Von 2001 bis 2003 arbeitete er frei für die Berliner Zeitung. 2002 bis 2008 war er Mitarbeiter der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Ein Jahr später begann das langjährige SPD-Mitglied eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Büroleiter des Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Hacker.
Neben der politischen Arbeit engagiert sich Igel u.a. in der AWO Treptow-Köpenick und im Heimatverein Köpenick, für den er seit 2007 stellvertretender Vorsitzender ist. Der fußballbegeisterte Politiker ist zudem Mitglied beim 1. FC Union Berlin, aber auch bei den Freunden der Staatsbibliothek zu Berlin.
„Wir wollen etwas leisten, das die Menschen ganz konkret positiv in ihrem Alltag merken.“
Interview mit Oliver Igel
Endlich ist Berlin am Drücker! Was erwartet uns: Sex, Drugs and Rock’n’Roll?
Es ist schön, dass nach den Brandenburger Kollegen nun ein Berliner die Ehre hat, das Dialogforum ein halbes Jahr lang zu führen. Daraus erwächst auch ein wichtiges Signal: die Flughafenumfeld-Entwicklung ist kein rein Brandenburger, sondern ein gemeinsames Thema, an dem Berlin und Brandenburg zusammen arbeiten.
Wir müssen nur noch die Berliner Bezirke in der Umgebung motivieren, mitzumachen. Das wird eine meiner Hauptaufgaben im nächsten halben Jahr sein.
Woran liegt es, dass die Berliner Bezirke nicht mitmachen? Sie selbst haben sich mal als Berliner Feigenblatt bezeichnet – eigentlich sind Berlin Tempelhof-Schöneberg und Neukölln auch Teil der Flughafenregion.
Die Kollegen aus Tempelhof-Schöneberg und Neukölln sind beim Dialogforum dabei, aber eher sporadisch. Berliner Themen liegen ihnen näher als Flughafen-Themen. Aber genau das ist unsere gemeinsame Aufgabe: dies aufzubrechen, um deutlich zu machen, dass wir den Blick nicht nur in die eine Richtung – ins Innere von Berlin – richten, sondern auch auf das unmittelbare Umland. Das ist ein Feld, das ich als Bezirksbürgermeister etwas einfacher bespielen kann als die Stadtvertreter aus Brandenburg, die das Dialogforum in der Vergangenheit führten.
Welche Schwerpunkte erwarten uns?
Das Dialogforum hat gerade im letzten halben Jahr dank der Führung von Jörg Jenoch einen wirklich qualitativen Aufschwung erlebt. Mit unserer Klausurtagung, mit der Etablierung des Klimaschutznetzwerkes und mit der Schaffung des Regionalen Entwicklungsfonds sind Weichen gestellt worden.
Auf der Klausurtagung haben wir uns über Grundsätze der zukünftigen Zusammenarbeit unterhalten. Vielleicht gibt es künftig auch eine neue Verfasstheit des Dialogforums – all das wird noch auszudiskutieren sein, aber wir haben uns im letzten halben Jahr viel mehr von einem theoretischen Dialogforum zu einem Praxisforum gewandelt. Das sehe ich sehr positiv.
Ich vermute, dass wir das im nächsten halben Jahr nicht toppen können. Wir müssen erst einmal ein paar Themen zu Ende bringen. Dazu gehört – dies haben wir ebenfalls im vergangenen Jahr angefangen – der intensive Dialog mit den Brandenburger Landtagsabgeordneten. Dort möchte ich ansetzen und einen solchen Dialog auch mit den Berliner Abgeordneten initiieren.
Was bedeutet das konkret, wenn dem Dialog die Praxis, das Handeln folgen soll?
Die Hauptaufgabe, die aus solchen Dialogen erwächst: Die Lobbyarbeit für die Region zu gestalten, aber gleichzeitig, und das macht eben das Praxisforum aus, Dinge ganz konkret umzusetzen.
