Gerade in diesen Zeiten: Klimaschutz und Nachhaltigkeit lägen voll im Trend, wie der jünste Wahlerfolg der Grünen und die Fridays-for-Future-Bewegung zeigten. Das sei auch bei der Geldanlage angekommen: „Welcher Investor will schon, dass sein Geld Umweltzerstörung, Kinderarbeit oder gar Rüstungshersteller fördert?“, so Wiechmann. Auch die Finanzindustrie kenne das Bedürfnis der Anleger nach einem sauberen Gewissen, deshalb gebe es auf dem Markt immer mehr Angebote mit Ethik-, Nachhaltigkeits- oder Öko-Stempel. Doch eine Definition dieser schwammigen Begriffe sei kaum möglich, sagt der IAC-Geschäftsführer. „Untersuchungen der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentralen kamen jedenfalls schon vor Jahren zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Anbieter Etikettenschwindel betreiben.“
Darüber hinaus seien die Renditeaussichten bei dem „modernen Ablasshandel“ nicht sonderlich attraktiv. Den meisten Öko- und Ethik-Fonds fehle eine breite Branchenstreuung, die für eine sichere Geldanlage in Aktien unerlässlich sei. Und Öko-Fonds mit Windkraft- und Solar-Aktien hätten teils dramatische Kursverluste erlebt. Nicht selten seien Anleger auf der Suche nach dem ökologisch-ethisch reinen Gewissen zudem leichte Opfer für Bauernfänger, sagt Wiechmann. „Prokon lässt grüßen!“
Was also tun als Anleger? „Nachhaltigkeit“ sollte mit Attributen wie „dauerhaft“, „beständig“ und „zukunftsfähig“ übersetzt werden, meint der IAC-Geschäftsführer. „Wenn ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich sein will, muss das Management die ökologischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen richtig einschätzen und entsprechend handeln.“ Denn sonst werde die Nachfrage nach den Produkten wohl sinken.
Letztlich müsse sich jeder Anleger fragen, ob das komplexe Thema Geldanlage das richtige Feld sei, um sich ein gutes Gewissen zu erkaufen, sagt Wiechmann. „Man muss ja nicht gerade in Rüstungsaktien investieren. Was aber nutzt es, bei der Geldanlage auf zweifelhafte ethisch-ökologische Finanzprodukte zu setzen, wenn man im echten Leben einen spritfressenden SUV fährt, beim Textilkauf zu den günstigen Made-in-Bangladesch-Produkten greift und den wohlverdienten Urlaub samt klimaschädlicher Flugreise am anderen Ende der Welt verbringt?“