Abschied
Die »Kindertotenlieder« stellen sicher das persönlichste, weil tragischste Abschiedswerk Mahlers dar, der den Tod seiner Tochter hier musikalisch vorausahnt. Als er viele Jahre später, im Frühjahr 1911, kurz vor seinem Tod, zum letzten Mal von Amerika nach Europa fuhr, war auch Ferruccio Busoni an Bord, dessen »Berceuse élégiaque« (»Des Mannes Wiegenlied am Sarge seiner Mutter«) Mahler in seinem letzten Konzert als Dirigent programmierte. Die Rückert-Texte der »Kindertotenlieder« verwendete Max Reger als Vorlage für seine »Romantische Suite« op. 125, welche das Linos Ensemble am 19. April abschließend in der Schönbergschen Fassung aufführt.
Hinüber reisen
Einen Tag später begeben sich das Leipziger Streichquartett und der Bariton Stephan Genz mit Othmar Schoecks »Notturno« auf eine Reise in die Nacht. Nach Texten von Nikolaus Lenau und Gottfried Keller schrieb der Schweizer Komponist und Schüler von Max Reger in den Jahren 1931-33 ein hochpoetisches Werk in fünf Sätzen mit einer kraftvollen, geradezu symbiotischen Musiksprache. Auch hier ein Abschied: »Nimm die Seele, die so leicht an Wert, doch auch an üblem Willen, nimm sie auf und lass sie mit dir reisen, schuldlos wie ein Kind, das deine Strahlendeichsel nicht beschwert - hinüber ...« Zu Beginn steht Beethovens Streichquartett a-Moll op. 132, das die Erholung eines »Wiedergeborenen« in Musik fasst, der sich zwischenzeitlich bereits an der Schwelle zum Jenseits befand.
Das Unvermeidliche
Schließlich, am 21. April, wird die Kammersymphonie Berlin unter Jürgen Bruns zu hören sein. Das Unvermeidliche ist das Thema: die Angst vor dem Tod und dessen Überwindung. Dazu Dmitri Schostakowitsch: »Angst vor dem Tod ist vielleicht das stärkste Gefühl, das ein Mensch haben kann (...) Die Ironie liegt darin, dass gerade unter dem Druck der Todesangst Menschen große Gedichte, Prosa, Musik schaffen.« Also die Überwindung der Angst durch die Kunst - eine Motivation, die auch Gustav Mahler zeitlebens antrieb. Nur in der Kunst kann die Ambivalenz von Todessehnsucht und Erlösungswunsch überwunden werden. Hiervon zeugt Schostakowitschs 14. Sinfonie für Sopran, Bass und Kammerorchester. Aber auch Karl Amadeus Hartmanns berühmtes »Concerto funèbre« für Violine und Streichorchester (Solist: Kolja Blacher) und der wunderbare »Cantus in memoriam Benjamin Britten« von Arvo Pärt sind sprechende und klingende Zeugnisse kraftvoller und mutiger Auseinandersetzung mit diesem Thema. Schlusswort Schostakowitsch: »Wenn die Menschen schon in jüngeren Jahren anfingen, über den Tod nachzudenken, würden sie weniger Dummheiten machen.«
DI 19.04.11
Linos Ensemble
Marion Eckstein Alt
Ferruccio Busoni »Berceuse élegiaque« op. 42, für Kammerensemble bearbeitet von Erwin Stein Gustav Mahler »Kindertotenlieder«, für mittlere Singstimme und Kammerensemble bearbeitet von Rainer Riehn Max Reger »Eine romantische Suite« op. 125, für Kammerensemble bearbeitet von Arnold Schönberg und Rudolf Kolisch
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MI 20.04.11
Leipziger Streichquartett Stephan Genz Bariton
Ludwig van Beethoven Streichquartett a-Moll op. 132
Othmar Schoeck »Notturno« für Bariton und Streichquartett op. 47
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DO 21.04.11
Kammersymphonie Berlin
Jürgen Bruns
Claudia Barainsky Sopran
Anton Keremidtchiev Bass
Kolja Blacher Violine
Arvo Pärt »Cantus in memoriam Benjamin Britten« für Streichorchester und Glocke
Karl Amadeus Hartmann »Concerto funèbre«für Violine und Streichorchester
Dmitri Schostakowitsch Sinfonie Nr. 14 für Sopran, Bass und Orchester g-Moll op. 135
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