Neutrophile haben im Kampf gegen Erreger verschieden Strategien entwickelt. Normalerweise fressen sie Bakterien regelrecht auf; überdies können sie die Netze formieren, die mithin für eine erfolgreiche Immunabwehr unerlässlich sind. Bei der Netzbildung, einer Art Selbstmordprogramm, verändert sich das Innere der Zelle binnen weniger Stunden komplett, die Erbsubstanz DNA wird gelockert. Das Knäuel des Erbfadens plus einige an ihn gebundene Proteine erinnert tatsächlich an ein Netz, das in die Umgebung geschleudert wird und mit dem Bakterien gefangen und getötet werden sollen. Doch im Falle der CF gelingt die Beseitigung der Bakterien nicht - so werden die eigentlich sinnvollen Netze zur Falle für die Patienten.
Hartl und seine Kollegen bekamen zunächst von der CF-Ambulanz am Klinikum Schleim von Patienten angeliefert und starteten eine monatelange Versuchsserie. "Die Netze methodisch robust nachzuweisen, war wirklich sehr schwer", sagt der junge Wissenschaftler. Doch schließlich gelang das Bravourstück mit Hilfe der Mikroskopie-Experten der Universität Salzburg. Tatsächlich waren dann "massenweise Netze sichtbar", wie Hartl sagt. Mehr noch: "Je schlechter die Lungenfunktion unserer Patienten, umso mehr Netzte finden wir in den Atemwegen", umschreibt Hartl ein weiteres Ergebnis der Studie, die im renommierten Fachblatt "Nature Medicine" veröffentlich wurde.
Molekular angestoßen wird die Netzbildung offenbar durch bestimmte Botenstoffe aus der so genannten CXC-Familie - eine ebenfalls neue Erkenntnis. Diese "Chemokine" werden von verschiedenen Immun- oder Gewebezellen zur Bekämpfung von Infektionen ausgeschüttet und binden nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip" an den "CXCR2-Rezeptor" auf den Oberfläche der Neutrophilen. Mit einer bereits in anderen klinischen Studien getesteten neuen Substanz haben die Forscher in CF-Mäusen dann den CXCR2-Rezeptor blockiert. "Daraufhin verbesserte sich die Lungenfunktion der Tiere deutlich", erklärt der Münchner Wissenschaftler. Schon denkt er daran, eine eigene klinische Studie mit CF-Patienten zu lancieren. Entscheidend wird dabei sein, mittels eines inhalativen Systems so viel wie möglich des neuen Medikamenten-Kandidaten in die verstopften Lungen der Betroffenen einzuschleusen. Noch gibt sich Hartl skeptisch, weil derlei Therapien oft mehr oder minder schwere Nebenwirkungen mit sich bringen. Dennoch könnte der Ansatz langfristig eine Chance gerade für ältere CF-Patienten bedeuten.