In Europa neu zugelassene Pkw sollen ab 2035, alle weiteren Fahrzeuge ab 2050 emissionsfrei sein. In aktuelle EU-Verkehrspolitik übersetzt bedeutet dies ein Verbot von Verbrennungsmotoren und die Fokussierung auf E-Fahrzeuge. Genug Anlass für den EAC, dessen Gründungsmitglied der Automobilclub KS e.V. ist, anlässlich seines parlamentarischen Abends am 6. März in Brüssel die Auswirkungen des EU-Kurses für die individuelle Mobilität und einen rechtzeitigen Übergang zu klimaneutraler, für alle bezahlbaren Mobilität sowie die Rolle alternativer Kraftstoffe zu diskutieren.
Den Auftakt machte Ulrich Selzer, Automobil-Experte und Kommissionsmitglied, der sich in seinem Eingangsimpuls mit einer unabhängigen Mobilitätsstudie der Kommission Mobilität des Senats der Wirtschaft beschäftigte. In der Expertenstudie wurden die realen Möglichkeiten zur CO2-Reduktion im Straßenverkehr bis 2035 evidenzbasiert berechnet und analysiert. Das Ergebnis: Es ist bis 2035 eine Reduktion der CO2-Emissionen von bis zu 68 Prozent möglich. Voraussetzung dafür sei ein Antriebsmix beim Pkw – bestehend aus batterieelektrischem Antrieb, Wasserstoff, alternativen und mineralölbasierten Kraftstoffen. Anschließend erörterte EAC Präsident Holger Küster in einer lebhaften und konstruktiven Podiumsdiskussion mit MdEP Jan Christoph Oetjen (RENEW), MdEP Thomas Rudner (S&D), Algara Castle (eFuel Alliance e.V.) und Mitja Schulz (Verband der Automobilindustrie – VDA), welchen Weg Europa einschlagen müsse, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.
Technologieoffenheit als Schlüssel
EAC Präsident Küster legte sein Augenmerk auf Lösungen für die Bestandsflotte mit allein europaweit mehr als 280 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor sowie die aktuell noch weiter produzierten und verkauften Verbrenner, deren Austausch bei einer vollständigen Elektrifizierung deutlich mehr als 16 Jahre betragen würde: „Wir brauchen daher alle Antriebstechnologien und Optionen für die Bestandsflotte, um die ambitionierten Klimaziele erreichen zu können. Klimaneutrale Mobilität ist ohne Technologieoffenheit nicht zu erreichen“, betont Küster. Darüber hinaus müsse Mobilität auch in Zukunft bezahlbar sein. „Eine erfolgreiche Transformation des Verkehrssektors erfordert gesellschaftliche Akzeptanz. Deswegen brauchen wir Lösungen statt Verbote für eine nachhaltige und bezahlbare Transformation, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte in ausgewogener Weise berücksichtigt, um Vertrauen und Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern“, so der EAC Präsident.
Lebhafte Diskussionen über Antriebsalternativen
Auch Jan-Christoph Oetjen plädierte für Technologieoffenheit im Verkehrssektor. Darüber hinaus mahnte er eine vollständige Umweltbilanz von Fahrzeugen über deren gesamten Lebenszyklus hinweg an, anstatt sich rein auf Auspuffemissionen zu konzentrieren. „Klimaneutralität und Technologieoffenheit geht nur zusammen.
Wir benötigen alternative Kraftstoffe zur Dekarbonisierung der Bestandsflotte und sollten bereits am Markt existierende klimaneutrale Kraftstoffe nutzen, um im Straßenverkehr Klimaeffekte und CO2-Reduktion zu erreichen“, betonte Oetjen.
Demgegenüber trat Thomas Rudner diesbezüglich eher auf die Bremse. Rudner sah die bevorzugten Einsatzmöglichkeiten von E-Fuels vor allem im Flug- und Schiffsverkehr und warnte vor einer Rücknahme des Verbrenner- Aus. „Die Rücknahme des Verbrenner-Aus wäre eine fatale Entscheidung für die Automobilindustrie, die sich auf die Umstellung auf Elektromobilität vorbereitet, und könnte Unternehmer und Verbraucher verunsichern“, so Rudner.
Algara Castle von der eFuel Alliance führte hingegen an, dass sich gerade der Straßenverkehr als Zugpferd anböte, um die Verfügbarkeit von erneuerbaren Kraftstoffen zusätzlich zum Luft- und Seeverkehr zu skalieren und entsprechend die Produktionskosten zu senken. Allerdings, so Castle: „Bislang fehlen hierzu die politischen Anreize.“
Mitja Schulz vom VDA erkennt ebenfalls die Bedeutung von synthetischen Kraftstoffen, also E-Fuels, und fortschrittlichen Biokraftstoffen, sprich alternativen Kraftstoffen, vor allem für die Bestandsflotte von Fahrzeugen an, sieht aber in der Elektromobilität den Hauptbeitrag zur Klimawende im Verkehrsbereich. So würden Skaleneffekte und Technologiesprünge dazu führen, dass die Kosten für E-Autos weiter sinken. Schon jetzt seien die laufenden Kosten beim E-Auto bei vergleichbaren Modellen geringer als bei Verbrennern. Wichtig sei – gerade nach dem abrupten Ende der Förderung –, das Vertrauen der Menschen in die Elektromobilität generell zu stärken und die Verbraucherinnen und Verbraucher zum Umstieg zu motivieren. Und, so ergänzt Schulz: „Die öffentliche Ladeinfrastruktur muss noch konsequenter ausgebaut und die Stromnetze fit für die Zukunft gemacht werden.“
Insgesamt vertraten die Podiumsteilnehmer zwar unterschiedliche Ansätze zur Erreichung der Klimaziele, in einem Punkt aber waren sie sich einig: Handlungsbedarf ist dringend notwendig.