sie nicht dauerhaft das Dolce Vita der Südeuropäer finanzieren wollten. Deshalb stehe der Euro in seinem dritten Jahrzehnt am Scheideweg: „Entweder gleichen sich die Mentalitäten an oder der Euro scheitert.“
Die Folgen wären weitreichend. Allein in Deutschland hätten die Südeuropäer rund eine Billion Euro Schulden. „Ein Ausfall, beispielsweise durch einen Euro-Austritt Italiens, würde Banken und Staatskasse gleichermaßen überfordern“, so Wiechmann. „Banksparer und Lebensversicherungskunden wären ebenso die Verlierer wie Rentner und Steuerzahler.“
Und der Ausweg? Sicherheit finde sich ausgerechnet da, wo deutsche Sparer es kaum vermuteten: in Aktien. Wer sich an erstklassigen internationalen Unternehmen beteilige, setze auf Sachwerte. Den Firmen sei es auch egal, in welcher Währung ihre Produkte bezahlt werden – und zwar auf der ganzen Welt. Wiechmann betont: „Eine breite Streuung in internationale Qualitätsaktien ist der beste Schutz gegen ein drohendes Scheitern des Euro.“