JG: Pflanzen sind durch und durch lebendig, so wie wir Menschen auch! Sie schenken uns nicht nur einen ausgewogenen Mix aus wichtigen Vitalstoffen (Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffe u.a.). Sie können uns gleichzeitig auch helfen, seelisch wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Nicht umsonst bringen wir gerne Blumen als Gastgeschenk mit oder entspannen uns bei einem Spaziergang durch den Wald.
In unserer modernen Welt hat es die traditionelle Kräuterheilkunde nicht immer leicht. Warum?
JG: Obwohl manche Pflanzen ihre Wirksamkeit über viele Generationen belegen, sind die von der Gesetzgebung geforderten Nachweise im Labor teils schwer zu erbringen. Das liegt daran, dass in Pflanzen meistens ein ganzer Cocktail an Inhaltsstoffen für die heilenden Impulse zuständig ist und nicht nur eine Einzelkomponente. Viele naturwissenschaftlichen Forschungsreihen beziehen sich jedoch auf isolierte Inhaltsstoffe. Daher wird manchen alten und beliebten Heilpflanzen von den zuständigen Kommissionen nur eine bescheidene medizinische Wirkung zugesprochen.
Um welche Pflanzen handelt es sich da? Können Sie Beispiele nennen?
JG: Zum Beispiel den Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea) haben viele als Zierpflanze im Garten und wissen nichts von deren Wirkungen. Er war ursprünglich eine traditionelle Heilpflanze der indigenen Völker Nordamerikas, deren Extrakt wird heute auch bei uns sehr gerne bei beginnender Erkältung eingenommen. Er wirkt entzündungshemmend und enthält eine Reihe von antioxidativen Inhaltsstoffen, die die Abwehrkräfte stärken (z.B. Cichoriensäure). Andere Beispiele für immunstärkende Pflanzen sind die Mistel oder der Ginseng. Durch die breite Palette ihrer Inhaltsstoffe wirken diese Pflanzen allgemein aufbauend und adaptogen. Das bedeutet, sie helfen dem Körper, sich an Stresssituationen anzupassen und resistenter gegen Ansteckungen zu sein. Man fühlt sich irgendwie besser - ohne dass sich das gesteigerte Lebensgefühl deswegen zwangsläufig in Zahlen ausdrücken ließe.
Sie sind Schamanin und sehen die Heilpflanzen auch von ihrer seelischen Wirkung und ordnen ihnen bestimmte Eigenschaften zu. Bei Echinacea schreiben Sie, dass man mehr "Durchblick" bekommt. Wie kommen Sie darauf?
JG: Wenn ich die seelische Wirkung einer Pflanze erforsche, gehe ich innerlich mit ihr in Verbindung - wie es Schamanen und Kräuterfrauen schon immer taten. Das lässt sich nicht mental machen. Dazu muss der Kopf ganz leer werden und das Herz weit. Dann entsteht in mir mit der Zeit eine präzise Empfindung der Pflanze, die ich in Worte fasse. Bei Echinacea hatte ich beispielsweise das Gefühl, hinter die "Kulissen" zu blicken und Täuschungen besser erkennen zu können. Mit ihrer Hilfe könnte mir keiner einen Ackergaul für ein Rennpferd verkaufen.
Inwiefern hängt die seelische Wirkung einer Heilpflanze mit ihrer körperlichen Wirkung zusammen? Gibt es da Parallelen?
JG: Manchmal gibt es einen offensichtlichen Zusammenhang, etwa bei der Ringelblume. Ringelblumensalbe ist ein traditionelles Wundheilmittel, das bei Hautentzündungen, Herpes oder Sonnenbrand eingesetzt wird. Auf der seelischen Ebene wirkt die Ringelblume auch wundheilend und besänftigend. Sie schenkt uns Trost bei Kränkungen und stärkt die innere Zuversicht, dass schon alles wieder gut werden wird. Der Purpur-Sonnenhut wiederum wirkt sowohl auf der körperlichen, als auch auf der seelischen Ebene immunstärkend. Wir können uns gegen Viren und Bakterien besser abgrenzen, aber auch im sozialen Leben gegen allzu verführerische Angebote mit viel "Kleingedrucktem".
Warum haben Sie neben dem Buch die Informationen und die seelischen Wirkungen auch auf Karten gebracht? Warum? Wie genau sollte man damit arbeiten?
JG: Karten sind eine wunderbare und spielerische Methode stückchenweise, mit den Energien von Pflanzen in Kontakt zu kommen. Ganz nach dem Motto "Welche Pflanze stärkt mich heute?" können Sie sich eine passende Tageskarte ziehen. Dazu legen Sie die Karten einfach aufgefächert vor sich hin, schließen die Augen, entspannen sich und greifen dann intuitiv zu einer Karte. Betrachten Sie das Bild und lesen Sie den Text dazu. Was spricht Sie an? Welche Assoziationen kommen Ihnen? Brauchen Sie mehr von dieser seelischen Qualität? Dann können Sie die Karte einige Tage gut sichtbar bei sich aufstellen.
Und sollte ich die Pflanze dann auch einnehmen?
JG: Das kommt darauf an... wenn Sie in der kalten Jahreszeit die Karte Acerola ziehen, kann es durchaus sein, dass Ihr Körper große Lust auf eine Extraportion Vitamin-C hat. Die würde ich ihm dann auch geben. Ansonsten ist es am besten, die Einnahme von Heilpflanzen mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker zu besprechen.
Noch eine letzte Frage: Was wünschen Sie sich für unser Gesundheitssystem?
JG: Ich wünsche mir, dass immer mehr Menschen den Mut haben, schulmedizinisches Wissen mit den vielfältigen Erfahrungen aus traditioneller Heilkunde und Schamanismus zu verbinden. Da gibt es noch viel zu entdecken!
Danke für das Gespräch, Königsfurt-Urania Verlag