„Der Mobilitätsbedarf von morgen erfordert ein Umdenken aller Beteiligten. Dabei müssen wir den Entwicklungen aufgeschlossen und ohne Vorurteile begegnen“, brachte es KS-Präsidentin Marita Manger bei der Verleihung des 38. KS-Energie- und Umweltpreises 2018 an den Nutzfahrzeughersteller Iveco mit der Bus-Marke Heuliez am 22. Juni auf den Punkt. Die KSPräsidentin zeigte sich auf der traditionsreichen, jährlichen Veranstaltung des drittgrößten deutschen Automobilclubs überzeugt, dass die erstmals vom KS ausgezeichneten elektrisch angetriebenen Busse im Mobilitätsmix der kommenden Jahre große Bedeutung erlangen werden – besonders im innerstädtischen Verkehr. Insgesamt braucht die Gesellschaft nach Überzeugung von Marita Manger neben innovativen, miteinander vernetzten Verkehrskonzepten bestehend aus Bussen, Bahnen, Pkws oder Fahrrädern auch emissionsfreie Automobile, Benziner, Diesel und E-Autos, assistiertes und autonomes Fahren sowie eine Änderung der Einstellung im Hinblick auf „benutzen statt besitzen“.
Mobilitätsoption für Städte und Einzugsgebiete
Ein entscheidendes Argument für die Elektro-Busreihe GX von Heuliez war für die KSExpertenjury ihre Eignung als wichtiger Bestandteil einer intelligenten, urbanen Mobilität, bei der es gilt in Gesamtzusammenhängen zu denken. Da auch die soziale Verpflichtung von Kommunen gegenüber dem Luftreinheits- und Ruhebedürfnis von Stadtbewohnern höchste Priorität hat, gelten leise und am Ort der Verwendung emissionsfrei agierende Elektrobusse als eine wichtige Lösungsoption für die urbane und stadtnahe Mobilität. KS-Jurymitglied Prof. Dieter Anselm hob in seiner Laudatio gleichwohl hervor, dass die derzeitige Fokussierung nur auf die Elektromobilität sicher zu kurz gedacht sei: „Wir können es uns nicht leisten, den Verbrennungsmotor zu disqualifizieren. Denn wenn wir bei allen Antriebsarten eine Lifecycle-Betrachtung anwenden, fließen die enormen Umweltbelastungen durch Produktion, Betrieb und Entsorgung von Elektrofahrzeugen mit in die Betrachtung ein. Und da sieht manches im Vergleich anders aus.“ Hinzu komme, dass bei der Herstellung der Batterien für Elektrofahrzeuge auch die zu erwartende Verknappung von Lithium und vor allem Kobalt ins Kalkül gezogen werden müsse.
Trotz dieser Bedenken sei die KS-Jury zu dem Ergebnis gekommen, dass man im ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) um die Elektromobilität nicht herumkommt. Prof. Anselm: „Wenn man bedenkt, dass ein moderner Stadtbus durch die häufigen Anfahrtsvorgänge auch heute noch durchschnittlich 35 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, ältere Busse 50 und mehr Liter auf 100 Kilometern, so ist es geboten, ja zwingend notwendig, in den Städten mit dichtem Busverkehr Abhilfe zu schaffen. Daher geht der KS-Energie- und Umweltpreis in diesem Jahr an Iveco mit der Bus-Marke Heuliez für die Entwicklung der Elektro-Busreihe GX mit flexiblen Ladevarianten und recycelbarem Batteriekonzept für den ÖPNV. Wir sind überzeugt, dass die Heuliez-Busreihe mit dem kompromisslosen reinen Elektroantrieb und ihren vielen Innovationen eine Vorreiterrolle in Sachen E-Mobilität im ÖPNV spielen wird.“
Paradigmenwechsel in der Branche
In seiner Dankesrede ging Iveco-Kommunikationschef Manfred Kuchlmayr nicht nur auf die EBus- Strategie der Iveco-Bus-Marke Heuliez im Stadtverkehr ein, sondern nahm auch den derzeitigen Paradigmenwechsel in der Mobilitätsbranche insgesamt unter die Lupe. „Heute sind es Systeme und Prozesse, die ganzheitlich gelöst werden müssen – vor allem Infrastruktur- Prozesse, da das dichte und über Jahrzehnte gewachsene Energienetz, sprich die Tankstelle, nicht mehr ohne weiteres genutzt werden kann.“ Gefragt seien neue Netze und Standards. Doch auch der Diesel habe seine Berechtigung, da er mittlerweile ein wahrer Saubermann sei, „wenn man sich im Rahmen der Abmachungen sauber bewegt“. Die Brennstoffzelle im Lkw- Bereich hält Kuchlmayr mittelfristig für die beste Lösung, sofern man die Herausforderung der Speicherung von Wasserstoff in den Griff bekommt. Aber auch Antriebe aus regenerativem Gas seien eine Lösung zur Erzielung einer fast vollständigen CO2-Neutralität. Beim Elektronutzfahrzeug werde es anspruchsvoll, wenn die Fahrzeuge schwer werden, weite Entfernungen bewerkstelligen oder wie im ÖPNV zudem energieintensive Nebenaggregate wie eine Klimaanlage und Türen betrieben werden müssen. Nichtsdestotrotz ist für Kuchlmayr die Entwicklung hin zur Elektromobilität im urbanen Bereich nicht aufzuhalten, denn der große Vorteil der E-Mobilität sei die Emissionsfreiheit am Ort der Verwendung. Für Kuchlmayr steht insgesamt fest: „Es gilt die Alternativen – Antriebe und Kraftstoffe – technologieneutral zu betrachten und weg vom Gedanken zu gehen, dass wie bisher Erdöl immer die Lösung ist. Jede Anwendung wird sich voraussichtlich ihr eigenes optimales Umfeld schaffen.“
Innovativ und vernetzt in die Zukunft
Angesichts der vielschichtigen Herausforderungen an die Mobilität von morgen will der Automobilclub KRAFTFAHRER-SCHUTZ e.V. (KS) auch in Zukunft seinen Beitrag in der Mobilitätsdiskussion leisten und langfristig auf innovative, vernetzte Verkehrskonzepte setzen, die so viel individuelle Mobilität enthalten wie irgend möglich. „Wir werden dabei die Verringerung des Energieverbrauchs und einen besseren Umweltschutz nicht aus den Augen verlieren und auch in den nächsten Jahren mit dem KS-Energie- und Umweltpreis herausragende Leistungen prämieren“, resümiert KS-Präsidentin Marita Manger.
Der KS-Energie- und Umweltpreis, der in diesem Jahr bereits zum 38. Mal verliehen wurde, ist nach wie vor der einzige Preis seiner Art in Europa. Seit 1981 werden damit alljährlich Unternehmen oder Organisationen ausgezeichnet, die sich in Sachen Energiesparen und Umweltschutz hervorgetan haben. Die Schirmherrschaft hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.