Diese - ganz und gar - euphorische Kritik eines Solo-Rezitals von Fazil Say bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern fügt sich in eine lange Reihe von Lobeshymnen, die eines sicher nicht wollen: übertreiben. Und so ist es keineswegs übertrieben, das Klavierspiel dieses außerordentlichen Pianisten als tatsächlich »besonders« zu beschreiben. Und zwar in jeder Hinsicht: besonders ausdrucksstark, emotional wie motional, besonders differenziert in Technik und Anschlagskultur, besonders interpretiert. Und vor allem: besonders ernst. In den Worten des großen Kritikers Wolfgang Schreiber: »Fazil Says totale Identifikation mit der Musik wirkt jederzeit authentisch, sein Klavierspiel, sein rhythmisches Gestikulieren, Mitsingen, Aufstampfen entstammt dem überbordenden Ausdruckswillen, einer Ausdrucksnot.«
Diese Not, die Frucht einer eigentümlichen Kombination von orientalischer Urmusikalität und deutschem Musikstudium, wird insbesonders deutlich bei den Busoni-Bearbeitungen Bachs. Busonis Ansatz, das verborgene Potenzial an Rhythmus, Harmonie und Gestik der Bachschen Vorlage ans Licht zu holen, wird bei Say klangliche Realität. Auch ein weiteres »großes B« der Musikgeschichte darf bei Fazil Says Rezital im Rahmen seiner Residency am Konzerthaus Berlin nicht fehlen: Beethoven. »Die c-Moll-Sonate mache ich erst zwei, drei Jahren. Es ist ein großes philosophisches Werk aus der Zeit von Beethoven für reife Pianisten. Ich bin ja mittlerweile schon ziemlich reif geworden mit meinen 40 Jahren. (...) Für Opus 111 muss man nicht nur musikalisch und technisch gut sein, sondern es zeigt auch, wie weit man als Musiker in den Tiefen der Musik drin ist.«
Artist in Residence
Fazil Say Klavier
- Johann Sebastian Bach Chaconne aus der Partita für Violine solo d-Moll BWV 1004, für Klavier bearbeitet von Ferruccio Busoni
- Ludwig van Beethoven Sonate c-Moll op. 111
- Modest Mussorgsky »Bilder einer Ausstellung«