Die Unterschiede zwischen mechanischen und elektronischen Zählern sind enorm. Die fernsteuerbaren Geräte des ersten Pilotprojektes summieren nicht nur den Gesamtverbrauch, sondern protokollieren ihn im Viertelstundentakt und übermitteln ihn via Powerline an den Versorger. Das macht die teure Ablesung vor Ort überflüssig - und der Bewohner muss sich nicht mehr an Ablesetermine halten oder den Ableser in den Keller zum Zähler führen.
Die internetfähigen Zähler der zweiten Gruppe sind im Regelfall über DSL mit dem Versorger verbunden. Der Clou: Der Stromverbraucher kann jederzeit seine eigenen Verbrauchsdaten über das Internet abrufen. So kann er sehen, wann er wie viel verbraucht hat. Diese Online-Kontrolle hilft, Stromfresser zu erkennen und den eigenen Verbrauch zu steuern und zu senken. Weiterer Vorteil ist, dass monatlich der tatsächlich verbrauchte Strom in Rechnung gestellt wird. Das senkt den Verbrauch meist wirkungsvoll. Denn nur eine schnelle Rückmeldung auf das eigene Verhalten - in Form der Rechnung - bewirkt Veränderungen.
Beide Zählerarten machen den Stromverbrauch transparenter. Sowohl für den Kunden als auch für den Versorger. Der kann in Zukunft, wenn die Technik allgemein verbreitet ist, sei-nen Stromeinkauf und seine Stromproduktion besser an den tatsächlichen Verbrauch seiner Kunden anpassen. Und durch neue Tarifsysteme über den Preis den Verbrauch steuern. Das macht beide Seiten unabhängiger von Marktschwankungen.
Noch interessanter werden mögliche Anwendungen in Zukunft. Ein intelligenter Zähler kann mit einem Steuergerät gekoppelt werden, das mit einer Leitstelle verbunden ist. Die weiß, wann Strom teuer und wann billig ist. So kann die Steuereinheit bestimmte Großverbraucher wie Waschmaschine oder Wäschetrockner anweisen, erst dann zu starten, wenn Strom günstig ist. Denkbar ist auch die Bildung virtueller Kraftwerke durch kleine Strom- und Wär-meerzeugungsanlagen in Privathaushalten. Sie produzieren Strom, wenn er knapp und damit teuer ist und speisen in das örtliche Stromnetz ein. Ist er günstig, schaltet die Steuerung die Eigenerzeugung ab und versorgt die großen Verbraucher mit günstiger Energie aus dem Stromnetz. Genau das erproben Forscher des Kasseler Instituts für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) gerade gemeinsam mit den Technikern der Städtischen Werke. Der Name des Projektes: BEMI. Das Bidirektionale Energiemanagement Interface.
Möglich ist auch die Kopplung der verschiedenen Zähler eines Haushalts, also Strom, Gas, Wasser, Fernwärme oder Warmwasser. Der Stromzähler würde die Verbrauchsdaten aller anderen Zähler zusammenfassen und an den Versorger übermitteln. Ohne Mühe für den Bewohner. Denkbar auch die Verknüpfung an elektronische Vorauszahlungssysteme für Kunden, die ihre Abschläge nicht per Dauerauftrag überwiesen oder Lastschriftverfahren einziehen lassen. Sie überweisen fällige Beträge online auf ein ganz bestimmtes Konto - und das löst die Freischaltung des Zählers aus. In Echtzeit. Schneller geht es nicht.
Zukunftsmusik? Seit Start der Pilotversuche unter realen Bedingungen nicht mehr ganz. Die neue Technik soll sich nun in die bestehende Systeme und vorhandene Netzinfrastruktur reibungslos einfügen. So können mögliche technische Probleme frühzeitig erkannt werden - damit die Kasseler Bürger auch in Zukunft rund um die Uhr wie gewohnt sicher mit Strom versorgt werden.