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Sicherheit in der Psychiatrie

(lifePR) (Irsee, )
Gesundheitspolitischer Kongress der bayerischen Bezirke beleuchtet zentrale Fragen der Sicherheit von Patienten wie Mitarbeitenden: Ausreichende Ausstattung mit qualifiziertem Personal und ein Genesungs-förderndes Umfeld wichtiger als externe Sicherheitsdienste.

Auch wenn die Polizeistatistiken für Deutschland eine deutliche Abnahme schwerer Straftaten belegen, lässt sich – u.a. durch eine veränderte Anzeigepraxis und ein entsprechendes mediales Interesse – ein vermehrtes gesellschaftliches Sicherheitsbedürfnis feststellen, das mit Forderungen nach objektivier­baren Sicherheitsmaßnahmen zusammengeht – auch für die Behandlung psychisch kranker Personen.

Während die Aufmerksamkeit für aggressives Verhalten gegenüber Mitarbeitenden in den Gesundheitseinrichtungen und Sanitätsdiensten deutlich gestiegen ist, lässt sich eine statistisch signifikante Zunahme von Gewaltdelikten von Patientinnen und Patienten nicht nachweisen, so liegt sie etwa in Baden-Württemberg im langjährigen Durchschnitt relativ konstant bei 8% der Behandlungsfälle. Auch in der historischen Perspektive zeigt sich, dass Phänomene von „Aggression auf Station“ die Psychiatrie seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert begleiten. Aller stigmatisierenden Vorurteile in der Bevölkerung zum Trotz, erhöht das Vorliegen einer psychischen Erkrankung das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden, signifikant, nicht jedoch das, selbst gewalttätig zu werden. Das Narrativ „psychisch krank = aggressiv = gewalttätig“ ist daher eindeutig widerlegt, wie sich alle Experten einig sind – unter ihnen der Past-President der DGPPN (Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde), Prof. Dr. Thomas Pollmächer (Ingolstadt), der Ärztliche Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Ravensburg, Prof. Dr. Tilman Steinert, und Prof. Dr. Andreas Fraunhofer (Studiengangsleitung Angewandte Pflegewissenschaft an der Hochschule München).

Prof. Dr. Hermann Spießl (Ärztlicher Direktor im Bezirkskrankenhaus Landshut) wies darauf hin, dass es für den Einsatz von Sicherheitsdiensten in der Psychiatrie keinerlei Evidenz gibt, dass vielmehr die rechtlich unklaren Befugnisse solcher Krankenhaus-fremder Personen das „Stations-Klima“ ungünstig beeinflussen und der Stigmatisierung psychiatrisch Erkrankter weiter Vorschub leisten. Stattdessen wurden therapeutisch-pflegerische Modelle zur Verhinderung bzw. Minimierung von Zwang und Gewalt in der psychiatrischen Versorgung vorgesellt: Pflegebereichsleiterin Julia Tandetzky berichtete von der erfolgreichen Einführung eines „5-Phasenmodells“ am Bezirksklinikum Obermain, Prof. Dr. Mathias Zink (Chefarzt am Bezirksklinikum Ansbach) plädierte für „professionelle Nähe“ und eine „psychothera­peutische Grundhaltung“ aller in der Psychiatrie tätigen Personen, um die Sicherheit „durch Beziehungs­angebote“ zu verbessern. Prof. Dr. Michael Schulz (langjähriger Leiter des Studiengangs Psychiatrische Pflege/Psychische Gesundheit an der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld) warb für den Einsatz von „Safewards“ und wissenschaftlich evaluierte Deeskalationstrainings. EX-IN-Genesungsbegleiter Joachim Meyer brachte an eindrücklichen Beispielen die Betroffenen-Perspektive ein: Bevormundung und das Gefühl von Ausgeliefertsein löst zunächst Verunsicherung und dann auch Aggression aus.

Zum Abschluss des 20. Gesundheitspolitischen Kongresses in Kloster Irsee, an dem mehr als 70 Verantwortungsträger aller Berufsgruppen aus allen sieben bayerischen Bezirken teilnahmen, berichtete Dr. Peter W. Nyhuis (Herne) aus dem von ihm als ärztlichen Direktor geleiteten St. Marien-Hospital Eickel, das seit 1977 eine „dogmatisch offene“ Psychiatrie verwirklicht: Seit über vier Jahrzehnten wird hier konsequent auf geschlossene Stationstüren verzichtet und stattdessen Milieu-bildende Maßnahmen (wie begleitete Außeneinsätze oder die Einbindung des therapeutischen Ehrenamts) betrieben. Anregungen für eine „Autonomie-fokussierte Psychiatrie“, die sowohl den Sicherheitsbedürfnissen von Patientinnen und Patienten als auch denen aller Mitarbeitenden entgegenkommt.

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