Wir kümmern uns gerade wieder einmal sehr intensiv um die Verkehrssituation in der Flughafenregion. Wir haben im Regionalen Entwicklungsfonds zwei Anträge beschlossen, die sich mit dem Radverkehr beschäftigen: einer davon ist ein ganz praktischer; ein Lückenschluss. Solche konkreten Projekte möchte ich auf jedem Fall weiter voranbringen, die in der Flughafenregion dann tatsächlich erlebbar werden. Das sollte hoffentlich Vorbild für andere Kommunen sein, dem Regionalen Entwicklungsfonds beizutreten und mitzumachen.
Dann geht es darum, die Geschäftsstelle zu stärken. Last but not least ist es Zeit, darüber nachzudenken, ob es nicht doch gelingt, einen ständigen Vorsitzenden zu gewinnen. Alle vier stellvertretenden Vorsitzenden des Dialogforums haben am Ende des Jahres einmal das Dialogforum geleitet. Wir machen das alles neben unseren Bürgermeisterjobs. Nun sollten wir darüber sprechen, wie lange dieses Modell noch tragfähig ist.
Was wäre denn der Vorteil einer oder eines ständigen Vorsitzenden?
Das Arbeitsfeld für das Dialogforum erstreckt sich von Potsdam nach Schönefeld und von Schönefeld in die Stadtmitte von Berlin, das sind die Richtungen der Lobbyarbeit für die Region. Mit jemandem, der mehr Zeitressourcen hat und das Dialogforum nicht nebenbei, sondern hauptamtlich macht, wird einfach mehr möglich sein. Wir können uns besser präsentieren, in der Region zeigen, Gespräche führen und Menschen dafür gewinnen, dass die Flughafenregion stärker unterstützt wird.
Wenn wir dazu kommen, dass wir aus dem Dialogforum ein Praxisforum machen, das vielleicht sogar selbst Projekte umsetzt, das vielleicht in ferner Zukunft sogar selbst investiert, selbst baut, selbst entwickelt, dann ist das nicht mehr nebenbei zu steuern. Da brauchen wir man jemanden, der sich dem mit voller Kraft widmen kann.
Und das Ganze dann auch in Form der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft?
Wir diskutieren Modelle und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Aber es wird auf jeden Fall eines bleiben: Eine Gemeinschaft der Kommunen. Es geht darum, etwas gemeinsam zu machen, weswegen der Begriff Kommunale Arbeitsgemeinschaft auch wörtlich zu sehen ist. Natürlich bleibt auch das Wort Dialog im Dialogforum bestehen. Denn wir sind ein Austauschgremium, in dem wir über Fragen, Belastungen und Chancen in dieser Region beraten. Wir wollen etwas leisten, das die Menschen in dieser Flughafenregion ganz konkret positiv in ihrem Alltag merken. Und wenn es eben der Lückenschluss eines Radweges ist.
Sie haben einen journalistischen Hintergrund und sind der Leiter der AG für Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligung. Was muss sich im Hinblick auf Kommunikation ändern – möchten Sie etwas Neues ausprobieren in dem halben Jahr, das vor Ihnen liegt?
Wir haben die Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren sehr stark intensiviert. Das Dialogforum ist jetzt für viel mehr Menschen ein Begriff. Vor allen Dingen ist es gelungen, die Lokalpolitik über das Dialogforum stärker zu informieren. Das ist unter anderem durch das Format „Kommunalpolitische Forum“ gelungen, in dem sich Kommunalpolitiker aus Berlin und Brandenburg zu Flughafenthemen informieren und austauschen können. Wir haben eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit mit Pressemitteilungen und Internetauftritt betrieben und das ist auch wahrgenommen worden. Wir stehen viel stärker in Zeitungen und in Online-Medien als zuvor.
