Während des zweiten Weltkriegs konnte der Betrieb zeitweise nur mit großer Mühe aufrechterhalten werden. Nach Zerstörung des Instituts durch einen Bombenangriff wurde ein Ausweichquartier in den Lungenheilstätten in Nieder-Ramstadt bezogen. Es ist überliefert, dass der einzige Assistenzarzt mit dem Rucksack bepackt nach Heidelberg und andere Universitäten geschickt wurde, um Einrichtungsgegenstände zum Aufrechterhalt des Betriebs zu erbitten.
Krankheitsbedingt musste Paul Schneider 1946 seinen Dienst quittieren und Werner Schopper trat seine Nachfolge an. Schopper erreichte, dass das pathologisch-bakteriologische Institut 1949 nicht, wie ursprünglich geplant, nach Darmstadt Eberstadt umzog, sondern wieder in der Grafenstrasse 9 angesiedelt wurde, in einem neu errichteten Sektionstrakt und den wiederhergestellten Räumen des sogenannten Unruhigenbaus, in dem vormals Patient*innen der Psychiatrie behandelt worden waren.
Bis 2021 dienten hier ehemalige Krankensäle als Labor und Chefarztbüro, während das Sekretariat in einem Tobzimmer mit verstärkten Wänden untergebracht war. Werner Schopper, der sich wissenschaftlich neben der Gewebezüchtung vor allem für die gynäkologische Histopathologie und Leberpathologie interessierte, erwirkte auch eine Aufstockung des Personalschlüssels, unter anderem durch fest angestellte Sekretärinnen und medizinisch-technische Assistentinnen, was das Arbeiten erheblich erleichterte.
Von 1968 bis 1991 übernahm Hans-Helmut Jansen, ein ausgewiesener Herzforscher, die Leitung des Instituts. In diesen Jahren stieg die Anzahl histopathologischer und zytologischer Untersuchungen sprunghaft an. Meilensteine stellten die Etablierung der gynäkologischen Vorsorgezytologie und die Einführung der Methode der Immunhistochemie in der Routinediagnostik dar, mit der antikörpervermittelt zelluläre Strukturen in Gewebeschnitten farblich markiert werden und so zum Beispiel die Charakterisierung von Tumoren erlaubt. Weiterhin führte Jansen moderne Informationssysteme zur Befunderhebung, Archivierung und Statistik ein. Unermüdliche Aufklärungsarbeit leistete Hans-Helmut Jansen bezüglich klinischer Obduktionen als Mittel der Qualitätssicherung klinischer Arbeit, fasst Dr. Bergmann zusammen.
Von ersten Methoden zur Charakterisierung von Tumorerkrankungen bis zur next generation-Sequenzierung
Weiter ausgebaut und technisch modernisiert wurden die pathologischen Leistungen ab 1991 unter der Leitung des renommierten Kardiopathologen Prof. Dr. Gerhard Mall. Erstmals wurden molekulare Untersuchungsmethoden zur Charakterisierung von Tumorerkrankungen und zur Abklärung von Erregern bei Infektionskrankheiten in der Routinediagnostik durchgeführt. Außerdem überführte er das Pathologische Institut 2017 in die Organisationsstruktur eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) als einhundertprozentige Tochter des Klinikums Darmstadt.
Frank Bergmann ist seit 2017 Direktor des MVZ und Leiter der Pathologie, die 2020 moderne Labore im zentralen Neubau des Klinikums Darmstadt bezogen hat. Von hier aus versorgt die Pathologie mit zwischenzeitlich 27 Mitarbeitenden diagnostisch das Klinikum Darmstadt und weitere Krankenhäuser, MVZs und Arztpraxen. „In den vergangenen fünf Jahren ist es uns - quasi der Tradition der Vorgänger folgend - gelungen, die Pathologie nochmals wesentlich zu modernisieren“, sagt Dr. Bergmann. So wurden modernste diagnostische Verfahren wie die next generation-Sequenzierung in der Routinediagnostik etabliert, mit der innerhalb kürzester Zeit mehrere Hundert Gene untersucht werden können, die für die Diagnostik und vor allem Therapie von Tumorerkrankungen relevant sind. Darüber hinaus wurden wesentliche Arbeitsschritte in den Laboren digitalisiert.
„Digitalisierung und technische Innovationen werden uns auch in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen“, ergänzt Bergmann. „Der diagnostische Alltag hat sich seit der Gründung des Instituts enorm gewandelt. Standen vor 100 Jahren Leicheneröffnungen im Vordergrund der Tätigkeit, so sind das heute Untersuchungen an Biopsaten, zytologischen Präparaten und Operationspräparaten, deren Ergebnis ein essentieller Bestandteil für die Behandlung der Patient*Innen darstellt, auch wenn das in der Öffentlichkeit häufig nicht so wahrgenommen wird.“
Dass die Pathologie auch nach 100 Jahren auf dem richtigen Kurs ist und eine wichtige Rolle für das Klinikum Darmstadt und andere medizinische Einrichtungen der Stadt und Region spielt, sieht auch Geschäftsführer Clemens Maurer: „Wir sind in der glücklichen Lage, pathologische Diagnostik auf höchstem Niveau und unter extern erfolgreich überprüften Qualitätssicherungsrichtlinien anbieten zu können“. Die nächsten Projekte befinden sich bereits in Bearbeitung. So soll unter anderem in Kürze ein externer Standort telemedizinisch an die Klinische Pathologie im Klinikum Darmstadt angebunden werden.