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Die Zukunft Europas - derzeit ein Tabu-Thema

KAB-Koordinator Wilfried Wienen fordert Reform der EU ein

(lifePR) (Köln, )
Beim jüngsten Zusammentreffen der KAB mit ihrer portugiesischen Partnerorganisation LOC/MTC in Aachen war sie wieder zu hören, die Kritik an der deutschen Politik zur Euro-Rettung. Das Spardiktat, das den Portugiesen verordnet wurde, das Rentner sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien massiv unter Druck setzt und das Investitionen und die wirtschaftliche Entwicklung abwürgt, geht nach Meinung der Portugiesen mit auf das Konto der deutschen Bundeskanzlerin.
Portugal ist nicht mehr Herr im eigenen Land. Insofern waren die portugiesischen Partner neugierig auf europapolitische Alternativen, die im deutschen Wahlkampf diskutiert werden. Aber, nichts von dem. Die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler am 22. September wird europaweite Auswirkungen haben. Europa schaut wachen Auges und sorgenvoll nach Deutschland.
Vor einigen Monaten war Europa noch in aller Munde, nun muss man in der heißen Phase des Wahlkampfs Europathemen mit der Lupe suchen. Hatte man vor ein paar Monaten noch gedacht das Europa Hauptstreitpunkt im Wahlkampf sein würde, spielen nun Euro-Stabilisierung, Regulierung der Finanzmärkte, Bankenreform, Finanztransaktionssteuer und Beteiligung der Krisenverursacher an der Lösung der Finanzprobleme kaum eine Rolle. Mehr noch: Europas Zukunft scheint ganz aus dem Blickfeld zu geraten.
Ist die größte Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg, die über Arbeitsplätze, soziale Sicherheit, Renten und Wohlstand in Deutschland und europaweit entscheidet, schon vorüber? Oder sind die Kontroversen über deren Lösung nur vertagt, auf die Zeit nach der Wahl? Wo sind die Debatten über die Demokratisierung Europas?
Es ist noch nicht lange her, dass aus verschiedenen Parteien gute Vorschläge für eine Reform der Europäischen Union kamen. Schaut man sich die Wahlprogramme der Parteien an, kann man sogar mutige Antworten finden, weit mehr als nur proeuropäische Lippenbekenntnisse. Warum werden diese im Wahlkampf verschwiegen? Mit Europa kann man scheinbar keine Wahlen gewinnen. Dieses Kalkül darf jedoch nicht dazu führen, dass wichtige Themen, die über unsere Zukunft entscheiden, derzeit ausgespart werden. Die Wählerinnen und Wählen verdienen Antworten, bevor sie am Wahltag ihr Kreuz machen.
Die KAB fordert von einer zukünftigen Regierung in Deutschland in der Europäischen Union eine tiefgreifende Reform der Strukturen und Verträge voranzubringen. Eine solche Reform muss einen neuen Sozialpakt für Europa beinhalten sowie die Demokratisierung der europäischen Institutionen und Entscheidungsprozesse. Die Einberufung eines europäischen Konvents ist dringend erforderlich. Das Europäische Sozialmodell auf der Grundlage der Europäischen Sozialcharta muss zur maßgeblichen Grundlage zukünftiger Politik und Krisenbewältigung werden, damit die sozialen Rechte der Menschen nicht auf der Strecke bleiben. Nur ein soziales und gerechtes Europa ist zukunftsfähig und die Antwort auf die Krise.
Bezogen auf die Bundestagswahl ist scheinbar alles einfacher: Wahlen gewinnt man nicht mit Vorschlägen zur Zukunft Europas, sondern vermutlich eher mit der Ankündigung einer Maut für Ausländer auf deutschen Straßen.

Wilfried Wienen
Koordinator des KAB-Europabüros

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