Aber: Das verfolgen wir jetzt seit etwa zwei Jahre. Wir werden im Rahmen einer Evaluation schauen müssen, was die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit gebracht hat. Müssen wir noch bekannter werden und uns noch bekannter machen? Und wenn ja, mit welchen Mitteln machen wir das? Deshalb werden wir überprüfen, wen und was wir in den letzten eineinhalb, zwei Jahren erreicht haben. Dann ist darüber zu diskutieren, ob wir auch in der Öffentlichkeitsarbeit etwas anders machen wollen oder ob es ein Weiter-so mit voller Kraft gibt.
Wie kommunizieren wir am besten eine Region, die durch den Flughafen definiert wird? Wie kann man da eine gemeinsame Identität schaffen? Brauchen wir einen neuen Name für die Flughafenregion, vielleicht auch für das Dialogforum, in dem ja auch der Flughafen ganz prominent im Namen steht?
Der Flughafen ist Realität. Diese Realität müssen wir gestalten und dazu gehört, Belastungen zu minimieren, Chancen zu nutzen und herauszustellen, dass an dieser Stelle ein sehr großes Unternehmen ansässig ist, von dem sehr viele Familien und ganze Generationen, aktuell und wohl auch noch in Zukunft profitieren werden. Wir haben das konkret hier bei uns im Bezirk Treptow-Köpenick gemerkt: Als klar war, der Flughafen wird tatsächlich eröffnet, stieg die Nachfrage nach Gewerbeflächen enorm an, ebenso wie Anfragen von Unternehmen, die sich ansiedeln wollen, die Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaffen, so dass sehr viele Menschen hier eine Zukunft sehen. Wenn mehr Menschen, die einen Job gefunden haben, hierherziehen, dann ist es notwendig, dass auch die Verkehrsinfrastruktur und die soziale Infrastruktur mithalten.
Deswegen arbeiten wir gemeinsam mit dem Flughafen an der Umfeldentwicklung.
Ich frag mal andersherum: Wie wichtig ist eine gemeinsame Identität?
Jeder kann seine Identität behalten und sagen: Ich bin ein Kiekebuscher, Eichwalder oder Schulzendorfer. Es geht darum, im Denken der Bevölkerung zu verankern, dass es zwischen Schönefeld und Altglienicke keinen Schlagbaum, keine Grenze gibt. Es gibt eine Landesgrenze, aber wenn kein gelbes Schild mit einem neuen Ortsteil oder einem neuen Ort stünde, würde man das nicht zwingend merken. Wir müssen die Vorreiter dafür sein, dass Berlin und Brandenburg an solchen Stellen viel enger zusammenwachsen. Die Länderfusion ist vor Jahrzehnten gescheitert, aber wir können sie im praktischen Handeln lebendig machen.
Wenn wir uns insgesamt in Berlin und Brandenburg als Flughafenregion, die zusammenarbeitet, einen stärkeren Namen gemacht haben, können wir uns bei der Berliner und Brandenburger Politik Respekt erarbeiten. Wenn wir zeigen, dass wir interkommunal zwischen Berlin und Brandenburg nicht nur in Austauschrunden, sondern auch ganz praktisch zusammenarbeiten, kann das Vorbild für die Region sein und weit über die Flughafenregion hinausstrahlen.
Ich kann es auch nur jedem empfehlen, das mal auszuprobieren. In unserer Region von A nach B zu radeln, zu spazieren und wirklich grenzüberschreitend sich auf den Weg zu machen. Apropos: Wie laden Sie Ihre Batterien auf?
Das geht fast nur im Urlaub. Wenn ich Urlaub habe, dann fahre ich weg, dann verlasse ich die Flughafenregion, um einfach mal irgendwo abzuschalten – das kann an der Ostsee sein, aber auch in europäischen Städten oder anderen Regionen.
In Berlin genieße ich das Radfahren. Gerade lief die Aktion „Stadtradeln“ in Berlin und wir alle erkämpften Kilometer. Dank Fahrradfahrluft komme ich auch auf die einen oder anderen Gedanken.