In den vergangenen Jahren hat das hessische Wirtschaftsministerium notwendige Preissteigerungen untersagt, obwohl sie wegen drastisch gestiegener Einkaufspreise nötig waren. Die Städtische Werke AG, die zwar etwa die Hälfte des in Kassel verbrauchten Stroms selbst produziert, ist dabei den vier großen Stromerzeugern geradezu ausgeliefert. Denn besonders wenn viel Strom verbraucht wird, muss er zugekauft werden. Und dann ist er teuer. Diese vier Erzeuger produzieren mehr als 80 Prozent des deutschen Stroms und bestimmen damit die Preise.
Gegen dieses Monopol geht niemand ernsthaft vor. Und deshalb ist es absurd, wenn jetzt die Verbraucherverbände auffordern, zu den selbst ernannten Billiganbietern zu wechseln. Denn diese Anbieter gehören zu den Großproduzenten, erhalten von ihnen äußerst attraktive Konditionen und versuchen so, die Stadtwerke auszuschalten. Das ist aus Sicht der Städtischen Werke eine Marktverzerrung, die wettbewerbsrechtlich fragwürdig ist. Die mögliche Folge: Kleinere und mittlere Anbieter verschwinden vom Markt, die vier großen dominieren nicht nur die Herstellung, sondern auch die Verteilung bei den Endkunden – und dann besteht eine Marktmacht, die dem Kunden abverlangen kann, was sie will. Man sehe sich den Markt von Betriebssystemen für Computer an. Hier dominiert ein Hersteller – und die Kunden sind im nahezu schutzlos ausgeliefert. Wenn das der Wunsch der Verbraucherzentralen ist, dann ist dieser Aufruf sinnvoll. Wer möchte, dass die Kunden langfristig niedrige Preise zahlen, sollte auf einen gesunden Wettbewerb und nicht auf eine gezielte Monopolpolitik pochen. Und auch hinterfragen, warum der Anteil der staatlich verursachten Kosten seit Jahren stetig ansteigt.
Unkommentierte Vergleiche der Preise auf den Vergleichsseiten im Internet sind aus Sicht der Städtischen Werke eine Kundentäuschung. Obwohl die dort gelisteten Anbieter scheinbar bis zu 100 Euro jährlich günstiger erschienen, sind Angebote nicht vergleichbar. Warum? Weil bei den offenbar günstigeren Anbietern, beispielsweise Flexstrom oder Teldafax, vorab gezahlt werden muss. Anders ausgedrückt: Der Kunde muss erst einmal ein kostenloses Darlehen an den Versorger zahlen, bevor auch nur eine kWh verbraucht ist. Rechnet man Zinsen drauf, ist der Preisvorteil schnell aufgebraucht.
Besonders absurd erscheint der pauschale Aufruf zum Wechsel vor dem Hinter-grund, dass selbst die Stiftung Warentest vor Flexstrom ganz ausdrücklich gewarnt hat. Und zwar weil die Kunden im Voraus zahlen und den Strom auch noch in Paketen abnehmen müssen. Sprich: Der Kunde kauft eine gewisse Menge, verbraucht weniger – und der Rest ist umsonst bezahlt. Verbraucht er dagegen mehr, muss er jede zusätzliche Kilowattstunde teuer zu kaufen. Zu einem deutlich höheren Preis, als im Paket.
Statt eines Versorgerwechsels ist es sinnvoller, den eigenen Stromtarif bei vorhan-denen Anbieter zu überprüfen. Meist genügt bei großem Verbrauch schon der Wechsel in einen günstigeren Tarif, um sprübar Geld zu sparen. Der richtige Weg ist auch, Strom erst gar nicht zu verbrauchen. Wer zum Beispiel an die TV-Kombination im Wohnzimmer eine Steckleiste schaltet und sie abends immer ausmacht, kann problemlos 170 Kilowattstunden sparen. Das entspricht rund 35 Euro. Das gleiche gilt für die zwei Stereoanlagen in der Wohnung, die Wachmaschine oder die Spülmaschine.“